Sonnenähnliche Sterne immer rätselhafter
von Stefan Deiters astronews.com
7. Dezember 2009
Die Resultate einer gründlichen Untersuchung sonnenähnlicher
Sterne mit Hilfe des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO
bereiten Astronomen Kopfzerbrechen. Die neuen Daten deuten nämlich darauf hin,
dass keine der Theorien, die zur Erklärung des ungewöhnlichen Verhaltens eines
Teils dieser Sterne in Betracht gezogen wurden, tatsächlich in Frage kommt. Nun
stehen die Forscher wieder am Anfang.
Die letzten Phasen im Leben eines
sonnenähnlichen Sterns: vom Roten Riesen zum
Planetarischen Nebel.
Bild: ESO/S. Steinhöfel |
"Wir tappen wirklich im Dunkeln und in diesem Fall finden wir
Astronomen dies einmal nicht gut," beschreibt Christine Nicholls vom
australischen Mount Stromlo Observatory die Situation. "Wir haben nun
den umfangreichsten Datensatz über diese Gruppe von sonnenähnlichen Sternen und
was wir daraus ablesen können ist, dass alle unsere bisherigen
Erklärungsversuche für ihr ungewöhnliches Verhalten falsch sind."
Das ungewöhnliche Verhalten betrifft etwa ein Drittel der sonnenähnlichen
Sterne in der Milchstraße und in anderen Galaxien und beschäftigt die Forscher
seit den 1930er Jahren. Sterne, die eine ähnliche Masse haben wie unsere Sonne,
beenden ihr nukleares Leben als Weiße Zwerge. Vorher blähen sie sich aber noch
einmal auf, werden röter und kühler und zu sogenannten Roten Riesensternen. Als
solche zeigen sie starke periodische Helligkeitsschwankungen.
"Man nimmt an, dass diese Helligkeitsschwankungen durch 'stellare
Pulsationen' ausgelöst werden", erklärt Nicholls. "Grob gesagt wächst und
schrumpft ein Riesenstern dabei periodisch, er wird heller und wieder
leuchtschwächer in regelmäßigen Abständen. Etwa ein Drittel dieser Sterne zeigt
noch eine zusätzliche Periodizität, die sich über deutlich längere Zeiträume
erstreckt, manchmal über bis zu fünf Jahre."
Um nun die Ursache für diese sekundäre Periodizität herauszufinden, nahmen
die Astronomen insgesamt 58 dieser Sterne in der Großen Magellanschen Wolke über
einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren genauer unter die Lupe. Sie verwendeten
dazu den FLAMES/GIRAFFE-Spektrographen, der am Very Large Telescope der
Europäischen Südsternwarte (ESO) montiert ist. Die Daten ergänzten sie durch
Beobachtungen, die mit anderen Teleskopen gemacht wurden.
Mit Hilfe von so umfangreichem Datenmaterial lässt sich oft ein kosmisches
Rätsel lösen oder die Zahl der möglichen Lösungen zumindest eingrenzen. In
diesem Fall allerdings zeigten die Beobachtungen, dass alle Theorien, die man
zur Erklärung der sekundären Periodizität entwickelt hatte, sich nicht mit den
Daten vertragen. Die Suche nach einer Lösung beginnt damit faktisch von Neuem.
"Die neuen Daten haben gezeigt, dass Pulsationen kaum als Erklärung für die
zusätzlichen Helligkeitsvariationen in Frage kommen", fasst Kollege Peter Wood
zusammen, der das Forscherteam leitete. "Eine andere Erklärung für
Helligkeitsänderungen wäre gewesen, dass sich der Stern in einem
Doppelsternsystem befindet. Doch auch dies können wir nach den Beobachtungen
ausschließen."
Das Team fand aber zumindest einen weiteren Hinweis: Was auch immer für das
unerklärte Verhalten sorgt, es führt auch dazu, dass die Sterne Materie in Form
von Klumpen oder einer expandierenden Scheibe ins All abstoßen. "Wir brauchen
nun wirklich einen Sherlock Holmes um dieses frustrierende Rätsel zu lösen", so
Nicholls. Die Forscher berichten über ihre Ergebnisse in zwei Fachartikeln, die
in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society und im
Astrophysical Journal erschienen sind.
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