Phytoplankton der Meere im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des AWI astronews.com
29. Juni 2009
Satelliten spielen bei der Erforschung des Klimawandels eine immer
wichtigere Rolle. Wissenschaftlern am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und
Meeresforschung gelang es jetzt aus Daten des europäischen Umweltsatelliten
Envisat die Konzentration von bestimmten Phytoplankton-Arten im
Meer zu bestimmen. Die winzigen Lebewesen sind sowohl für das Klima als auch
für den Nährstoffkreislauf von großer Bedeutung.
Blaualgenverteilung.
Bild:
idw / Astrid Bracher, Alfred-Wegener-Institut |
Die Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe Phytooptics am
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung und dem Institut für
Umweltphysik der Universität Bremen hat eine neue Methode entwickelt, die es
ermöglicht, die weltweite Konzentration einzelner Mikroalgengruppen direkt aus
Satellitendaten zu ermitteln. Mit den neuen Satellitenkarten können zeitliche
Veränderungen unterschiedlicher Algengruppen global beobachtet und Auswirkungen
des Klimawandels besser eingeschätzt werden.
Bisher war die quantitative
Verteilung von Kleinstalgen (Phytoplankton) in den Weltmeeren nur als Gesamtheit
zu bestimmen, nicht nach Algengruppen getrennt. Verschiedene Algengruppen haben
aber unterschiedliche Funktionen sowohl für das Nahrungsnetz im Meer als auch
für unser weltweites Klima. Die von der Gruppenleiterin Astrid Bracher in
Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Instituts für Umweltphysik, des
Alfred-Wegener-Instituts und dem GKSS Forschungszentrum Geesthacht entwickelte
Methode, "PhytoDOAS" genannt, nutzt Daten des Sensors SCIAMACHY, der seit
sieben Jahren kontinuierlich an Bord des europäischen Umweltsatelliten Envisat
vom Weltraum aus die Farbe der Weltmeere detektiert. Aus den Bildern können die
Verteilungen von zwei bedeutenden Phytoplankton-Gruppen, Kieselalgen und
Blaualgen, quantitativ abgeleitet werden.
Algen gewinnen die Energie, die sie
für die Photosynthese benötigen, durch die Absorption des Sonnenlichts mit
bestimmten Pigmenten, wie dem Chlorophyll. "Die aufgenommene Strahlung wird als
so genanntes Absorptionsspektrum ermittelt und ist für verschiedene Algengruppen
aufgrund ihrer Pigmentzusammensetzung spezifisch. Die unterschiedlichen Spektren
können wir aus den Daten des Satellitensensors SCIAMACHY bestimmen. Das ist ein
wichtiger Schritt, da bisher nur dominierende Algengruppen bestimmt und deshalb
auch nur wesentlich allgemeinere Aussagen über die Verteilung von Mikroalgen in
den Weltmeeren getroffen werden konnten", erklärt Bracher.
Algen
produzieren mit Hilfe von Photosynthese Nahrung und Sauerstoff. Dabei nehmen sie
Kohlendioxid auf und entziehen es der Atmosphäre. Ein Teil der Algen wird
gefressen und gelangt in die Nahrungskette, andere sinken an den Meeresboden und
versenken auf diese Weise Kohlendioxid. Unterschiedliche Gruppen von
Phytoplankton spielen ganz unterschiedliche Rollen für Klima und marines
Nahrungsnetz: Kieselalgen sind mit ihren Silikatschalen wesentlich am Aufbau von
Material biologischen Ursprungs beteiligt, das sich am Ozeanboden ablagert.
Blaualgen können im Gegensatz zu anderen Algen die organischen Stickstoff zum
Wachsen benötigen, selbst elementaren Stickstoff fixieren.
Um Auswirkungen des
Klimawandels genauer studieren zu können, sind Langzeitdatensätze über die
Verteilung und Produktivität verschiedener Phytoplankton-Gruppen von größter
Bedeutung. Bei der Auswertung der Algengruppen muss aber auch die Absorption
anderer Stoffe berücksichtigt werden: Auch das Wasser selbst und die Spurengase
in der Luft wie z.B. Ozon und Stickoxide absorbieren Licht.
Allerdings gibt es
auch Grenzen für den Satelliten: "Bei schlechtem Wetter und Wolken kann die
Farbe des Ozeans nicht vom Satelliten gesehen werden, also können auch keine
Algenkarten erstellt werden. Dann helfen nur die Messungen vor Ort",
erläutert
Bracher. Die Absorptionseigenschaften der Algen werden dann direkt im Wasser
ermittelt und mit den Satellitendaten verglichen. Solche Messungen wurden auf
verschiedenen mehrwöchigen Schiffsexpeditionen mit dem deutschen
Forschungsschiff Polarstern im Atlantischen Ozean durchgeführt.
Die Validierung
der Satellitendaten (sog. "ground truthing" - Überprüfung am Boden) und der
Vergleich mit einem globalen biogeochemischen Modell haben gezeigt, dass die
Satellitenkarten die Verteilung der Algengruppen mit großer Genauigkeit
wiedergeben können. Die Ergebnisse wurden vor kurzem in der Fachzeitschrift Biogeosciences
veröffentlicht.
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