Blick ins Innere des Mars
von Stefan Deiters astronews.com
22. Januar 2010
Der Marsrover Opportunity ist auf seiner langen Fahrt zum Endeavour-Krater auf einen ganz besonderen Brocken gestoßen. Eine
gründliche Untersuchung ergab jetzt, dass er offenbar tief aus der Kruste des
Planeten stammt und den Wissenschaftlern daher einiges über das Innere des Mars
verraten kann. Inzwischen hat Opportunity seine Fahrt aber fortgesetzt.

Marquette Island wurde von Opportunity für rund
zwei Monate untersucht. Die Aufnahme gibt nahezu
die natürlichen Farben wieder. Die kreisförmige
Schleifspur hat einen Durchmesser von ungefähr
fünf Zentimeter. Das Bild entstand am 6. Januar
2010.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Cornell [Großansicht] |
In den vergangenen zwei Monaten hat sich Opportunity
intensiv mit einem gerade einmal Basketball-großen Gesteinsbrocken beschäftigt,
an dem der Marsrover auf dem Weg zum Endeavour-Krater in einer weiten Ebene
vorbeigekommen war. Dieser "Marquette Island" genannte Brocken erwies sich nun
als etwas ganz Besonderes und verspricht den Wissenschaftlern einiges über das Marsinnere zu verraten.
"Marquette Island ist in seiner Zusammensetzung anders als jeder zuvor
untersuchte
Brocken auf dem Mars und unterscheidet sich auch von Marsmeteoriten", erläutert
Steve Squyres von der Cornell University, der leitende Wissenschaftler der
beiden Marsrover. "Das ist einer der interessantesten Dinge, die Opportunity
seit langer Zeit gefunden hat."
Während seiner sechsjährigen Erkundungsfahrt auf dem roten Planeten hat
Opportunity bislang nur einen weiteren Brocken vergleichbarer Größe entdeckt,
der offenbar aus einem entfernten Krater hinausgeschleudert wurde. Diesen,
Bounce Rock genannten Fund untersuchte Opportunity innerhalb seiner ersten drei
Monate auf dem Mars. Er glich von seiner Zusammensetzung her den Marsmeteoriten, die
man auf der Erde gefunden hat.
Marquette Island scheint hingegen grobkörnig zu sein und aus Basalt zu bestehen. Aus seiner
Grobkörnigkeit folgern die Wissenschaftler, dass er langsam aus geschmolzenem
Gestein entstanden sein muss. Seine Zusammensetzung deutet darauf hin,
dass er tief aus dem Inneren der Marskruste stammt. Andernfalls wäre er schneller
abgekühlt und hätte eine feinkörnigere Struktur. "Er stammt tief aus der Kruste
und von einem relativ weit entfernten Ort auf dem Mars", so Squyres. "Die genaue
Tiefe können wir aber noch nicht abschätzen."
Zunächst hatten die Wissenschaftler vermutet, dass es sich bei Marquette
Island um einen weiteren Meteoriten handelt, von denen Opportunity schon einige
gefunden hat. Allerdings deutete der niedrigere Nickelgehalt auf einen
Ursprung vom Mars hin. Das Innere des Brockens enthält zudem mehr Magnesium
als anderes Basaltgestein vom Mars, das Spirit untersucht hatte. Die Forscher
überlegen nun, ob es sich eventuell um die ursprüngliche Art von Gestein handeln
könnte, die vor langer Zeit durch Einfluss von Schwefelsäure zu dem sulfatreichen Sandstein-Untergrund wurde, der die Region bedeckt, in der
sich Opportunity gerade befindet.
"Das ist schon so als hätte man ein Fragment aus einem ganz anderen
Landegebiet vor sich", vergleicht Ralf Gellert von der University of Guelph in
Kanada, der leitende Wissenschaftler des Alpha Particle X-Ray Spectrometer, das
am Roboterarm des Rovers angebracht ist. "Bei der Analyse der Daten stehen wir
erst am Anfang, einiges ist uns an diesem Brocken noch rätselhaft." Zur
Untersuchung des Steins hatten die Wissenschaftler auch ein Schleifwerkzeug
eingesetzt, mit dem die verwitterte Oberfläche abgeschliffen und so das Inneren
von Marquette Island freigelegt wurde.
Opportunity hat inzwischen 30 Prozent der 19 Kilometer langen Fahrt zum
Endeavour-Krater zurückgelegt. Die Reise hatte Mitte 2008 begonnen. Im vergangenen Jahr
fuhr der Rover 5,3 Kilometer - mehr als in jedem Jahr zuvor. Marquette
Island hat Opportunity am 12. Januar wieder verlassen. "Wir fahren wieder", so
Mike Seibert, Rover-Missionsmanager am Jet Propulsion Laboratory. "Im
bevorstehenden Jahr werden wir noch sehr viel fahren, um dem Endeavour-Krater
näher zu kommen. Aber natürlich machen wir auch eine Pause, wenn es am Wegesrand
etwas Interessantes zu sehen gibt."
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