Rekord-Gamma-ray Burst begeistert Astronomen
von Stefan Deiters astronews.com
20. Februar 2009
Der erste plötzliche Ausbruch im Gammastrahlenbereich, ein
sogenannter Gamma-ray Burst, den das Weltraumteleskop Fermi
detailliert untersuchen konnte, war gleich ein wahrer Rekord-Burst: Der Ausbruch
zeigte die größte Gesamtenergie, die bislang gemessen wurde und hatte auch sonst
rekordverdächtige Eigenschaften. Die Astronomen hoffen, durch diesen Mega-Burst
mehr über die Prozesse zu erfahren, die diese Ausbrüche verursachen.
Der Rekordburst
GRB 080916C in einem Bild, in dem Daten des
UV/Optischen- und des Röntgenteleskops an Bord
des Satelliten Swift kombiniert sind.
Bild: NASA / Swift / Stefan Immler |
"Auf so etwas haben wir gewartet", freute sich Peter
Michelson von der Stanford University, der für das Large Area
Telescope an Bord des Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA
verantwortlich ist. "Emissionen von Bursts mit diesen Energien sind bis heute
nur sehr schlecht verstanden und dank Fermi haben wir nun die Werkzeuge
mehr über sie zu lernen."
Gamma-ray Bursts sind die hellsten Explosionen im Universum und
tauchen ohne Vorwarnung auf, so dass die Wissenschaftler inzwischen ein
ausgeklügeltes Alarmierungssystem entwickelt haben, um mit möglichst vielen
Teleskopen den eigentlichen Burst und sein Nachglühen zu verfolgen.
Gamma-ray Bursts werden in der Regel mit dem Ende eines massereichen Sterns
in Verbindung gebracht. Wenn die Riesensterne zum Schwarzen Loch oder zu einem
Neutronenstern kollabieren, geben sie gewaltige Mengen an Gammastrahlen ab und
schleudern darüber hinaus Teilchen mit hoher Geschwindigkeit ins All. Treffen
die dann auf Gas und interstellare Staubwolken in der Umgebung, werden diese zum
Leuchten angeregt. Die Wissenschaftler sprechen vom Nachglühen eines Gamma-ray
Bursts.
Die Rekordexplosion mit dem Namen GRB 080916C ereignete sich Mitte September
vergangenen Jahres im Sternbild Kiel des Schiffs. Das Large Area Telescope
und der Gamma-ray Burst Monitor an Bord von Fermi
registrierten beide den Ausbruch und stellten Emissionen mit gewaltigen Energien
im Gammastrahlenbereich fest. Rund 32 Stunden später ging die Untersuchung des
Rekordbursts weiter: Jochen Greiner vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik in Garching bei München untersuchte mit Kollegen das
Nachglühen des Bursts. Die Astronomen nutzten dazu den Gamma-ray Burst
Optical/Near-Infrared Detector (GROND), der am 2,2-Meter MPG/ESO-Teleskop
im chilenischen La Silla montiert ist.
Mit Hilfe von GROND konnten die Wissenschaftler die Entfernung des Bursts
bestimmen: Der Ausbruch hatte sich 12,2 Milliarden Lichtjahre von der Erde
entfernt ereignet. "Es war schon von Anfang an ein besonderer Ausbruch", so
Julie McEnery, Fermi-Wissenschaftlerin am Goddard Space Flight
Center der NASA. "Mit der Entfernungsbestimmung durch GROND wurde der Burst
zu einem außerordentlichen Ausbruch."
Das Fermi-Team ermittelte, dass die Energie des Ausbruchs die von
9.000 normalen Supernova-Explosionen übertroffen haben muss - wenn denn die
Energie des Bursts in alle Richtungen gleich abgestrahlt wird. Dies ist
allerdings bei Gamma-ray Bursts selten der Fall, da sie den größten
Teil ihrer Energien in eng gebündelten Teilchenstrahlen, sogenannten Jets,
abstrahlen.
Aus der Entfernungsmessung und den Fermi-Beobachtungen konnten die
Astronomen auch die Geschwindigkeit des Materials bestimmen, das für die
anfängliche Aussendung von Gammastrahlen verantwortlich war: Innerhalb des
Teilchenjets müssen sich Gasklumpen mit Geschwindigkeiten von 99,9999 Prozent
der Lichtgeschwindigkeit bewegt haben. Zusammen mit der gewaltigen gemessenen
Energie machen diese Geschwindigkeiten den Burst vom vergangenen September
wahrhaft zu einem extremen Ausbruch.
Wundern tun sich die Astronomen noch über eine zeitliche Verzögerung von fünf
Sekunden, die zwischen den Emissionen mit der höchsten Energie und denen mit der
niedrigsten Energie festgestellt wurde. Diese Zeitdifferenz hatte man so klar
erst bei einem anderen Burst beobachtet. "Vielleicht kommen die Emissionen mit
der höchsten Energie aus anderen Bereichen des Jets", vermutet Michelson, "oder
sie entstehen durch einen anderen Mechanismus." Die Astronomen berichten über
ihre Ergebnisse in der Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science.
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