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ASTROBIOLOGIE
Kam die Linkshändigkeit aus dem All?
von Stefan Deiters
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18. März 2009

Wissenschaftler haben in Meteoriten neue Hinweise darauf gefunden, die erklären helfen könnten, warum das Leben auf der Erde ausschließlich aus linkshändigen Aminosäuren besteht. Die Linkshändigkeit könnte sich danach schon im All ausgebildet haben. Die Erkenntnis dürfte die Suche und den Nachweis von Leben auf anderen Planeten und Monden im Sonnensystemen nicht leichter machen.

Aminosäuren

Die Forscher suchten nach links- und rechtshändigen Versionen der Aminosäure Isovalin in Meteoriten. Bild: NASA / Mary Pat Hrybyk-Keith

"Wir haben mehr Hinweise darauf gefunden, dass biologische Moleküle wie Aminosäuren im Weltall entstanden sind und durch Einschläge von Meteoriten auf die Erde gelangt sind", fasst Dr. Daniel Glavin vom Goddard Space Flight Center der NASA die Ergebnisse einer neuen Studie zusammen, die jetzt in den Proceedings of the National Academy of Science erschienen ist. "Das hilft zu erklären, warum das Leben auf der Erde 'linkshändig' ist. Damit meine ich, dass alles bekannte Leben nur die linkshändige Version von Aminosäuren verwendet, um Proteine aufzubauen."

Proteine sind quasi die Grundbausteine für das Leben. Sie bestehen aus insgesamt 20 verschiedenen Aminosäuren, die für die unterschiedlichsten Proteine in ganz unterschiedlichen Kombinationen zusammengesetzt sind. Diese Aminosäuren können auf zwei verschiedene Weisen gebildet werden, die zueinander spiegelbildlich sind - ganz genauso wie die linke und die rechte menschliche Hand. Vermutlich würde Leben auch aus rechtshändigen Aminosäuren bestehen können, doch, so erläutert Goddard-Kollege Dr. Jason Dworkin, "man kann sie nicht vermischen. Das Leben würde dann wohl eher an ein großes Durcheinander wie etwa Rührei erinnern. Aber da nun Leben nicht mit einer Mischung aus rechts- und linkshändigen Aminosäuren funktioniert, stellt sich die Frage, wie und warum hat sich das Leben für die linkshändigen Aminosäuren entschieden?"

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Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, hat das Team um Glavin und Dworkin in den vergangenen vier Jahren zahlreiche Meteoriten analysiert, die zur Untergruppe der kohligen Chondrite gehören und relativ viel Kohlenstoff enthalten. Die Wissenschaftler suchten in ihnen nach der Aminosäure Isovalin und entdeckten in drei Typen der Meteoriten mehr von den linkshändigen als von den rechtshändigen Version der Aminosäure. Im bekannten Murchison-Meteoriten konnten sie einen Überschuss der linkshändigen Version von 18 Prozent nachweisen.

"Die Entdeckung, dass es in einer Reihe von Meteoriten mehr linkshändiges Isovalin gibt, unterstützt die Theorie, dass Aminosäuren, die durch Asteroiden und Meteoriten auf die junge Erde kamen, eine Rolle dabei gespielt haben, dass sich nur linkshändiges Leben auf der Erde gebildet hat", meint Glavin.

Aminosäuren können ihre Händigkeit durch den Einfluss von Strahlung oder hohen Temperaturen ändern. Das Team wählte Isovalin für ihre Untersuchung aus, weil diese Aminosäure ihre Händigkeit auch über viele Milliarden Jahre erhalten kann und zudem auf der Erde nur sehr selten in biologischen Prozessen verwendet wird. Das macht eine "Verschmutzung" der Meteoriten durch Isovalin auf der Erde recht unwahrscheinlich.

"Die Meteoriten, die wir untersucht haben, entstanden vor der Erde, also vor über 4,5 Milliarden Jahren", so Glavin. "Wir nehmen an, dass der gleiche Prozess, der für den Überschuss an Isovalin in den Kometen sorgte, auch für ein Übergewicht der linkshändigen Version bei anderen Aminosäuren gesorgt hat, dass sich bei diesen der Unterschied über die lange Zeit aber langsam ausgeglichen hat."

Die Ergebnisse des Teams bestätigen die Resultate von Untersuchungen am Murchison-Meteoriten, die vor rund zehn Jahren publiziert wurden. In dem Meteoriten, bei dem es sich vermutlich um ein Bruchstück eines Asteroiden handelt, wurde damals der auch jetzt bestätigte Überschuss bei Isovalin nachgewiesen. "Wir haben ein anderes Verfahren verwendet, um den Überschuss nachzuweisen und haben ihn auch erstmals im Orgueil-Meteoriten gefunden, der vermutlich von einem Kometen stammt", erläutert Glavin.

Die Forscher entdeckten sogar ein gewisses System: In Meteoriten, die mehr Wasser enthalten, konnte auch ein größeren Anteil an linkshändigem Isovalin nachgewiesen werden. "Das lässt vermuten, dass der Überschuss an linkshändigen Aminosäuren irgendwie durch das Wasser zustande kommt", so Dworkin. "Da es viele Methoden gibt, um zusätzliche linkshändige Aminosäuren zu erzeugen, schränkt dieser Fund die Möglichkeiten schon ein wenig ein."

Welche Konsequenzen die Entdeckung für die Suche nach Leben an anderen Orten im Sonnensystem hat, ist unklar: Das Aufspüren von Leben könnte ein wenig schwieriger werden, denn mit aller Wahrscheinlichkeit dürfte man - wenn überhaupt - nur kleinste Mikroorganismen entdecken.  "Sollte man irgendwo Leben finden, wäre das größte Problem zunächst zu beweisen, dass es tatsächlich nicht von der Erde kommt", so Dworkin. "Wenn man Leben findet, dass auf rechtshändigen Aminosäuren beruht, könnte man sicher sein, dass es nicht von der Erde stammt. Wenn aber der Überschuss von linkshändigen Aminosäuren im All begann, ist es wahrscheinlich, dass auch anderes Leben im Sonnensystem linkshändig ist."

Allerdings einen Vorteil gibt es: "Wenn die Händigkeit entschieden wird, bevor Leben entsteht, gibt es in der anfänglichen Chemie ein Problem weniger, das bei der Entstehung des Lebens zu lösen ist. Wenn es also auf der Erde gelöst wurde, dann könnte es auch an anderen Orten gelöst worden sein, etwa unterhalb der Marsoberfläche, unter dem Eis von Europa und Enceladus oder auf Titan."

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siehe auch
Meteoriten: Lebensbausteine aus dem All - 17. Juni 2008
Meteoriten: Lebensbausteine aus Sternenstaub - 24. Juni 2004
Meteoriten: Zucker aus dem All - 24. Dezember 2001
Meteoriten: Kometen als Ursprung - 6. März 2001
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