Detaillierter Blick auf entferntes Schwarzes Loch
von Stefan Deiters astronews.com
16. Dezember 2008
Mit Hilfe eines natürlichen Vergrößerungsglases und des
Very Large Telescopes der Europäischen Südsternwarte ESO ist es Astronomen
gelungen, die inneren Bereiche einer Akkretionsscheibe um ein supermassereiches
Schwarzes Loch in zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung zu untersuchen. Sie
konnten so erstmals die Theorie über solche Scheiben durch Beobachtungen
bestätigen.
Das
Einsteinkreuz und die Galaxie, durch deren
Gravitationswirkung es entsteht.
Bild: ESO / F. Courbin et al.
[Großansicht]
Das Einsteinkreuz. Im Zentrum der Kern der
Linsengalaxie, darum angeordnet die vier Bilder
des entfernten Quasars.
Bild: ESO / F. Courbin et al. |
Das Astronomenteam aus Europa und den USA untersuchte ein Objekt,
das unter dem Namen Einsteinkreuz bekannt geworden ist. Es besteht aus vier
Abbildern eines entfernten Quasars in zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung.
Das Licht dieses Quasars wird durch eine Galaxie in rund einer Milliarde
Lichtjahren Entfernung abgelenkt, wodurch es zu der eigentümlichen Konstellation
kommt. Diesen sogenannten Gravitationslinsen-Effekt hatte Albert Einstein in
seiner allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Das Licht des fernen
Quasars wird durch diesen Effekt nicht nur abgelenkt, sondern auch verstärkt.
Dank der Hilfe dieses natürlichen Vergrößerungsglases gelang es den
Astronomen nun, den fernen Quasar detailliert zu studieren. "Durch die
Kombination dieses Vergrößerungseffektes mit einem großen Teleskop erhielten wir
den bislang detailreichsten Blick auf dieses Objekt", erläutert Frédéric Courbin,
der die Beobachtungen leitete.
Doch den Astronomen kam noch ein weiterer Umstand zur Hilfe: Nicht nur die
Galaxie sorgte für eine Verstärkung des Lichts des fernen Quasars, sondern auch
die Sterne in der Vordergrundgalaxie: Durch einen Microlensing
genannten Effekt verstärkten sie zeitweise das Licht des fernen Objektes, so
dass die Helligkeit der vier Bilder des Quasars von der Erde aus gesehen um
einen mittleren Wert schwankte. Die Größe der Region im fernen Quasar, der durch
die Sterne vergrößert wird entspricht einigen Lichttagen und damit in etwa der
Größe der Akkretionsscheibe des Quasars.
Der Microlensing-Effekt sorgt nicht nur für Helligkeitsschwankungen,
sondern auch für Farbänderungen des Quasarbildes, die Rückschlüsse etwa auf die
Temperatur der Ausgangsregion der Strahlung zulassen. Durch die detaillierte
Beobachtung dieser Variationen über mehrere Jahre konnten die Astronomen einiges
darüber erfahren, wie Materie und Energie um das supermassereiche Schwarze Loch
verteilt sind, das sich im Inneren des Quasars befindet.
Bei Quasaren handelt es sich um weit entfernte Galaxie, in deren Zentrum sich
ein supermassereiches Schwarzes Loch befindet, das gerade mit einer hohen Rate
Material verschlingt. Dies sorgt für die extreme Helligkeit des Quasars, so dass
das Zentrum den gesamten Rest der Galaxie überstrahlt. Bevor die Materie im
Schwarzen Loch verschwindet, kreist sie in einer sogenannten Akkrektionsscheibe
um die Schwerkraftfalle.
Die Astronomen um Courbin haben das Einsteinkreuz über drei Jahre jeweils
drei Mal im Monat mit dem Very Large Telescope der Europäischen
Südsternwarte auf dem Gipfel des Paranal in der chilenischen Wüste beobachtet
und dabei die Helligkeits- und Farbänderungen der vier Quasarbilder genau
verfolgt. "Dank dieser einmaligen Daten konnten wir zeigen, dass die
energiereichste Strahlung aus einem Bereich stammt, der nur etwa einen Lichttag
vom Schwarzen Loch entfernt ist", erklärt Alexander Eigenbrod, der mit der
Analyse der Daten beschäftigt war. "Und was noch wichtiger ist: Die Energie der
Strahlung fällt mit der Entfernung vom Schwarzen Loch ab und dies fast exakt so,
wie es die Theorie vorhersagt."
Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Beobachtungen waren
dabei sowohl die große Gravitationslinse und das Microlensing
als auch das Very Large Telescope. Dadurch konnten die
Astronomen Bereiche in einer Größenordnung untersuchen, die einer
Millionstel Bogensekunde entsprechen. Dies ist in etwa vergleichbar mit
der Größe einer Ein-Euro-Münze in einer Entfernung von fünf Millionen
Kilometern. "Und es ist Tausend Mal besser als was mit den besten heute
verfügbaren Teleskopen erreicht werden kann", so Courbin.
Die Messung des Temperaturverlaufs um ein supermassereiches Schwarzes
Loch im Zentrum einer Galaxie ist ein wichtiger Schritt für die
Astronomen zum Verständnis dieser Objekte: Es existieren nämliche
unterschiedliche Theorien darüber, wie sich das aktive Schwarze Loch mit
Material versorgt. Jede Theorie sagt einen anderen Temperaturverlauf in
der Umgebung voraus. Da bislang entsprechende Messungen fehlten, war es
den Wissenschaftlern nicht möglich eine der Theorien zu bestätigen oder
aber auszuschließen.
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