Venussonde sucht nach Leben - auf der Erde
von Stefan Deiters astronews.com
13. Oktober 2008
Die europäische Venussonde Venus Express, die sich
seit einiger Zeit in einem Orbit um unseren Nachbarplaneten befindet, sucht
zuweilen systematisch nach Lebensspuren - und zwar auf der Erde. Die so
gewonnenen Daten könnten den Wissenschaftlern helfen, mehr darüber zu erfahren,
wie man aus bestimmten Hinweisen im Licht von fernen Welten auf Lebensspuren
schließen könnte.

Die Erde zum
Zeitpunkt der Beobachtung von der Venus aus (Bild
des Solar System Simulators der NASA, oben) und
die Moleküle, die Venus Express dabei in der
Atmosphäre nachweisen konnte (unten).
Bild: ESA / VIRTIS / INAF-IASF / Obs. de
Paris-LESIA (Bild der Erde: Solar System
Simulator JPL-NASA) [Großansicht] |
Die ersten Aufnahmen der Erde machte Venus Express mit
Hilfe der Visible and Infrared Thermal Imaging Spectrometer (VIRTIS)
zwar schon bald nach dem Start im November 2005. Doch rund ein Jahr nachdem die Sonde dann
in einen Orbit um die Venus eingeschwenkt war, schlug David Grinspoon vom Denver
Museum of Nature & Science ein ungewöhnliches regelmäßiges Beobachtungsziel für die
Venussonde vor - nämlich die Erde. "Wenn die Erde in einer günstigen Position
ist, beobachten wir sie zwei bis drei Mal im Monat", erläutert Giuseppe Piccioni,
vom IASF-INAF in Rom, einer der verantwortlichen Wissenschaftler für das
VIRTIS-Instrument.
In den vergangenen zwei Jahren sind so rund 40 Bilder der Erde
zusammengekommen. Die Beobachtungen umfassen sowohl den sichtbaren Bereich des
elektromagnetischen Spektrums als auch den infraroten Bereich und lassen sich
zudem zur spektralen Analyse verwenden, um so etwas über Moleküle in der
Erdatmosphäre aussagen zu können. Das Interessante an den Daten ist ihre
"schlechte" Qualität: Für Venus Express ist unsere Heimatwelt nämlich so klein,
dass sie weniger als einen Pixel in der Kamera ausmacht. Die Erde ist also nicht
mehr als ein einzelner Punkt ohne jede Struktur.
Doch genau solche Beobachtungen hoffen die Forscher in Zukunft auch von
erdähnlichen Planeten um andere Sonnen machen zu können: "Wir wollen daher
herausfinden, was man aus diesen Beobachtungen über die Bewohnbarkeit der Erde
ableiten kann", erläutert Grinspoon. "Was wir über die Erde dann lernen, können
wir dann auf die Untersuchung von entfernteren Welten anwenden."
Seit 1995
wurden inzwischen über 300 extrasolare Planeten aufgespürt. Die
Beobachtungstechniken werden immer feiner, so dass auch bald erdähnliche
Planeten entdeckt und vielleicht auch direkt beobachtet werden können.
Allerdings sollte man auch dann nicht mehr als einen schwachen einzelnen
Lichtpunkt von diesen fernen Welten erwarten. Aber trotzdem: "Wir stehen kurz
davor, Planeten die der Erde ähnlich sind, zu finden", so Grinspoon.
Die meisten Planeten wurden allerdings bislang indirekt entdeckt, in dem man
lediglich aus dem durch den Umlauf eines Planeten verursachten Wackeln eines
Sterns auf den Planeten selbst geschlossen hat. Es ist aber schon wiederholt
gelungen, mit raffinierten Verfahren das Licht eines Planeten von dem viel
grelleren Licht seiner Sonne zu trennen, so dass zusätzliche Beobachtungen
möglich wurden. Bislang hat man auf diese Weise aber lediglich Gasriesen
untersuchen können.
Einfach, so die ersten Ergebnisse der Venus Express-Beobachtungen der Erde,
wird es nicht werden, etwas über die Lebensfreundlichkeit eines fernen Planeten
auszusagen: "Wir erkennen Wasser und molekularen Sauerstoff in der
Erdatmosphäre, doch die Venus zeigt diese Signaturen auch", erläutert Piccioni.
"Es reicht also nicht, nur nach diesen Molekülen zu fahnden." Die Forscher
wollen daher versuchen, Anzeichen für pflanzliches, auf Photosythese
basierendes Leben, zu finden. "Grüne Pflanzen erscheinen hell im nahen
Infraroten", so Grinspoon. Ob man dies aber tatsächlich erkennen kann, wird
gerade untersucht.
Das Team will zudem Aufnahmen vergleichen, die gemacht wurden, als die Erde
der Sonde verschiedene Seiten zugewandt hat: Einmal war vor allem Wasser zu
sehen, ein anderes Mal überwiegend die Landmasse der Kontinente. "Wir haben hier
die erste, dauerhafte Beobachtung der Erde aus größerer Entfernung begonnen",
summiert Grinspoon. Man werde dabei sicherlich nichts Neues über die Erde selbst
erfahren, aber vielleicht Interessantes über die Lichtpunkte von Welten, die
deutlich weiter entfernt liegen.
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