Astronomen entdecken gewaltige Galaxienstruktur
von Stefan Deiters astronews.com
3. November 2009
Astronomen haben jetzt eine gewaltige, zuvor unbekannte
Ansammlung von Galaxien in fast sieben Milliarden Lichtjahren Entfernung
aufgespürt. Der Fund gelang dank der Zusammenarbeit des Very Large Telescope
der ESO und des japanischen Subaru-Teleskops. Die Entdeckung erlaubt den
Wissenschaftlern einen Blick auf die großräumige Struktur des Universums.
Auf diesem Bild des Subaru-Teleskops spürten
Astronomen eine gewaltige Struktur aus Galaxien
in fast sieben Milliarden Lichtjahren Entfernung
auf.
Bild: ESO / Subaru / National
Astronomical Observatory of Japan / M. Tanaka [Großansicht] |
"Die Materie ist nicht gleichmäßig im Universum verteilt", erklärt
Masayuki Tanaka von der Europäischen Südsternwarte ESO, der die jetzt in der
Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlichte Studie leitete. "In
unserer kosmischen Nachbarschaft bilden sich Sterne in Galaxien und Galaxien
wiederum in Gruppen oder Haufen. Die kosmologische Standardtheorie sagt voraus,
dass die Materie auch darüber hinaus entlang eines sogenannten kosmischen Netzes
verteilt ist, die Galaxien also in Filamenten angeordnet sind, zwischen denen es
große Leerräume gibt."
Diese Filamente sind viele Millionen Lichtjahre lang und stellen so etwas wie
das Grundgerüst des Universums dar: Galaxien sammeln sich in diesen Filamenten und wo
sie sich kreuzen befinden sich gewaltige Galaxienhaufen. Doch wie genau dieses
kosmische Netz entstanden sein könnte, ist den Astronomen noch nicht klar. Sie
haben entsprechende Strukturen schon öfter in unserer näheren Umgebung
beobachten können, in größerer Entfernung aber - und damit auch in einer Zeit, in der
das Universum deutlich jünger war als heute - gelangen entsprechende
Entdeckungen bislang nicht.
Tanaka und sein Team spürten die gewaltige Struktur um einen entfernten
Galaxienhaufen in Aufnahmen auf, die sie bereits früher gemacht hatten. Mit Hilfe
von spektroskopischen Untersuchungen am Very Large Telescope der ESO in Chile und
am japanischen Subaru-Teleskop auf Hawaii bestimmten sie dann die Entfernung zu
über 150 einzelnen Galaxien der Struktur, um so einen dreidimensionalen Eindruck
der Galaxienansammlung zu erhalten.
Auf diese Weise konnten die Astronomen zahlreiche Galaxiengruppen
identifizieren, die sich um den Haupt-Galaxienhaufen anordnen. Insgesamt fanden
sie zehn solcher Gruppen, jede mit der zehn- bis tausendfachen Masse unserer
Milchstraße. Die Masse des Haufens schätzen die Wissenschaftler auf mindestens
die 10.000-fache Masse der Milchstraße. Vermutlich dürften einige Gruppen
bereits vom massereichen Haufen im Zentrum angezogen werden und sich irgendwann
mit diesem vereinigen.
"Dies ist das erste Mal, dass wir so eine große Ansammlung von Galaxien im
entfernten Universum beobachtet haben", erläutert Tanaka. "Jetzt können wir mit
detaillierteren Untersuchungen beginnen, um etwa herauszufinden, wie die Eigenschaften einer Galaxie von ihrer Umgebung abhängen - und das zu einer
Zeit, als das Universum nur etwa zwei Drittel seines heutigen Alters hatte."
Das entdeckte Filament liegt in 6,7 Milliarden Lichtjahren Entfernung und
erstreckt sich über mindestens 60 Millionen Lichtjahre. Eventuell ist es aber
sogar größer und reicht über den Bereich hinaus, den das Team untersucht hat. Die Astronomen
planen deswegen weitere Beobachtungen, um die tatsächlichen Ausmaße der Struktur zu
bestimmen.
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