Detaillierter Blick auf junge Sterne
Redaktion /
Pressemitteilung des MPIfR astronews.com
10. Oktober 2008
Durch Kombination von Spektroskopie und Interferometrie ist
es einem internationalen Astronomenteam jetzt gelungen, einen detaillierten
Blick auf äußerst junge Sterne zu werfen. Das Interesse der Forscher galt dabei
der Scheibe aus Gas und Staub, aus deren Material sich die jungen Sterne immer
noch bedienen. Sie fanden dabei sowohl Hinweise auf Materie, die auf den Stern
fällt als auch Indizien für einen Wind, der von der Scheibe ausgeht.
Künstlerische
Darstellung der Umgebung eines jungen Sterns.
Bild: ESO / L. Calçada |
Junge Sterne sind in ihrer Frühphase von einer Scheibe aus Gas und Staub
umgeben, aus der sie sich zunächst bedienen, um weiter zu wachsen, in der später
aber auch eventuell Planeten entstehen können. Die uns am nächsten gelegenen
Sternentstehungsgebiete sind allerdings rund 500 Lichtjahre entfernt, so dass
die Gasscheiben um die jungen Sonnen kaum aufzulösen sind.
Dieses Problem versuchen die Astronomen mit Hilfe der Interferometrie zu
umgehen, bei der zwei oder mehr Teleskope zusammengeschaltet werden und man
somit eine Auflösung erreicht, die der eines Teleskops entspricht, das einen
Durchmesser entsprechend des Abstandes der zusammengeschalteten Teleskope hat.
Typische Größenordnungen sind hier 40 bis 200 Meter. Auch die Teleskope des
Very Large Telescopes der Europäischen Südsternwarte ESO auf dem Gipfel des
Paranal lassen sich zusammenschalten und liefern den Astronomen eine äußerst
detaillierten Blick auch auf ferne Staubscheiben um junge Sterne.
"Bislang wurde die Interferometrie überwiegend dazu benutzt, die Verteilung
von Staub in der Umgebung junger Sterne zu erforschen", sagt Eric Tatulli vom
Observatoire de Grenoble und einer der beiden Leiter der Studie. "Der
Staub macht jedoch nur ein Prozent der Gesamtmasse aus, die in den Scheiben um
diese Sterne steckt. Die Hauptkomponente ist das Gas, und das Gas dürfte auch
die Vorgänge bei der Entstehung von Planetensystemen entscheidend beeinflussen."
Mit dem Instrument AMBER am Interferometer des Very Large Telescope
(kurz VLTI) können die Astronomen während einer detaillierten
interferometrischen Untersuchungen gleichzeitig Spektren aufnehmen und so mehr
über die Vorgänge in der untersuchten Region erfahren. Die Forscher nahmen auf
diese Weise das Gas in der Umgebung von sechs jungen Sternen genauer unter die
Lupe. Bei den Sternen handelte es sich um sogenannte Herbig Ae/Be-Sterne, also
um junge Sterne mit einer Masse von zwei bis zehn Sonnenmassen, die nach wie vor
in einem Kontraktionsprozess begriffen sind und das Hauptstadium der
Sternentwicklung, das Wasserstoffbrennen, noch nicht erreicht haben.
Mit ihren Beobachtungen konnten die Astronomen zeigen, dass die Emissionen
des Gases benutzt werden können, um ganz unterschiedliche physikalische Prozesse
in der unmittelbaren Umgebung der Sterne zu verfolgen. "Da die meisten früheren
Studien nicht über das Auflösungsvermögen verfügten, um die räumliche Verteilung
des heißen Gases direkt zu vermessen, gab es bis jetzt nur indirekte Hinweise
über den Ursprung der Strahlung des Gases von jungen Sternen", erklärt Stefan
Kraus vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und zweiter Leiter der
Untersuchung. "Deshalb hatten die Forscher auch sehr unterschiedliche Ansichten
darüber, welche physikalischen Vorgänge bei der Entstehung dieser Strahlung
beteiligt sind. Durch die einmalige Kombination von Spektroskopie und
Interferometrie ist es mit VLTI nun möglich, zwischen den verschiedenen
Mechanismen zu unterscheiden."
Durch die Untersuchung der Strahlung konnte das Forschungsteam Geometrie und
Position der Gasregionen vermessen. Für zwei der sechs untersuchten Sterne lässt
die beobachtete Strahlung auf Masseneinfall schließen, der entweder von einer
staubfreien heißen Gasscheibe herrührt, oder aber von einer sehr begrenzten
Region, aus der die Materie von der Scheibe auf die Oberfläche des Sterns
transportiert wird.
Bei den anderen vier Sternen deutet die beobachtete Strahlung auf
Massenausstoß hin, wobei Material von einer Gasscheibe um den Stern
herausgestoßen wird. "Beobachtungen mit der VLTI Spektro-Interferometrie-Technik
werden es ermöglichen, sowohl die Geometrie als auch die Bewegung des Gases in
diesen jungen Sternen sehr genau zu erforschen", so Stefan Kraus. "Sie werden
zeigen, ob die beobachtete Strahlung von einem Sternwind ausgeht oder von einem
Materiestrom aus der Scheibe um den Stern."
Die Ergebnisse veröffentlichten die Astronomen in der aktuellen Ausgabe der
Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics.
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