Kollision über Sibirien
von Stefan Deiters astronews.com
12. Februar 2009
Rund 790 Kilometer über dem nördlichen Sibirien sind am
Dienstag zwei Satelliten kollidiert. Betroffen waren offenbar ein
ausrangierter russischer Satellit sowie ein Satellit des kommerziellen
Kommunikationsdienstleisters Iridium. Von beiden Satelliten ist jetzt
nur noch eine große Trümmerwolke zu sehen. Nach ersten Analysen scheint die
Internationale Raumstation ISS durch die Kollision nicht unmittelbar gefährdet zu sein.
Künstlerische
Darstellung eines Iridium-Satelliten.
Bild: Iridium |
Die Kollision von zwei Satelliten in dieser Form ist bislang in
der Raumfahrtgeschichte einmalig. Ein alter russischer Satellit war am
Dienstag mit einem Satelliten des
Iridium-Satellitennetzes kollidiert. "Die Kollision fand in einer Höhe
von 790 Kilometern über dem nördlichen Sibirien statt", erklärte
Nicholas Johnson, der am Johnson Space Flight Center der NASA in Houston
für die Überwachung von Weltraumschrott zuständig ist, gegenüber der
Weltraumnachrichtenseite des US-Sender CBS. "Das amerikanische Überwachungsnetzwerk hat eine große Zahl von Trümmerteilen von beiden
Satelliten entdeckt." Bei dem russischen Satelliten soll es sich um
Cosmos 2251 handeln, einen im Juni 1993 gestarteten
Kommunikationssatelliten, der bereits seit etwa zehn Jahren nicht mehr
verwendet wird.
Die Trümmerteile werden auch beim U.S. Strategic Command aufmerksam
registriert, denn diese Agentur ist für die Überwachung des Luftraums
verantwortlich und verfolgt schon jetzt rund 18.000 Objekte wie Satelliten und
Trümmerteile ab einem Durchmesser von etwa 10 Zentimetern. Die ersten
Zählungen beliefen sich auf mindestens 600 Trümmerteile von den beiden
Satelliten.
Auch bei Iridium, die mit Hilfe eines 66 Satelliten umfassenden
Netzwerks globale Kommunikationsdienstleistungen mit Satellitentelefonen
anbieten, hat man den Verlust eines Satelliten inzwischen bestätigt. Der
betroffene Satellit sei einer der aktiven Satelliten gewesen. Eine
solche Kollision sei ein sehr unwahrscheinliches Ereignis, das nicht auf
einen Fehler von Iridium zurückzuführen sei. Für die Kunden rechne
man mit keinen Einschränkungen des Services. Der zerstörte Satellit soll so
schnell wie möglich durch einen Reservesatelliten ersetzt werden. Iridium
verfügt dazu über eine Anzahl von Satelliten in einem Parkorbit.
Nach Angaben von Johnson ist es das erste Mal, dass sich eine solche
Kollision im All
ereignet hat. Es hätte zuvor nur drei Zusammenstöße gegeben, allerdings
seien dabei immer deutlich kleinere Objekte betroffen gewesen. Bei der
NASA würden nun intensive Analysen durchgeführt, ob die Trümmerteile für
andere Satelliten oder die Internationale Raumstation ISS gefährlich
werden könnten. Die ISS befindet sich auf einer deutlich tieferen Bahn,
doch könnten bereits durch die Kollision Trümmerteile in diese Tiefen
abgelenkt worden sein. Im Laufe der Zeit ist zudem damit zu rechnen,
dass die Trümmerwolke weiter absinkt.
Nach vorläufigen Berechnungen ist die Gefahr für die ISS durch die
Kollision derzeit sehr gering. Man müsse aber nun in den kommenden
Monaten und Jahren verfolgen, wie die größeren Trümmerteile immer weiter
an Höhe verlieren und ob diese dann irgendwann in die Bahn der ISS
geraten. Dann muss zur Not ein Ausweichmanöver durchgeführt
werden. Die großen Trümmerteile könnten aber verfolgt werden, "die
kleinen Trümmer, die wir nicht sehen, sind die gefährlicheren", so
Johnson.
Auch mögliche Gefahren für andere Satelliten werden derzeit
analysiert. Für die Menschen auf der Erde allerdings, so die Experten,
bestünde keine Gefahr. Vermutlich werden nahezu alle Trümmerteile in der
Erdatmosphäre verglühen.
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