Dramatische Verschmelzung zweier Galaxien
von Stefan Deiters astronews.com
13. Oktober 2009
Auf den ersten Blick scheint die jetzt veröffentlichte Aufnahme des Weltraumteleskops
Hubble eine helle, bizarr geformte Galaxie zu zeigen. In Wirklichkeit
handelt es sich aber um zwei unserer Milchstraße ähnliche Spiralgalaxien, die
gerade verschmelzen. In den ausgeprägten Gezeitenarmen entstanden durch die
kosmische Kollision unzählige neue Sterne.

Hubbles Blick auf NGC 2623.
Bild: NASA, ESA und A. Evans (Stony Brook
University, New York) [Großansicht] |
Galaxienkollisionen und -verschmelzungen sind im Universum keine
Seltenheit, sondern eher die Regel: Für Astronomen sind sie sogar der
entscheidende Faktor bei der Galaxienentwicklung, da nach der allgemein
anerkannten Theorie größere Galaxien durch die Verschmelzung zahlreicher
kleinerer Systeme entstehen. Schon vor der Verschmelzung hat eine dichte
Begegnung von Galaxien dramatische Folgen für die beteiligten Systeme:
Untersuchungen haben gezeigt, dass bei dem galaktischen Tanz die beiden Partner
gewaltige Mengen an Gas aus dem jeweils anderen System abziehen und es zum
eigenen Zentrum leiten.
Auf der jetzt veröffentlichten Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble
ist ein als NGC 2623 oder auch Arp 243 bekanntes System zu sehen. Hier sind die
beiden ursprünglichen Kerne der beteiligten Spiralgalaxien schon zu einem
einzigen Kern verschmolzen. Von der Vorgeschichte dieser neuen Galaxie zeugen
aber die beiden eindrucksvollen sogenannten Gezeitenarme aus jungen Sternen, die
weit in den intergalaktischen Raum hinausragen.
In dem sehr ausgeprägten unteren Gezeitenarm zählten die Astronomen während
der Hubble-Beobachtungen 100 helle Sternhaufen. Die größten unter ihnen
sind deutlich heller als die hellsten Sternhaufen, die in unserer näheren
Umgebung zu beobachten sind. Außerdem finden sich in beiden Armen zahlreiche
weitere sehr junge Sterne.
Auswirkungen kann eine solche Verschmelzung auch auf die Schwarzen Löcher im
Zentrum der Galaxien haben - sie können zu einem aktiven Galaxienkern werden:
Wenn die Schwerkraftfalle durch die Turbulenzen der Kollision immer mehr
Material zugeführt bekommt, sammelt sich das Material in einer Akkretionsscheibe
um das Schwarze Loch. Das hier vorhandene Gas heizt sich auf und strahlt in ganz
unterschiedlichen Wellenlängenbereichen des elektromagnetischen Spektrums. Diese
Strahlung ist es, die die eigentlich unsichtbaren Schwarzen Löcher immer wieder
verrät.
NGC 2623 leuchtet sehr stark im Infraroten und gehört damit zur Gruppe der
sehr leuchtstarken Infrarot-Galaxien. Sie wurde daher auch im Rahmen des
Great Observatories All-sky LIRG (Luminous Infrared Galaxien) Survey
(GOALS) gründlich untersucht. Aufnahmen in anderen Wellenlängenbereichen
verraten den Wissenschaftlern mehr über die Vorgänge in Regionen, die im
sichtbaren Bereich des Lichtes nicht zu erkennen sind. Die jetzt veröffentlichte
Aufnahme wurde 2007 mit der Advanced Camera for Surveys gemacht. Das
System liegt rund 250 Millionen Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Krebs.
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