Wasser noch vor 1,25 Millionen Jahren?
von Stefan Deiters astronews.com
4. März 2009
Auf Bildern der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter
haben Astronomen Rinnen entdeckt, die vor maximal 1,25 Millionen Jahren durch
Wasser entstanden sein könnten. Das Wasser stammt, so die Analyse
der Forscher, von Schnee- und Eisablagerungen, die sich in geschützten Bereichen
während der jüngsten Eiszeit auf dem roten Planeten gebildet hatten.
In zwei Rinnen (Eastern Channel und Western
Channel) strömte die Mischung aus Geröll und
schmelzendem Eis und Schnee den Abhang hinunter
und setzte sich in fächerförmigen Ablagerungen
ab (Depositional Fan). Das Schmelzwasser stammte aus geschützten
Bereichen mit Eis- und Schneeablagerungen (Alcoves)
.
Bild: NASA/JPL/University of Arizona
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Wissenschaftler der amerikanischen Brown University haben auf dem
Mars Rinnen aufgespürt, die vermutlich vor maximal 1,25
Millionen Jahren entstanden sind. Das Aussehen der Rinnen und der fächerförmigen
Ablagerungen an deren Ende weisen nach Ansicht der Forscher darauf hin, dass sie
durch Schmelzwasser entstanden sind, das von nahen Schnee- und Eisablagerungen
stammt. Die Strukturen könnten ein Hinweis auf die jüngste Periode in der
Geschichte des Mars sein, in der Wasser die Oberfläche des Planeten formte.
Die typischen Rinnenstrukturen wurden schon an verschiedenen Stellen auf dem
Mars entdeckt und man hat schon länger angenommen, dass sie noch nicht sonderlich alt sind.
Ihre Entstehung genau zu datieren war aber bislang nur schwer möglich. In einem jetzt in
der Fachzeitschrift Geology veröffentlichten Beitrag versuchen die
amerikanischen Geologen nun genau dies und stellen zudem eine Theorie auf, wie
das Wasser überhaupt dorthin gekommen ist.
Das Rinnensystem scheint auf den ersten Blick wie eine große Struktur
auszusehen, doch Samuel Schon, ein Doktorand an der Brown University, konnte auf
den detaillierten Aufnahmen der NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter vier
verschiedene Phasen identifizieren, in denen Wasser aus nahegelegenen
geschützten Bereichen einen steilen Abhang hinuntergeflossen ist und Sedimente
abgelagert hat.
"Natürlich ist dabei nie ein Teich entstanden, in dem man einen Goldfisch
hätte schwimmen lassen können", so Schon, "aber es gab hier zeitweise Schmelzwasser.
Eis sublimiert normalerweise. Aber hier ist es geschmolzen und hat Sedimente
mitgerissen und abgelagert. Das hat nicht lange gedauert, aber es ist passiert."
Unter Sublimation verstehen die Wissenschaftler den direkten Übergang vom festen
Zustand eines Stoffes (also etwa Eis) zum gasförmigen Zustand.
Hinweise auf Wasser, etwa durch Mineralien, die nur in relativ feuchter
Umgebung entstehen können, hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder
gegeben. Der Fund eines Rinnensystems, das nur 1,25 Millionen Jahre alt ist,
würde aber die Phase, in der Wasser noch eine Rolle auf dem Mars spielte,
bedeutend in Richtung Gegenwart verlängern. Es unterstützt zudem die These, dass
es vor geologisch nicht allzu langer Zeit eine Eiszeit auf dem Mars gegeben hat,
in der sich Eis nicht nur in den Polargebieten, sondern noch bis in mittlere
Breitengrade ablagern konnte. "Wir glauben, dass es vor noch relativ kurzer Zeit
Wasser auf dem Mars gab", so Geowissenschaftler Prof. James Head III. von
der Brown University. "Dies ist
ein wichtiger Schritt zum Beweis dieser These."
Das entdeckte Rinnensystem liegt im Inneren eines Kraters in der Region Promethei Terra, einem kraterübersäten Hochland in den mittleren Breiten der
Südhalbkugel des Mars. Die entdeckten Rinnen haben eine Länge von weniger als
einem Kilometer von den vermuteten ehemaligen Eisablagerungen bis zu den
fächerförmigen Sedimentablagerungen an deren Ende.
Die vier verschiedenen Bereiche in den Sedimentablagerungen deuten nach
Ansicht von Schon und seinen Kollegen auf vier verschiedene Phasen hin, in denen
die Ablagerungen entstanden sind. In einem Bereich entdeckte der Doktorand kleine
Krater, so dass es sich hier um die älteste Struktur handeln muss. In den
anderen Bereiche dieser fächerförmigen Region fanden sich keine Krater. Sie
müssen also jünger sein.
Doch wie alt waren diese Krater in den ältesten Sedimentablagerungen?
Schon konnte eine Verbindung zwischen den entdeckten kleinen Kratern und einem
großen Krater herstellen, der sich in etwa 80 Kilometer Entfernung in südwestlicher
Richtung
befindet. Das Alter dieses Kraters bestimmte Schon auf 1,25 Millionen Jahre und
fand somit auch das maximale Alter der drei jüngeren Sedimentablagerungen.
Das Team vermutet, dass die Entstehung des gefundenen Rinnensystems direkt mit der jüngsten
Eiszeit des Mars zusammenhängt, in der sich auch in mittleren Breitengraden Eis
und Schnee ablagern konnte wie man es heute nur aus den Polarregionen kennt. Die
Eiszeiten auf dem Mars erklären sich die Wissenschaftler durch Veränderungen der
Neigung der Drehachse des Planeten. Seit etwa einer halben Millionen Jahre hat
die Neigung der Drehachse etwa ihren heutigen Wert und die Eiszeiten endeten.
Das Eis in mittleren Breiten schmolz oder verdampfte.
Die Forscher haben auch andere Theorien über die Entstehung des Rinnensystems
erwogen, beispielsweise hervorquellendes Grundwasser. Dass dies aber mehrfach in
der jüngeren Geschichte an dieser Stelle passiert sein soll, ist nach Ansicht von Schon
und seinen Kollegen sehr
unwahrscheinlich. Zudem ließen sich Rinnen und Ablagerungen am besten durch eine
Mischung aus schmelzendem Schnee und Eis erklären. Dabei hätte es sich nicht um
strömendes Wasser gehandelt, sondern um Geröll, das durch das schmelzende
Material in Bewegung geraten ist.
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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten |
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