Unabhängige Bestätigung für dunkle Energie
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
25. März 2010
Dank einer der wohl umfangreichsten Auswertungen von Hubble-Beobachtungen
hat ein internationales Astronomenteam jetzt eine unabhängige
Bestätigung für die beschleunigte Ausdehnung des Universums gefunden. Die
Wissenschaftler nahmen dazu 575 Fotografien unter die Lupe, auf denen rund 446.000
Galaxien zu erkennen waren. Für 194.000 davon konnte die Entfernung bestimmt
werden.

Grafische Darstellung der Materieverteilung
im so genannten COSMOS-Feld.
Bild: NASA, ESA, P. Simon (Universität
Bonn/Universität Edinburgh) und T. Schrabback
(Leiden Observatorium) [Großansicht] |
Als Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie entwickelte, ging man
noch davon aus, dass das Universum statisch ist, sich also nicht ausdehnt - eine
Annahme, die zunächst im Widerspruch zur neuen Theorie stand. Der große
Physiker fügte daraufhin eine "kosmologische Konstante" in seine
Gleichungen ein, um diese Ungereimtheit dadurch zu beseitigen. Als sich
später herausstellte, dass sich das Universum doch ausdehnt, soll er
diese als seinen "größten Irrtum" bezeichnet haben.
Vielleicht war er mit diesem Urteil aber etwas voreilig: Eine
internationale Studie unter Beteiligung der Universität Bonn liefert nun
eine weitere, unabhängige Bestätigung für eine beschleunigte Ausdehnung
des Universums. Die Astronomen machen dafür in der Regel eine mysteriöse
dunkle Energie verantwortlich, deren Effekt verblüffend Einsteins
kosmologischer Konstante ähnelt.
Die Wissenschaftler hatten insgesamt 575 Fotografien einer bestimmten
Region des Himmels ausgewertet, die vom Weltraumteleskop Hubble
aufgenommen worden waren. Aus den Aufnahmen konnten sie ein extrem
detailliertes Gesamtbild zusammensetzen. Die Aufnahme, die so in gut
1.000 Beobachtungsstunden entstand, enthält rund 446.000 Galaxien. Durch
erdgebundene Teleskope konnten die Forscher bei 194.000 von ihnen die
Entfernung bestimmen. "Diese Zahlen sind beispiellos", betont der Leiter
der Studie Dr. Tim Schrabback von der Universität Leiden. "Noch
wichtiger ist aber die Fülle von Informationen, die wir daraus über
unsichtbare Strukturen in unserem Universum gewinnen konnten. Sie
erlauben unter anderem den Schluss, dass Einstein wohl doch Recht
hatte."
Die "Allgemeine Relativitätstheorie" des Physikers hatte in ihrer
ursprünglichen Form vorausgesagt, dass sich das Universum entweder
ausdehne oder zusammenziehe. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt unser
All aber als statisch. Einstein hatte daraufhin eine "kosmologische
Konstante" in seine Gleichungen eingefügt. Später hatte Edwin Hubble
nachgewiesen, dass das Universum in der Tat expandiert. Einstein hatte
seine Konstante daraufhin verworfen.
Mittlerweile ist die kosmologische Konstante wieder auferstanden - und
zwar in Form der rätselhaften dunklen Energie. "Wenn man einen Stein in
die Luft wirft, wird er durch die Erdanziehung abgebremst, bis er wieder
zurückfällt", erläutert Dr. Patrick Simon von der Universität Edinburgh,
einer der Koautoren der Studie. "Unser Universum dehnt sich dagegen
immer weiter aus, und das auch noch mit zunehmender Geschwindigkeit.
Erklären lässt sich dieser Effekt mit der dunklen Energie, die die
Galaxien immer mehr auseinander treibt. Unsere Messungen liefern eine
neue Bestätigung dieses Konzepts."
Die Hubble-Daten dürften auch mehr über die so genannte dunkle
Materie verraten - das ist das zweite große Rätsel, das die Astronomen
umtreibt. Schon seit den 1930 Jahren vermuten Forscher, dass es neben
der sichtbaren auch noch jede Menge unsichtbare Materie im All geben
muss. Beispielsweise rotieren Galaxien so schnell, dass die Sterne in
ihnen eigentlich aufgrund der Fliehkraft auseinander getrieben werden
müssten. Die dunkle Materie dient möglicherweise als "Sternenkitt": Ihre
Masseanziehung hält die Galaxien zusammen.
Die dunkle Materie verrät sich einzig und allein durch die
Gravitationskräfte, die von ihr ausgehen. Wie kann man sie also "sehen"?
Die Wissenschaftler nutzten dazu den so genannten
Gravitationslinsen-Effekt, der übrigens auch schon von Einstein
vorhergesagt worden war. Nach seiner Relativitätstheorie lenken die
Gravitationskräfte Lichtstrahlen leicht ab - ähnlich wie eine Linse.
"Die Auswirkungen dieser Lichtablenkung können wir messen und daraus
herleiten, wie die dunkle Materie im All genau verteilt ist", erklärt
Dr. Jan Hartlap vom Argelander-Institut für Astronomie der Uni Bonn.
"Mit Hilfe der Abstandsdaten aus erdgebundenen Beobachtungen konnten wir
so auch Informationen über die dreidimensionale Verteilung der dunklen
Materie errechnen."
Das Team berichtet über die Resultate in der Fachzeitschrift
Astronomy & Astrophysics.
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