Ein Schwarzes Loch im Haar der Medusa
von Stefan Deiters astronews.com
13. März 2009
In der griechischen Mythologie ließ ein Blick in das Antlitz
der Medusa einen Betrachter zu Stein erstarren. Dieses Schicksal blieb dem
Weltraumteleskop Chandra bei der Beobachtung der Medusa-Galaxie
erspart: Der Röntgenblick des Teleskops offenbarte einige interessante Details
dieser 110 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie. So entdeckte Chandra
beispielsweise ein Schwarzes Loch im Haar der Medusa.
Blick auf die
Medusa-Galaxie (NGC 4194). Röntgendaten von
Chandra erscheinen blau, optische Daten des
Weltraumteleskops Hubble orange.
Bild: NASA / CXC / Univ of Iowa /
P. Kaaret et al. (Chandra) / NASA / ESA /
STScI / Univ of Iowa / P. Kaaret et al. (Hubble) [Großansicht] |
Das jetzt veröffentlichte Bild der auch als NGC 4194 bekannten
Medusa-Galaxie entstand aus Daten des Röntgenteleskops Chandra (in blau
dargestellt) und des Weltraumteleskops Hubble (in orange). In den
optischen Daten von Hubble ist schön das "Haar der Medusa" oberhalb des
Zentrums der Galaxie zu erkennen. In der Mythologie besteht dieses Haar aus
Schlangen, hier sind es sogenannte Gezeitenarme, die durch die Kollision von
Galaxien entstehen. In der linken Hälfte des Haars der Medusa ist eine
Röntgenquelle (in blau dargestellt) zu erkennen. Hierbei handelt es sich um ein
Schwarzes Loch.
Solchen hellen Röntgenquellen in Galaxien sind in der Regel
Doppelsternsysteme, die entweder ein Schwarzes Loch oder einen
Neutronenstern enthalten, der nach der Explosion eines massereichen
Sterns zurückgeblieben ist. Diese Objekte dienen den Astronomen als
"fossile" Zeugnisse der Sternentstehungsgeschichte einer Galaxie, weil
sie noch lange Zeit nach der Explosion der Vorgängersterne etwas über
deren Existenz verraten. Auf dem Bild der Medusa-Galaxie sind mehrere
dieser Röntgen-Doppelsterne als blaue Punkte zu sehen.
Unlängst haben Astronomen in der Medusa-Galaxie und neun anderen
Galaxien nach einem Zusammenhang zwischen der Entstehung von Sternen und
der Produktion von Röntgen-Doppelsternen gesucht. Ein Schwerpunkt lag
dabei auf der Untersuchung der Medusa-Galaxie und der Galaxie NGC 7541,
beides Galaxien mit einer relativ hohen Sternentstehungsrate. Die
Astronomen entdeckten, dass sowohl die Anzahl der hellen Röntgenquellen
als auch ihre mittlere Helligkeit mit der Sternentstehungsrate der
Galaxien in Beziehung gesetzt werden kann. Die Wissenschaftler hoffen
daher, künftig bei weit entfernten Galaxien aus der Röntgenhelligkeit
auf die Sternentstehungsrate in den Galaxien schließen zu können.
Die Forscher, die ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift The
Astrophysical Journal veröffentlichten, konnten außerdem ermitteln,
dass für jede Million Tonnen Gas, das für die Entstehung neuer Sterne
verwendet wird, eine Tonne von Neutronensternen oder Schwarzen Löchern
angezogen wird. Diese Information könnte für die Modelle über die
Entstehung von Röntgen-Doppelsternen wichtig sein. Die Medusa-Galaxie
ist rund 110 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt und liegt im
Sternbild Großer Bär.
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