Was geschah im Jahr 1843?
von Stefan Deiters astronews.com
17. September 2008
Der Riesenstern Eta Carinae ist vermutlich der am besten
untersuchte Stern nach der Sonne. Im Jahr 1843 beobachteten Astronomen hier
einen heftigen Ausbruch, der für einen extremen Anstieg der Helligkeit des
Sterns sorgte. Ursache für diesen Ausbruch, so ergaben jetzt neue Beobachtungen,
könnte eine bislang unbekannte Art von stellaren Explosionen gewesen sein.
Künstlerische
Darstellung der Explosion im Jahr 1843. Neue
Beobachtungen entdeckten jetzt eine Stoßwelle,
die sich schneller ausbreitet als der
Homunculus-Nebel (in der Bildmitte).
Bild: Gemini Observatory / Lynette Cook |
Eta Carinae ist nicht nur der vermutlich größte und hellste Stern
der Milchstraße, sondern wohl auch der am besten untersuchte. Trotzdem hat die
riesige Sonne für viele Jahrzehnte offenbar ein ganz besonderes Geheimnis
bewahrt: Ein eindrucksvoller Ausbruch des Sterns im Jahr 1843 könnte, so
berichtete Nathan Smith von der University of California in Berkeley in
der letzten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature, durch eine
Explosion im Inneren der Sonne verursacht worden sein. Die dadurch entstandene
Explosionswolke hat Ähnlichkeit mit der einer Supernova, ist aber weniger
energiereich.
Die Entdeckung könnte auch helfen, Beobachtungen von schwächeren Explosionen
einzuordnen, die man in den letzten Jahren in anderen Galaxien gemacht hatte.
"Es gibt eine Klasse von stellaren Explosionen in anderen Galaxien, für die wir
noch immer keine Erklärung haben", so Smith. "Eta Carinae könnte hier ein
Prototyp sein."
Eta Carinae liegt in rund 7.500 Lichtjahren Entfernung von der Erde in einen
Sternentstehungsgebiet. Der Stern ist nur von der Südhalbkugel aus zu
beobachten. Im Jahr 1843 registrierten Astronomen, wie sich die Helligkeit des
Sterns dramatisch vergrößerte. Die Folgen des damaligen Ausbruchs, eine Wolke
aus Gas und Staub, kann man heute rund um den Stern als Homunculus-Nebel sehen.
Auch erkennbar sind Spuren einen früheren Explosion, die sich vermutlich vor
rund 1.000 Jahren ereignet haben muss. Das Material der Ausbrüche bewegt sich,
im Vergleich zu den Geschwindigkeiten, die nach einer Supernova-Explosion zu
beobachten sind, langsam mit "nur" 650 Kilometern pro Sekunde.
Bei Beobachtungen mit dem Gemini South- und dem Victor M. Blanco-Teleskop
ist Smith nun auf Filamente aus Gas gestoßen, die eine fünfmal höhere
Geschwindigkeit haben als das Material im Homunculus-Nebel. Sie müssen aber
durch das gleiche Ereignis ins All geschleudert worden sein. Da schon die Menge
an Material des Homunculus-Nebels nur mit großen Schwierigkeiten durch einen
extremen stellaren Wind erklärt werden konnte, stellt nach Smiths Ansicht dieses
neu entdeckte, deutlich energiereichere Gas die Theoretiker vor ganz neue
Herausforderungen.
Die Geschwindigkeit des neuen Materials würde mehr an eine
Supernova-Explosion erinnern. Angesichts der neuen Beobachtungen verdoppelt sich
auch der vermutete Energieausstoß des Ereignisses im Jahr 1843. Damit kann es
sich, so die Theorie von Smith, bei dem Ausbruch nicht nur um einen einfachen
Ausbruch an der Oberfläche des Sterns gehandelt haben, sondern eher um eine
Explosion tief im Inneren des Sterns, durch die das Material ins All
geschleudert wurde.
"Diese Beobachtungen zwingen uns dazu, die Interpretation der Ereignisse um
den Ausbruch von 1843 zu ändern", erklärt Smith. "Es handelt sich nicht um einen
beständigen Wind, der die äußeren Schichten des Sterns ins All geblasen hat,
sondern es war eine regelrechte Explosion, die im Inneren von Eta Carinae begann
und dann die äußere Hülle ins All geschleudert hat. Man braucht einen ganz neuen
Mechanismus, um Explosionen wie diese zu verursachen."
Wenn die Vermutung von Smith zutrifft, könnten massereiche Sterne wie Eta
Carinae gegen Ende ihres Lebens regelmäßig große Mengen an Material bei
periodischen Explosionen ins All schleudern, bevor sie dann ihre Existenz in
einer gewaltigen Supernova beenden. Und die These könnte erklären, was
Astronomen in anderen Galaxien beobachten: "Dort sieht man zuweilen Sterne, die
wie Eta Carinae heller werden, aber nicht so hell wie bei einer richtigen
Supernova", erläutert Smith. "Wir wissen nicht, um was es sich handelt. Es ist
ein Geheimnis, was einen Stern so viel heller machen kann, ohne ihn komplett zu
zerstören."
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