Neuer Blick auf den Asteroidengürtel nötig?
von
Rainer Kayser
16. Juli 2009
Wie entstand der Asteroidengürtel? Stimmt ein vor vier
Jahren entwickeltes Modell, das die Frühzeit des Sonnensystems beschreibt, sind
die bisherigen Vorstellungen über diese Region zwischen Mars und Jupiter
wohlmöglich falsch. Dann könnte nämlich ein Großteil der eisigen Brocken in
dieser Region aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems stammen.
So stellen sich
Astronomen einen Asteroidengürtel um einen jungen
Stern vor, der unserer Sonne ähnelt. Das junge
Sonnensystem könnte ähnlich ausgesehen haben.
Muss die Theorie
über die Entstehung des Asteroidengürtels
überarbeitet werden?
Bild: NASA / JPL-Caltech / T. Pyle (SSC) |
Die Geschichte des Asteroidengürtels muss möglicherweise neu geschrieben werden. Simulationen eines internationalen Forscherteams zeigen, dass rund 20 Prozent der kleinen Himmelskörper zwischen Mars und Jupiter ursprünglich aus einer weiter außen liegenden Region des Sonnensystems stammen. Eine Umordnung
der Planetenbahnen vor rund 3,9 Milliarden Jahren hat die eisigen Brocken in das
innere Sonnensystem geschleudert, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt Nature.
"Wenn das Nizza-Modell korrekt ist, dann sind die alten Vorstellungen über den Asteroidengürtel falsch", stellt Harold Levison vom
Southwest Research Institute in Boulder in den USA fest. Das vor vier Jahren entwickelte Nizza-Modell beschreibt die Frühzeit des Sonnensystems. Nach diesem Modell sind die äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun in einer relativ engen Zone im 5- bis 15-fachen Abstand Erde-Sonne entstanden. Durch eine Resonanz zwischen der Jupiter- und der Saturnbahn wurde diese Konfiguration instabil und die Planeten wanderten zu ihren heutigen Plätzen im Sonnensystem.
Dabei sorgten sie allerdings für allerlei Durcheinander, denn außerhalb der großen Planeten schwirrten noch viele Kleinkörper aus der Entstehungszeit des Sonnensystems herum. Frühere Simulationen hatten gezeigt, wie daraus der Kuiper-Gürtel jenseits der Neptunbahn entstanden ist. Die Berechnungen von Levison und seinen Kollegen zeigen nun, dass aber auch viele der Kleinkörper in das innere Sonnensystem geschleudert wurden und heute im Asteroidengürtel ihre Bahn ziehen.
Während im Inneren Bereich des Asteroidengürtels felsige Himmelkörper dominieren, findet man weiter außen vermehrt eisige, kometenähnliche Objekte. Bislang haben die Astronomen darin einen wichtigen Hinweis auf den Verlauf der
"Schneelinie" in der Entstehungsphase des Sonnensystems gesehen. Damit bezeichnen die Forscher jene Entfernung von der Sonne, ab der Wasserdampf kondensieren und Eis bilden konnte. Diese Vorstellung muss, wenn sich die Simulationen von Levison und seinem Team bestätigen, zu den Akten gelegt werden. Denn dann stammt ein Großteil der eisigen Körper des Asteroidengürtels aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems.
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