Doch keine
Mittelklasse?
von Stefan Deiters astronews.com
22. August 2008
Seit Jahren beschäftigt Astronomen die Frage, ob Schwarze
Löcher nicht nur als stellare oder supermassereiche Exemplare vorkommen, sondern
auch in mittlerer Größenklasse. Einige Indizien sprechen für die Existenz von
diesen Schwarzen Löchern der Mittelklasse. Eine neue Untersuchung kommt nun aber
zu einem anderen Ergebnis. Gibt es Schwarze Löcher mit mittlerer Masse
vielleicht gar nicht?

Der Kugelsternhaufen omega Centauri in unserer
Milchstraße. Der jetzt untersuchte
Kugelsternhaufen RZ2109 ist deutlich weiter von
der Erde entfernt. Bei omega Centauri könnte es
sich nach neueren Untersuchungen allerdings
nicht um einen Kugelsternhaufen, sondern um die
Überreste einer Zwerggalaxie handeln.
Bild: NASA / JPL-Caltech / NOAO
/ AURA / NSF |
Bislang weiß man nur sicher von zwei ganz unterschiedlichen Typen
von Schwarzen Löchern: den gewaltigen supermassereichen Schwerkraftfallen in den
Zentren von Galaxien und den sogenannten stellaren Schwarzen Löchern, die nach
der Supernova eines massereichen Sterns zurückbleiben und somit ein Ergebnis der
Sternentwicklung massereicher Sterne sind. Schon seit Jahren rätseln Astronomen
darüber, ob es auch Schwarze Löcher gibt, deren Masse zwischen diesen beiden
Extremen liegt. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Beobachtungen
gemacht, die auf die mögliche Existenz dieser Mittelklasse hindeuten könnten
(astronews.com berichtete).
Als einer der wahrscheinlichsten Aufenthaltsorte für diesen neuen Typus
Schwarzer Löcher gelten die Zentren von Kugelsternhaufen. Diese Sternhaufen sind
alte, gewaltige Ansammlungen von bis zu einer Millionen Sternen. Zweifelsfrei
nachgewiesen wurde ein mittleres Schwarzes Loch in einem Kugelsternhaufen
bislang allerdings noch nicht. Jetzt hat eine Gruppe von Astronomen den
Kugelsternhaufen RZ2109 gründlich untersucht und dabei festgestellt, dass er mit
Sicherheit keines dieser Mittelklasse-Schwarzen Löcher enthalten kann. Gibt es
sie also überhaupt?
"Einige Theorien sagen voraus, dass kleine Schwarze Löcher in
Kugelsternhaufen langsam in das Zentrum des Haufens sinken sollten und hier ein
mittelgroßes Schwarzes Loch bilden. Unsere Daten deuten aber drauf hin, dass
dies nicht so ist", erläutert Daniel Stern vom Jet Propulsion Laboratory
der NASA im kalifornischen Pasadena. Zusammen mit Kollegen hat Stern die
Ergebnisse der Untersuchung in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal veröffentlicht. Erster Autor des Artikels ist Stephen
Zepf von der Michigan State University.
In einer früheren Untersuchung hatte Zepf und sein Team mit Hilfe des
europäischen Röntgenteleskops XMM-Newton Hinweise darauf gefunden, dass
sich in dem Kugelsternhaufen RZ2109, der in etwa 50 Millionen Lichtjahren
Entfernung in einer nahen Galaxie liegt, ein "aktives" Schwarzes Loch befindet,
das also gerade dabei ist, Material zu verschlingen. Welche Masse dieses
Schwarze Loch aber hat, konnten die Astronomen damals nicht ermitteln.
Um diese herauszufinden, nutzten Zepf und Stern das Keck-Observatorium
auf Hawaii und nahmen ein Spektrum des Kugelsternhaufens auf. So ermittelten sie
eine Masse für das Schwarze Loch, die in etwa der zehnfachen Masse unserer Sonne
entspricht - ein Schwarzes Loch der Mittelklasse sieht anders aus. Die Größe des
Schwarzen Lochs folgerten die Wissenschaftler aus der Geschwindigkeit der
Materieströme, die aus der Umgebung des Schwarzen Lochs ins All geschleudert
wurden. Die gemessenen hohen Geschwindigkeiten wiesen eindeutig auf ein kleines
Schwarzes Loch hin.
Nun kann aber, so die Theorie der Astronomen, ein Kugelsternhaufen nicht
gleichzeitig ein kleines und ein mittleres Schwarzes Loch haben: "Wenn hier ein
mittleres Schwarzes Loch existieren würde, würde es die kleineren Schwarzen
Löcher entweder sehr schnell verschlingen oder sie aus dem Haufen kicken", so
Stern. Damit würde das kleine Schwarze Loch in RZ2109 die Existenz eines
Mittelklasse-Schwarzen Lochs ausschließen.
Gibt es also gar keine Schwarzen Löcher der Mittelklassen? Vielleicht doch,
meint Zepf. Diese würden sich dann aber wohl in Zwerggalaxien befinden oder in
dem, was von Zwerggalaxien übriggeblieben ist, nachdem sie von einer größeren
Galaxie verschluckt worden sind. Allerdings wären diese Schwarzen Löcher dann
wohl recht schwer zu entdecken.
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