Astronomie in der Literatur der Goethezeit
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Jena astronews.com
18. Mai 2009
Zum Internationalen Jahr der Astronomie beschäftigen sich
auch ganz andere Wissenschaftsgebiete mit der Sternenkunde: An der Universität
Jena etwa wird in den kommenden Monaten eine japanische Germanistin die
Geschichte der angewandten Astronomie in der Goethezeit aus literarischer Sicht
untersuchen. Die Professorin aus Yokohama ist ausgewiesene Goethe-Expertin.
Wilhelm und Alexander von Humboldt und Goethe
bei Schiller in Jena Ende des 18. Jahrhunderts.
Bild:
Wikipedia |
400 Jahre nach der ersten Himmelsbeobachtung mit einem Teleskop
durch Galileo Galilei und der Publikation von Johannes Keplers "Astronomia Nova"
haben die Vereinten Nationen 2009 zum Internationalen Jahr der Astronomie
erklärt (astronews.com berichtete wiederholt). Dass der Blick dabei nicht
ausschließlich gen Himmel geht, sondern Astronomie auch aus
literaturwissenschaftlicher Sicht interessant sein kann, zeigt Prof. Dr. Aeka
Ishihara von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Japanerin hat eines
der renommierten Stipendien der Alexander von Humboldt-Stiftung erhalten und das
Institut für Germanistische Literaturwissenschaft der Universität Jena für ihren
frei wählbaren Forschungsaufenthalt ausgesucht.
"Transdisziplinarität hat Zukunft", sagt Prof. Dr. Klaus Manger, der das
Stipendium befürwortet hat. Ishihara wird bis April 2010 die Geschichte der
angewandten Astronomie der Goethezeit aus literarischer Sicht untersuchen.
"Bereits im 19. Jahrhundert bauten Naturwissenschaftler ein universales
Dreiecksnetz zur Triangulation, ein Verfahren zur Messung von Entfernungen, auf.
Dieses gilt heute noch als wichtiges Fundament für das Vermessungswesen", weiß
die Germanistin, die im Hiyoshi-Campus (Yokohama) an der Keio-University
Deutsche Sprache und Literatur lehrt.
Interessant sei, dass diese spannende Wissenschaftsgeschichte der Goethezeit
wieder entdeckt und in literarischer Form erneut erzählt wird - sowohl in
Deutschland als auch in Japan. Der Beweis dafür sind neue Geschichtsromane im
europäischen Sprachraum über die angewandte Astronomie, zuletzt der 2005
erschienene Erfolgsroman Daniel Kehlmanns "Die Vermessung der Welt".
"Bereits in der Literatur der Goethezeit tauchten interessante
Naturwissenschaftler als Akteure auf: Der Hauptmann in Goethes
'Wahlverwandtschaften' führt trigonometrische Messungen durch und fertigt eine
topographische Karte an", weiß Ishihara, die 1998 an der Universität zu Köln
über Goethes "Wanderjahre" promovierte und 2005 ihre zweite deutsche Publikation
"Goethes Buch der Natur. Ein Beispiel der Rezeption naturwissenschaftlicher
Erkenntnisse und Methoden in der Literatur seiner Zeit" veröffentlichte.
In Jena möchte Ishihara nun den historischen Hintergrund der Landes- und
Erdvermessung der Goethezeit untersuchen und damit aus
literaturwissenschaftlicher Sicht einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte der
Astronomie und Mathematik leisten. Die Goethe-Expertin, die begeistert von den
"hervorragenden Forschungsbedingungen und der interdisziplinären Zusammenarbeit"
am Institut für Germanistische Literaturwissenschaft ist, nennt Jena den
"Forschungsort ihrer Träume".
"Die große Anzahl an vorhandener Primärliteratur macht die Arbeit
einzigartig. Hier kann ich originale Zeitschriften aus der Zeit Goethes und in
der Universitätssternwarte astronomische Publikationen des ausgehenden 18.
Jahrhunderts finden." Zurück in Japan möchte die Humboldt-Stipendiatin ihre
Studierenden mit neuen Forschungsergebnissen überraschen, denn das Interesse an
dem Dichter und Denker der Weimarer Klassik ist enorm groß. "Japaner lesen mit
Begeisterung Goethe - vor allem ältere Menschen, denn sie hatten Deutsch noch
als Pflichtfach in der Schule."
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