Krater, Lavaströme und Runzelrücken
Redaktion /
Pressemitteilung des DLR astronews.com
24. Juli 2009
Am Heiligabend des letzten Jahres nahm die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
betriebene hochauflösende Stereokamera HRSC an Bord der
ESA-Sonde Mars Express einen etwa 138 Kilometer langen und 70 Kilometer
breiten Streifen des Ma'adim Vallis auf. Zu sehen sind Einschlagkrater,
Ausläufer von Lavaströmen und sogenannte Runzelrücken.
Diese senkrechte Farb-Draufsicht auf ein Gebiet
südöstlich des Marscanyons Ma'adim Vallis im
Marshochland wurde aus dem senkrecht blickenden
Nadirkanal und den schräg auf die Oberfläche
gerichteten Farbkanälen des Kamerasystems HRSC
erstellt; Norden ist rechts im Bild.
Bild: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum)
[Gesamtansicht] |
Ma'adim Vallis ist neben den berühmten Valles Marineris einer der größten
Canyons auf dem Mars. Er liegt zwischen der Vulkanregion Tharsis und dem Hellas-Einschlagsbecken.
Mit einer Breite von bis zu 20 Kilometern schneidet sich der Canyon, beginnend
im südlichen Hochland nahe der Grenze zwischen dem Marshochland auf der
Südhalbkugel und den nördlichen Tiefebenen bis zu zwei Kilometer tief in die
Marsoberfläche ein und mündet schließlich in den Krater Gusev, der Landestelle
des NASA-Marsrovers Spirit.
Das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene
Kamerasystem HRSC (High Resolution Stereo Camera) an Bord der
ESA-Raumsonde Mars Express nahm am Heiligabend des vergangenen Jahres
einen etwa 138 Kilometer langen und 70 Kilometer breiten Bildausschnitt von
Ma'adim Vallis auf. Mit einer Fläche von fast zehntausend Quadratkilometern
entspricht das der Größe von Zypern. Die Abbildungen zeigen einen südöstlich von
Ma'adim Vallis gelegenen Teil der Region bei 29 Grad südlicher Breite und 182
Grad östlicher Länge. Das Gebiet wurde von Mars Express im Orbit 6393
aus einer Höhe von etwa 325 Kilometern mit einer Bildauflösung von zirka 15
Metern pro Bildpunkt (Pixel) aufgenommen. Norden ist rechts im Bild. Ma'adim ist
der hebräische Name für den Planeten Mars, Vallis ist Lateinisch für Tal.
Etwa in der Bildmitte ist entlang einer deutlich sichtbaren Grenze der
Übergang von dunklem Material im Westen der Region (oben im Bild) zu hellerem
Material im unteren Bildteil zu erkennen. Vermutlich handelt es hier um die
vordere Fließfront eines Lavastroms aus Basalt. Basalt ist ein typisches, auch
auf der Erde häufiges Vulkangestein mit hohem Eisen- und Magnesiumanteil.
Ausströmende Lava kann auch auf der Erde sehr große Flächen überfluten. So
bedecken die Dekkan-Trapps in Indien eine Fläche von etwa 500.000
Quadratkilometern, das entspricht etwa der Größe Frankreichs.
Deutlich sind im Osten der Lavadecke so genannte "Runzelrücken" (englisch "wrinkle
ridges") zu erkennen. Sie sind vermutlich auf Kompressionsvorgänge in der oberen
Kruste zurückzuführen. Die Runzelrücken sind erst nach dem Lavastrom gebildet
worden. Runzelrücken sind auch im Inneren der vulkanischen Beckenfüllungen auf
dem Mond sehr häufig und können bei günstigem Sonnenstand leicht schon mit einem
kleinen Teleskop beobachtet werden.
Im nördlichen Teil des Gebietes ist ein etwa 20 Kilometer großer
Einschlagkrater zu erkennen. Dieser Krater wurde von Lava zu einem großen Teil
verfüllt, ist also früher als der Lavastrom entstanden. Später bildete sich
durch einen weiteren Einschlag ein kleinerer, etwa sieben Kilometer großer
Krater im südlichen Teil des alten Kraters. Dieser kleinere Krater zeigt eine
gut zu erkennende Auswurfdecke, die möglicherweise durch wasserhaltiges Material
gebildet wurde, das beim Einschlag ausgeworfen wurde und so diese ungewöhnliche
Form der Ablagerung erzeugt hatte.
Durch die Bildmitte verläuft in Ost-West-Richtung eine insgesamt mehr als 200
Kilometer lange so genannte Störungszone, die als von unten nach oben
verlaufende Linie zu erkennen ist. Die Ursachen, die zur Bildung dieser
Störungszone geführt haben, sind unklar. Möglicherweise handelt es sich um einen
Grabenbruch, der in Zusammenhang mit der Aufwölbung der Tharsis-Region im
Nordosten entstanden ist. Durch die Aufwölbung kam es zu großen Spannungen in
der Kruste des Planeten, die durch die Bildung von Brüchen abgebaut wurden.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der
Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof.
Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische
Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das
Wissenschaftsteam besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Institutionen und zehn
Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
unter der Leitung von Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen
Partnern gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in
Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am
DLR. Das Bild wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin
in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.
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