Swift entdeckt neuen Rekordausbruch
von Stefan Deiters astronews.com
28. April 2009
Am 23. April entdeckte der Satellit Swift einen
zunächst recht unspektakulären und nur zehn Sekunden dauernden
Gammastrahlenausbruch im Sternbild Löwe. Nachbeobachtungen mit einer Reihe von
Teleskopen zeigten jetzt, dass der am vergangenen Donnerstag beobachtete
Ausbruch von einer Explosion stammt, die sich nur 630 Millionen Jahre nach dem
Urknall ereignete - ein neuer Rekord.

Für dieses Bild
von GRB 090423 wurden Daten des
UV/optischen-Teleskops (blau, grün) und des
Röntgenteleskops (orange, rot) von Swift
kombiniert.
Bild: NASA / Swift / Stefan Immler |
"Swift wurde dafür entwickelt, diese weit entfernten
Bursts zu entdecken", erzählt Swift-Chefwissenschaftler Neil
Gehrels vom NASA Goddard Space Flight Center begeistert. "Aber die
unglaubliche Entfernung dieses Bursts hat unsere kühnsten Erwartungen
übertroffen - das war ein 'Blast from the past', eine Explosion aus der
Vergangenheit."
Der nur zehn Sekunden dauernde Ausbruch von nur durchschnittlicher Helligkeit
wurde vom Satelliten Swift am 23. April 2009 entdeckt, der daraufhin
sofort seine Teleskope auf den Ort des Ausbruchs ausrichtete. Swift
registrierte allerdings nur ein langsam dunkler werdendes Nachglühen im
Röntgenbereich. Im sichtbaren Bereich des Lichtes konnte der Satellit nichts
erkennen.
"Der Burst entstand sehr wahrscheinlich durch die Explosion
eines massereichen Sterns", vermutet Derek Fox von der Pennsylvania State
University. "Wir sehen das Ende eines Sterns und möglicherweise die Geburt
eines Schwarzen Lochs und dies in einer der ältesten Sternengenerationen des
Universums."
Gamma-Ray-Bursts, also plötzliche starke Strahlungsausbrüche im
Gammastrahlenbereich, sind die hellsten Explosionen im Universum. Als Ursache
für die meisten dieser Bursts gilt der Kollaps eines massereichen
Sterns am Ende seines nuklearen Lebens. Die dabei entstehenden Jets, also eng
gebündelte Teilchenstrahlen, heizen das Material in der Umgebung des
kollabierten Sterns auf und sorgen für ein Nachglühen, das auch in anderen
Wellenlängenbereichen beobachtet werden kann.
"Dass kein Nachglühen im sichtbaren Bereich des Lichtes beobachtet wurde,
sprach dafür, dass es sich um ein sehr entferntes Objekt handelt", so Edo Berger
von der Harvard University. Durch die Expansion des Universums wird
nämlich ab einer bestimmten Entfernung Strahlung, die eigentlich im sichtbaren
Bereich des Lichtes abgestrahlt wird, in Richtung infraroter Wellenlängen
verschoben. Genauso kann auch ultraviolettes Licht in Richtung sichtbarer
Wellenlängen verschoben werden, doch gibt es gerade in der Frühzeit des
Universums vermehrt Wasserstoffgas, das ultraviolette Strahlung absorbiert.
"Wenn man weit genug ins All schaut, kann man von keinem Objekt mehr sichtbares
Licht sehen," erläutert Berger.
Hat Swift einen Gamma-Ray-Burst entdeckt, behält das Team
die Informationen nicht für sich, sondern informiert in kürzester Zeit ein
ganzes Netzwerk von Teleskopen, damit diese das Nachglühen des Bursts
weiterverfolgen zu können. Nur drei Stunden nach der Explosion konnten Nial
Tanvir von der englischen University of Leicester und seine Kollegen
eine Infrarotquelle am Ort des Bursts registrieren. Die Astronomen
nutzten das United Kingdom Infrared Telescope auf dem Mauna Kea auf
Hawaii. "Das Nachglühen eines Bursts liefert uns die meisten
Informationen über den explodierten Stern und seine Umgebung", erklärt Tanvir.
"Das Nachglühen wird allerdings schnell schwächer, deswegen muss man schnell
sein."
Gleichzeitig bemühte sich auch Fox um Infrarot-Bilder des Nachglühens mit
Hilfe des Gemini North-Teleskops, das auch auf dem Mauna Kea steht.
Hier ergaben sich erste Hinweise auf die Entfernung des Bursts: Das
Nachglühen war im langwelligeren Bereich zu sehen, nicht aber bei kürzeren
Infrarot-Wellenlängen. Diese Sichtbarkeitsgrenze entsprach einer Entfernung von
rund 13 Milliarden Lichtjahren.
Als sich die Information über diese potentielle Rekordentfernung unter den
Astronomen verbreitete, wurden noch mehr Teleskope auf den Gamma-Ray-Burst
ausgerichtet: Am Galileo National Telescope auf der Kanareninsel La
Palma bestimmte man schließlich die sogenannte Rotverschiebung des Ausbruchs auf
8,2. Das Team von Tanvir konnte diesen Wert parallel mit Beobachtungen am
Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO in Chile
bestätigen. In eine Entfernung übersetzt bedeutet diese Rotverschiebung 13,035
Milliarden Lichtjahre.
"Das ist ein unglaublicher Fund", freute sich Guido Chincarini, der zum Team
auf La Palma gehörte. "Und hinzu kommt, dass die Bestimmung an einem Teleskop
gelang, das nach Galileo benannt ist und dies in einem Jahr, in dem wir das
400-jährige Jubiläum der ersten Teleskop-Beobachtung Galileos feiern."
Der bisherige Rekordhalter aus dem September 2008 (astronews.com berichtete)
brachte es nur auf eine Rotverschiebung von 6,7. Er liegt damit etwa 190
Millionen Lichtjahre näher an der Erde als GRB 090423. "Diese Entdeckung zeigt
einmal mehr, wie wichtig Gamma-Ray-Bursts für die Erforschung der
entfernten Bereiche des Universums sind", urteilt Tanvir. "Wir können jetzt wohl
sicher sein, dass wir in Zukunft noch entferntere Ausbrüche entdecken werden.
Das öffnet uns dann ein Fenster in die Zeit der allerersten Sterne und erlaubt
einen Blick auf das Ende der dunklen Epoche des Universums."
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