Kompletter Röntgenblick auf Galaxienhaufen
von Stefan Deiters astronews.com
3. Juni 2009
Das US-japanische Röntgenteleskop Suzaku hat jetzt erstmals
einen kompletten Röntgenblick auf einen gewaltigen Galaxienhaufen
geliefert. Die Röntgenstrahlung des heißen Gases stammt dabei auch aus dem
äußersten Randbereich des Haufens. Aus den Beobachtungen
erhoffen sich die Astronomen neue Erkenntnisse über die Entstehung und
Entwicklung dieser größten Strukturen im All.
Röntgenblick auf den Galaxienhaufen PKS
0745-191. Der Kreis hat einen Durchmesser von
11,2 Millionen Lichtjahren und stellt den Bereich
dar, in dem kaltes Gas gerade in den Haufen
hineinfällt. Ins Zentrum ist ein Hubble-Bild des
zentralen Bereichs des Haufens montiert (siehe
unten).
Bild: NASA / ISAS / Suzaku /M. George et
al. [Großansicht]
Die gewaltige
Radiogalaxie PKS 0745-191 (nach der der gesamte
Galaxienhaufen benannt ist) in einer Aufnahme des
Weltraumteleskops Hubble. Das Bild ist in die
obige Suzaku-Aufnahme maßstabsgetreu eingesetzt.
Bild: NASA / STScI / Fabian et al.
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"Diese Suzaku-Beobachtungen sind schon sehr faszinierend, weil wir
nun endlich sehen können, wie diese Strukturen, immerhin die größten gebundenen
Objekte um Universum, immer weiter anwachsen", verdeutlicht Matt George von der
University of California in Berkeley die Bedeutung der Studie. George leitete
die Beobachtungen des Galaxienhaufens PKS 0745-191, der in rund 1,3 Milliarden
Lichtjahren Entfernung im südlichen Sternbild "Achterdeck des Schiffs" liegt.
Die Wissenschaftler nutzten zur Untersuchung des vielen Millionen Grad heißen
Gases das japanisch-amerikanische Röntgen-Weltraumteleskop Suzaku.
Durch Beobachtung von Galaxienhaufen im Röntgenbereich erfahren Astronomen
mehr über die Temperatur und Dichte des Gases, das sich zwischen den einzelnen
Galaxien des Haufens befindet. Sie erhalten daraus wertvolle Hinweise etwa
auf die Gesamtmasse des Haufens und dessen dynamischen Zustand. So erwartet man
etwa, dass sich das Gas im Zentrum des Haufens in einem Gleichgewichtszustand
mit der Masse des Haufens befindet und sich daher das heißeste und dichteteste
Gas in der Nähe des unmittelbaren Haufenzentrums finden lässt und die Temperatur
und Dichte dann nach außen hin ständig weiter abnehmen.
In den äußeren Regionen sind die Verhältnisse allerdings komplizierter, da hier noch Materie in den Haufen hineinfällt. "Galaxienhaufen sind die
massereichsten, gebundenen Objekte im Universum und sie entstehen immer noch",
erklärt Teammitglied Andy Fabian vom Institute of Astronomy der englischen
Cambridge University. Daher ist die Region außerhalb des "geordneten"
inneren Bereichs für die Astronomen von besonderem Interesse. Und genau aus
diesem Bereich hat nun Suzaku Daten geliefert. "Wir
erhalten dadurch den ersten kompletten Röntgenblick auf einen Galaxienhaufen",
so Fabian.
In PKS 0745-191 finden sich die höchsten Gastemperaturen in einem Abstand von
etwa 1,1 Millionen Lichtjahren von Haufenzentrum. Sie liegen dort bei 91
Millionen Grad Celsius. Mit zunehmendem Abstand fallen sie dann gleichmäßig bis
auf etwa 25 Millionen Grad Celsius in mehr als 5,6 Millionen Lichtjahren
Entfernung vom Haufenzentrum ab. Die neuen Resultate wurden vom Forscherteam
unlängst in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical
Society veröffentlicht.
Um die Röntgenstrahlung auch im Randbereich eines Galaxienhaufens entdecken
zu können, müssen die Detektoren eine äußerst geringes Hintergrundrauschen
haben, was bei Suzaku wegen ausgefeilter Instrumente und wegen eines niedrigen
Orbits der Fall ist. "Mit mehr Suzaku-Beobachtungen der Randbereiche von anderen
Galaxienhaufen sollten wir bald ein deutlich besseres Bild von der Entstehung
dieser massereichen Strukturen bekommen", hofft George.
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