Super-Erden brauchen andere Ursuppe
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
7. April 2009
In den letzten Jahren haben Astronomen mehr als 300
extrasolare Planeten entdeckt, darunter auch sogenannten "Super-Erden", die fast
vollständig aus festen Materialien bestehen. Aber könnte es auf diesen Planeten
Leben geben? Aktuelle Messungen mit dem Spitzer-Weltraumteleskop machen
wenig Hoffnung: Zur Entstehung von Leben müsste die Ursuppe auf diesen Welten
deutlich anders zusammengesetzt sein als sie es auf der Erde war.

Astronomen untersuchten Staubscheiben um
M-Zwerge und Braune Zwerge mit Hilfe des
Weltraumteleskops Spitzer.
Bild: NASA / JPL-Caltech/T. Pyle (SSC) |
Nach heutigem Wissen begann das Leben auf der Erde in einer mit einfachen
Molekülen gefüllten Ursuppe. Aber gab es eine ähnlich zusammengesetzte Ursuppe
auch auf Planeten, die um andere Sterne kreisen? Eine Studie, die in dieser
Wochel in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal erscheint, legt
nahe, dass dies zumindest bei kühleren Sternen nicht der Fall ist – wenn es auf
deren Planeten eine Ursuppe gab oder gibt, dann mit anderen Zutaten.
Die Forschergruppe um Ilaria Pascucci von der Johns Hopkins-University
in Baltimore, zu der auch Thomas Henning und Jeroen Bouwman vom
Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg zählen, nutzte das
Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer der NASA, um in der direkten Umgebung
von 61 jungen Sternen nach den charakteristischen Spuren von Blausäure zu
suchen. Solche Spuren sind in bezug auf die Entstehung von Leben besonders
interessant, da Blausäure Wasserstoff, Kohlenstoff und Stickstoff enthält, und
in einer Reihe von Szenarien zur Entstehung des Lebens als wichtige
Vorläuferchemikalie auftritt, etwa zur Bildung von Adenin, einer der vier
organischen Basen, mit denen in DNA-Molekülen das Erbgut kodiert ist.
Sterne bilden sich durch den Kollaps von Gas- und Staubwolken. Um den jungen
Stern herum entsteht eine protoplanetare Scheibe aus Staub und Gestein, die
zunehmend verklumpt und aus der sich letztendlich die den Stern umkreisenden
Planeten bilden. Die chemische Zusammensetzung der Scheibe bestimmt die
Zusammensetzung der Planeten – und durch ein Bombardement von Gesteinsbrocken,
die auf den in Entstehung befindlichen Planeten regnen, sollte zudem direkt
Scheibenmaterial auf der Planetenoberfläche landen, ohne, dass es durch
chemische Reaktionen umgewandelt würde.
Daher erlaubt der Nachweis bestimmter Molekülsorten im Gas der
protoplanetaren Scheibe in begrenztem Maße Rückschlüsse auf die auf der jungen
Planetenoberfläche vorhandenen chemischen Verbindungen – und damit auf die
Zutaten einer möglichen Ursuppe. Der Staub protoplanetarer Scheiben ferner
Sterne lässt sich seit den 1990er Jahren direkt nachweisen. Deutlich schwieriger
ist es, anhand von Spektrallinien – für chemische Elemente oder Verbindungen
charakteristische Frequenzen, bei denen besonders viel Licht ausgesendet oder
absorbiert wird – auch in den Scheiben enthaltene Gase nachzuweisen.
Besonders interessant sind dabei Beobachtungen im infraroten
Wellenlängenbereich des elektromagnetischen Spektrums, denn in diesen Bereich
fallen die allermeisten Spektrallinien, anhand derer sich Moleküle
identifizieren lassen. Allerdings sind die Spektrallinien des Gases vor dem
Hintergrund des von der Staubscheibe ausgesandten Lichts nur schwer auszumachen.
Von der Erde aus sind solche Beobachtungen aufgrund der störenden Atmosphäre
sehr schwierig. Mit dem Weltraumteleskop Spitzer dagegen lässt sich
Infrarotstrahlung hinreichend ungestört und mit der nötigen Empfindlichkeit
nachweisen.
Der Nachweis von Molekülen in den Scheiben um Braune Zwerge gelang erstmals
mit der jetzt veröffentlichten Studie. Die Forschergruppe richtete ihr Augenmerk
zum einen auf 44 gelbe, sonnenähnliche Sterne, zum anderen auf 17 rötlich
leuchtende, kühlere Sterne, so genannte M-Zwerge und Braune Zwerge. Die
beobachteten Sterne sind zwischen eine und drei Millionen Jahre alt (zum
Vergleich: unsere Sonne ist rund 4 Milliarden Jahre alt). Sie sind von
protoplanetaren Scheiben umgeben, und ihre Planeten entstehen vermutlich gerade.
Die Forscher bestimmten anhand der Stärke der Spektrallinien jeweils die
Häufigkeit von Blausäuremolekülen. Das Ergebnis war überraschend: Bei keinem der
kühleren Sterne – sowohl der M-Zwerge wie auch der Braunen Zwerge – ließ sich in
der protoplanetaren Scheibe Blausäure nachweisen. Dass es sich dabei nicht um
Fehlmessungen handelt, zeigt das Vorhandensein des Vergleichsmoleküls Acetylen,
das sich bei den kühleren Sternen einwandfrei nachweisen ließ. Bei den gelben,
sonnenähnlichen Sternen trat Blausäure zumindest in 30% der Fälle auf.
Pascucci vermutet einen systematischen Zusammenhang: "Vielleicht führt das
sehr viel stärkere UV-Licht der sonnenähnlichen Sterne dazu, dass mehr Blausäure
produziert wird." Aus Sicht der Suche nach Leben auf fernen Planeten geben die
neuen Ergebnisse zu denken. Große, erdähnliche Planeten – Super-Erden – sind
bislang um vergleichsweise kühle Sterne entdeckt worden. Ob auf diesen Planeten
Leben möglich ist, ist unklar – insbesondere finden auf einer Reihe von
M-Zwergen häufig magnetische Energieausbrüche statt, die sternnahe Planeten mit
lebensfeindlicher Strahlung überschütten würden.
Die Spitzer-Studie weist auf ein weiteres Problem hin. "Unsere
Studie wirft die Frage auf, ob auf den Planeten kalter Sterne überhaupt die
richtigen Zutaten für die Entwicklung von Leben vorhanden sind", erläutert
Henning. "Wenn sich dort Leben bildet, dann aus einer Ursuppe mit anderen
Zutaten, als es hier auf der Erde der Fall war." Falls die geänderten Zutaten
die Enwicklung von Leben unmöglich machen, ist Leben in unserer näheren Umgebung
eher die Ausnahme als die Regel: rund zwei Drittel der Sterne in unserer
kosmischen Nachbarschaft sind kühle Sterne der hier untersuchten Typen.
|
Ferne
Welten - die astronews.com-Berichterstattung über die Suche nach
fernen Planeten |
|