Hinweise auf Regen auf dem Mars
Redaktion /
Pressemitteilung des DLR astronews.com
25. September 2008
Hat es auf dem roten Planeten einmal geregnet? Ja, meint
jetzt ein internationales Forscherteam nach Auswertung von Bildern von drei
verschiedenen Marssonden. Die Forscher entdeckten in der Region Xanthe Terra
nahe dem Marsäquator Hinweise auf Ablagerungen in einstigen Flussdeltas. Die
Täler müssen vor rund 3,8 bis 4 Milliarden Jahren Wasser geführt haben.
Die HiRISE-Kamera
an Bord der NASA-Sonde Mars Reconnaissance
Orbiter fotografierte die nördlichen Ausläufer
eines Deltas, das der Nanedi-Fluss auf dem Grund
eines Sees in einem namenlosen Krater im Xanthe-Hochland
abgelagert hat.
Bild: NASA / JPL-Caltech / University of
Arizona [Großansicht] |
Vor etwa vier Milliarden Jahren gab es Seen auf dem Mars, die
möglicherweise durch Niederschläge von kurzlebigen Flüssen gespeist
wurden. Diese Seen bildeten sich in Kratern, die durch Einschläge von
Meteoriten entstanden sind. Wo Flüsse die Kraterränder durchbrachen,
sammelte sich das Wasser im Becken des Kraters. An den Mündungen der
Flüsse entstanden Deltas, wie sie auch auf der Erde an Flussmündungen in
Seen oder Meeren gebildet werden. Zu diesen Ergebnissen kam ein
internationales Forscherteam um Ernst Hauber vom Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR), das die neuesten Bilddaten der Marsoberfläche
analysierte. Auf den Bildern entdeckten sie in den Kratern die nur wenig
von der Erosion beeinflussten Ablagerungen der Deltas.
Die Wissenschaftler untersuchten die Region Xanthe Terra nahe dem Äquator im
Marshochland. "Schon seit Jahren wird vermutet, dass das heutige Bild der
Landschaft zum Teil von Flüssen geformt worden ist, die sich in die Oberfläche
gegraben haben", erklärt Hauber. Der Geologe vom DLR-Institut für
Planetenforschung in Berlin-Adlershof leitete die Forschungsarbeit, die nun im
Fachmagazin Planetary and Space Science erscheint. "An den Stellen, wo
diese Täler in Einschlagkrater münden, sehen wir geschichtete Sedimente. Die
Form von einigen Ablagerungen ist typisch für Deltas, die sich in einem
stehenden Gewässer bilden."
Die Forscher werteten für ihre Arbeit Bilder dreier Marssonden aus. Sie
stammen von der deutschen Stereokamera HRSC auf der europäischen Mission
Mars Express, von der Mars Orbiter Camera (MOC) auf der
NASA-Mission Mars Global Surveyor sowie von den Kameraexperimenten
HiRISE und CTX auf der NASA-Mission Mars Reconnaissance Orbiter (MRO).
Mit der vom DLR betriebenen HRSC können große zusammenhängende Gebiete in hoher
Auflösung und in "3D" abgebildet und daraus so genannte digitale Geländemodelle
abgeleitet werden, mit denen die Topographie der Marslandschaft ermittelt wird.
Die Aufnahmen der HiRISE-Kamera auf MRO ermöglichen die Untersuchung kleiner,
ausgewählter Gebiete in Bildern, die Details von weniger als einem Meter Größe
auf dem Mars erkennen lassen.
Flüsse transportieren erodiertes Material talwärts. Wenn die
Fließgeschwindigkeit nachlässt, reicht die Energie nicht mehr aus, um diese
Sedimentfracht weiterzubewegen, und sie wird abgelagert. Da dies typischerweise
dort geschieht, wo ein Fluss in ein größeres Becken mündet und hier das Wasser
nicht oder fast nicht mehr fließt, bilden sich an diesen Stellen sedimentäre
Ablagerungen. Die Art der Ablagerung hängt dabei von der Natur dieses Beckens
ab: Ist es mit Wasser gefüllt, also ein See oder ein Meer, bilden sich Deltas.
Ist das Becken dagegen trocken, etwa in der Wüste, verliert der Fluss seine
Geschwindigkeit und versickert langsam, wobei so genannte Playas entstehen
können. Die Ablagerungen in dieser trockenen Umgebung werden alluviale
Schwemmkegel genannt (im Englischen alluvial fans). Die Analyse von
Sedimentkörpern kann also zeigen, ob früher Seen auf dem Mars existierten.
Die Hochebene Xanthe Terra in der Äquatorregion des Mars ist von tief
eingeschnittenen Tälern durchzogen. Schon lange vermuteten die Forscher, dass
sie von Wasser erodiert wurden (astronews.com berichtete). Ein besonders schönes
Delta befindet sich hier in einem kleinen Krater mit nur fünf Kilometern
Durchmesser. Der Nanedi-Fluss mündet von Süden her in den Krater, wo das
Material fächerförmig verteilt wurde. Fast der gesamte Krater ist mit Sedimenten
gefüllt. Topographische Messungen, die aus Stereobildern der HRSC-Kamera
abgeleitet wurden, zeigen, dass die Dicke des Materials mindesten 50 Meter
beträgt und die Ablagerungen eine Fläche von ungefähr 23 Quadratkilometern
bedecken.
Am Rand der Sedimente sind sehr dünne Schichten zu erkennen, die auch auf der
Erde typisch für Deltas sind. Besonders interessant ist die Beobachtung eines
kleinen Tals, das den Krater nach Osten (in den Bildern rechts) verlässt. Es
beweist, dass tatsächlich Wasser in dem Krater "gestanden" haben muss: "Wenn das
Wasser in den Krater hinein und wieder heraus floss, muss es den Krater auch
gefüllt haben", sagt Hauber. Der DLR-Wissenschaftler weist darauf hin, dass
dieser Fall recht selten auf dem Mars zu beobachten ist: "Wir sind uns hier und
in ein paar anderen Fällen ziemlich sicher, dass Seen auf dem Mars existiert
haben."
Auch den Zeitraum, in dem die Krater mit Seen gefüllt waren, können die
Forscher eingrenzen. Dazu werten sie die statistische Verteilung von
Einschlagkratern unterschiedlicher Größe aus, die ein Maß dafür sind, wie alt
eine Planetenoberfläche ist: Je mehr Krater auf einer Fläche gezählt werden,
desto älter ist das Gebiet. Diese Kraterzählungen ergaben, dass die Täler vor
etwa 3,8 bis 4 Milliarden Jahren Wasser führten. Die Bildung der Täler selbst
kann dabei relativ schnell erfolgen. Berechnungen von Maarten Kleinhans von der
Universität Utrecht in den Niederlanden, der sich ebenfalls an der Studie
beteiligte, zeigen, dass die Ablagerungen – je nach Wassermenge – in Jahrzehnten
bis Jahrtausenden entstanden sein könnten.
Auch bei sehr geringem
Wasserdurchfluss hätte es laut Kleinhans nicht mehr als einige hunderttausend
Jahre gedauert, bis die Deltas ihre heutige Ausdehnung hatten. Gemessen an
sonstigen geologischen Zeiträumen, insbesondere in der Planetengeologie, ist
dies eine sehr kurze Zeit. Es muss also in der Frühzeit des Mars zu
Niederschlägen gekommen sein. Diese flossen über die Oberfläche ab – auch dies
ein Ergebnis der gemeinsamen Forschungsarbeit. "Das ist gar nicht so
selbstverständlich, denn lange wurde gerätselt, ob die Täler auf dem Mars durch
Austritt von Grundwasser und rückschreitende Erosion gebildet wurden, oder ob
Wasser sich bei Regen oder nach Schneefall auf der Oberfläche sammelte und
abfloss", sagt Hauber.
In letzter Zeit wurde wiederholt eine stärkere Rolle des
oberflächlichen Abflusses diskutiert. "Unsere Ergebnisse weisen ebenfalls in
diese Richtung, und wir sind überzeugt, dass beide Prozesse in Xanthe Terra eine
wichtige Rolle spielten." Allzu lange dauerte dieser Zustand allerdings nicht
an. Etwa vor 3,5 bis 3,8 Milliarden Jahren nahm die Intensität der Niederschläge
ab und die Täler trockneten aus. Seither ist die Erosion auf dem Mars minimal,
was auch dazu beitrug, dass die eigentlich leicht erodierbaren Ablagerungen
immer noch zu beobachten sind. Heute ist der Mars ein trockener Wüstenplanet, in
dessen Tälern kein Wasser mehr fließt.
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