Vom interstellaren Wind verweht?
von Stefan Deiters astronews.com
8. September 2009
Um junge Sterne finden sich oft Scheiben aus Gas und Staub,
in denen eventuell bereits Planeten entstanden sind oder noch entstehen. Oft
haben diese Staubscheiben allerdings ein ungewöhnliches Aussehen und
sind beispielsweise gebogen. Eine Gruppe von Astronomen hat dafür nun eine recht
einfache Erklärung gefunden: Der betreffende Stern könnte sich gerade durch
interstellares Gas bewegen.
Eine der untersuchten Staubscheiben (hier HD
61005) in einer Falschfarben-Aufnahme des
Weltraumteleskops Hubble.
Bild: NASA / ESA / D. Hines (Space
Science Inst., New Mexico) und G. Schneider
(Univ. of Arizona) |
"In diesen Scheiben", so erläutert John Debes vom NASA
Goddard Space Flight Center, "befinden sich kleine Kometen- oder
Asteroiden-große Objekte, die einmal zu Planeten anwachsen können. Oft kommt es
aber zu Kollisionen zwischen den Objekten, wodurch eine Menge Staub entsteht."
Genau wie unsere Sonne, bewegt sich auch der junge Stern durch den
interstellaren Raum um das Zentrum der Milchstraße herum. Und hier kann er auf
dünne Gaswolken treffen, die für eine Art interstellaren Wind sorgen. "Die
kleinen Teilchen treffen nun auf diesen Strom aus Gas, werden abgebremst und
verändern dadurch langsam ihre Bahnen", erklärt Debes.
Der interstellare Raum ist nicht so leer, wie man sich das vielleicht
vorstellt: Immer wieder finden sich hier dünne Gaswolken. Wenn nun ein
Stern auf seiner Bahn um das Milchstraßenzentrum auf eine relativ dichte
Gaswolke trifft, werden die Partikel im Orbit des Sterns gebremst. Dies
betrifft allerdings nur die kleinsten Teilchen mit einem Durchmesser von
vielleicht einem Mikrometer. "Dieser feine Staub wird normalerweise
durch Kollisionen mit anderen kleinen Partikeln, durch den
Strahlungsdruck des Sternenlichtes oder andere Kräfte aus dem System
entfernt", erklärt Debes. Trifft der Stern auf eine Gaswolke, würde
stattdessen einfach der Widerstand des interstellaren Gases das
Schicksal des Staubs bestimmen.
Debes hatte zusammen mit Kollegen mit Hilfe des Weltraumteleskops
Hubble die Zusammensetzung des Staubs der Scheibe um den rund 340
Lichtjahre entfernten Stern HD 32297 untersucht. Er bemerkte dabei, dass
der innere Bereich der Staubscheibe, der im Durchmesser etwa unserem
Sonnensystem entspricht, genauso gebogen war wie eine andere zuvor
untersuchte Staubscheibe in größerer Entfernung. "Aus anderen Arbeiten
war bekannt, dass es in der Umgebung des Sterns interstellare Gaswolken
gab", so Debes. "So fügte sich alles zusammen und ich kam auf die Idee,
dass der Widerstand durch das Gas eine gute Erklärung für die
Beobachtungen sein könnte."
"Es sieht ganz danach aus, als würde interstellares Gas den jungen
Planetensystemen dabei helfen, ihren Staub loszuwerden", ergänzt Goddard-Teammitglied
Marc Kuchner. "Ganz so, wie eine Sommerbrise dafür sorgt, dass Pusteblumen ihre
Samen verteilen können."
Welche Form eine Staubscheibe nun durch das Zusammentreffen mit einer
Gaswolke bekommt, hängt von den genauen Details der Kollision ab. Allerdings
"kann der Widerstand durch das interstellare Gas immer nur Auswirkungen auf die
äußeren Bereiche der Scheibe haben, in denen die Anziehungskraft des Sterns
nicht mehr so groß ist", erklärt Alycia Weinberger vom der Carnegie
Institution of Washington, die auch zum Team gehörte.
Zuweilen hatten Astronomen bestimmte Verformungen von Staubscheiben
auch als Hinweis auf noch nicht entdeckte Planeten gedeutet oder als
Indiz auf eine dichte Begegnung mit einem anderen Stern in der
Vergangenheit. "Aber interstellares Gas sollte man immer erwarten, es
ist einfach überall", so Debes. "Man muss also erst einmal dass
Verhalten dieser Staubscheiben genau verstehen, bevor man andere
Schlüsse zieht. Und unser Modell erklärt eine ganze Menge komischer
Scheibenformen."
Über ihr Modell und Ergebnisse entsprechender Computersimulationen
berichteten die Wissenschaftler Anfang des Monats in der Zeitschrift The
Astrophysical Journal.
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