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EFFELSBERG
Wasser im jungen Universum
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie
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17. Dezember 2008

Astronomen ist es jetzt gelungen mit Hilfe des 100-Meter-Radioteleskops in Effelsberg Wasser im entfernten Quasar MG J0414+0534 nachzuweisen. Es ist die größte Entfernung, in der man bislang Wasser nachweisen konnte. Die Forscher vermuten, dass sich das Wasser in dem Quasar in Gas- und Staubwolken befindet, die auf das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der fernen Galaxie zuströmen.

MG J0414+0534

Entdeckungsspektrum mit dem Signal der Wasserlinie im Quasar MG J0414+0534 bei einer Frequenz von 6,1 GHz. Bild: Milde Science Communication (Grafik), HST Archive Data (Hintergrundbild), CFHT, J.-C. Cuillandre, Coelum (Inset)  [Großansicht]

Eine Forschergruppe unter der Leitung von Violette Impellizzeri, Doktorandin am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, hat mit dem 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg Wasser in der bisher größten bekannten Entfernung im Universum nachgewiesen. Das Wassermolekül wurde in dem Quasar MG J0414+0534 bei einer Rotverschiebung von 2,64 gefunden; das entspricht einer Lichtlaufzeit von 11,1 Milliarden Jahren. Bei diesem Quasar schaut man also zurück in eine Zeit, in der das Universum nur ein Fünftel seines heutigen Alters hatte.

Die Astronomen vermuten, dass das Wasser in MG J0414+0534 Bestandteil von Gas- und Staubwolken ist, die auf ein extrem massereiches Schwarzes Loch im Zentrum dieses weit entfernten Quasars einströmen. Die Entdeckung wurde durch Nachfolgemessungen bei sehr hoher Auflösung mit dem amerikanischen EVLA- (Expanded Very Large Array) Interferometer bei Socorro im US-Bundesstaat New Mexico bestätigt. Die Ergebnisse werden in der morgen erscheinenden Ausgabe der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

Die Entdeckung von Wasser im frühen Universum wurde dadurch möglich, dass der Quasar MG J0414+0534 zufällig in gleicher Richtung wie eine Vordergrundgalaxie in geringerer Entfernung am Himmel zu finden ist. Diese Vordergrundgalaxie wirkt wie ein gewaltiges kosmisches Teleskop: durch den Einfluss ihrer Schwerkraft wird das Licht des Quasars verstärkt und gleichzeitig so verzerrt, dass vier separate Abbildungen des Quasars am Himmel sichtbar werden.

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Ohne diesen Gravitationslinseneffekt hätte es volle 580 Tage Messzeit mit dem 100-Meter-Teleskop gebraucht, die Strahlung des Wassermoleküls sichtbar zu machen. So genügten 14 Stunden. "Es haben schon andere Gruppen versucht, Wasser in solch großer Entfernung aufzufinden und sind daran gescheitert. Wir wussten, dass wir hinter einem sehr schwachen Signal her waren", so Violette Impellizzeri. "Deswegen suchten wir mit Absicht ein System mit einer Vordergrundgalaxie als Vergrößerungsglas. Auch wenn wir nicht gleich fündig geworden sind, wir sind drangeblieben und schließlich hatten wir die Linie im Kasten."

Ein glücklicher Umstand half dabei, den Nachweis von Wasser in der Galaxie MG J0414+0534 zu ermöglichen. Die Rotverschiebung dieser Galaxie ist gerade so groß, dass die Strahlung des Wassermoleküls von der ursprünglichen Frequenz von 22 GHz auf 6 GHz verschoben wird, und damit in den Frequenzbereich des am Radioteleskop Effelsberg eingesetzten 6-GHz-Empfängers gelangt.

"Es ist schon interessant, dass wir Wasser bereits in der ersten unserer Galaxienkandidaten in großer Entfernung nachweisen konnten, bei denen die Strahlung durch eine Vordergrund-Galaxie als Gravitationslinse verstärkt wird", sagt John McKean, der zweite Autor in der Veröffentlichung. "Das lässt vermuten, dass das Wassermolekül in der Frühzeit des Universums wesentlich häufiger auftritt als zunächst angenommen, und dass wir damit die massereichen Schwarzen Löcher in fernen Galaxien untersuchen können, und die Entwicklung von Galaxien bei sehr hoher Rotverschiebung."

Die Signalaussendung des Wassermoleküls erfolgte in gebündelter Form, als sogenannter Maser; das entspricht bei Mikrowellen im Radiobereich dem bekannten Laser für sichtbares Licht. Das Signal entspricht einer Leuchtkraft vom 10.000-fachen der gesamten Sonnenleuchtkraft, und das nur in einer einzigen Spektrallinie. Man kennt solche astrophysikalischen Maserquellen aus Gebieten mit heißem dichten Staub und Gas. Der Nachweis des Wassers in MG J0414+0534 zeigt erstmals eine derart dichte Gaswolke in der Frühzeit des Universums. Die Bedingungen für Bildung und Fortbestehen des Wassermoleküls mussten also bereits zu einer Zeit von nur 2,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall vorgeherrscht haben.

Als Quelle für Wassermaser in anderen Galaxien werden heißes Gas und Staub angenommen, die in einer sogenannten Akkretionsscheibe in geringem Abstand die sehr massereichen Schwarzen Löcher im Zentrum dieser Galaxien umkreisen. Die durch den Masereffekt verstärkte Radiostrahlung kann normalerweise nur dann beobachtet werden, wenn man fast von der Kante auf die rotierende Scheibe blickt. Bei MG J0414+0534 ist die Scheibe jedoch so ausgerichtet, dass man fast senkrecht von oben darauf blickt. "Das könnte bedeuten, dass die Wassermaser, die wir hier beobachten, nicht in der Akkretionsscheibe selbst sitzen, sondern in den superschnellen Materiestrahlen oder Jets, die senkrecht zur Scheibe durch die Schwerkraft des Schwarzen Lochs herausgeschleudert werden", erklärt John McKean.

Wegen der begrenzten Empfindlichkeit der heutigen Teleskope bedeutet der Nachweis von Wasser in weit entfernten Galaxien auch in Zukunft eine Herausforderung. In einem Bereich bis ungefähr eine halbe Milliarde Lichtjahre Entfernung von der Erde hat man nur in etwa 100 Galaxien Wasser gefunden, und das hauptsächlich bei Galaxien von relativ geringer Entfernung.

"Bereits im Jahr 2003 war ich an der Entdeckung von Wasser in der Galaxie 3C403 beteiligt", erinnert sich Christian Henkel, ebenfalls Ko-Autor der aktuellen Veröffentlichung (astronews.com berichtete). Zu diesem Zeitpunkt war das die am weitesten entfernte Galaxie, in der Wasser gefunden wurde. Kurz darauf wurde der Rekordwert mit einer Galaxie der Rotverschiebung 0,66, entsprechend einer Entfernung von sechs Milliarden Jahren, um ein gutes Stück vergrößert. "Jetzt haben wir mit MG J0414+0534 bei einer Rotverschiebung von 2,64 den Rekord nochmals wesentlich weiter hinausgeschoben."

"Die Wassermaser treten in einem Bereich sehr dicht am Zentrum der Galaxien auf. Das eröffnet uns eine Reihe von interessanten Möglichkeiten zur Untersuchung von sehr massereichen Schwarzen Löchern zu einer Zeit, in der die Galaxien überhaupt erst entstanden sind," blickt Violette Impellizzeri in die Zukunft. "Wir werden die Suche nach Wasser auch auf andere weit entfernte Galaxien ausdehnen, und zwar mit den Teleskopen, die wir jetzt schon zur Verfügung haben und ebenso mit der nächsten Generation von Radioteleskopen. Denn jetzt wissen wir, dass es da draußen Wasser gibt."

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Wasser in entfernter Galaxie. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
Radiogalaxien: Astronomen entdecken Wasser-Megamaser - 22. Juli 2003
Links im WWW
Max-Planck-Institut für Radioastronomie
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