In unserer Galaxie eine Seltenheit?
von Stefan Deiters astronews.com
14. August 2008
Lange Zeit haben Astronomen angenommen, dass unser
Sonnensystem eigentlich nichts Besonders in der Milchstraße ist. Doch jetzt
wirft eine neue Untersuchung ein anderes Licht auf unsere Heimat im All: Nach
umfangreichen Computersimulationen und der Analyse der Daten von rund 300
Exoplaneten zeichnet sich ab, dass unser System alles andere als "normal" ist.
Unser
Sonnensystem: Alles andere als "normal"?
Bild: NASA / JPL |
Die neue, in der vergangenen Woche in der Fachzeitschrift
Science veröffentlichte, Studie zeigt, dass bei nur leicht veränderten
Bedingungen, die Gegebenheiten im Sonnensystem deutlich ungemütlicher gewesen
wären als wir sie kennen: So hätten Planeten in die Sonne geschleudert oder auf
nimmer Wiedersehen ins All katapultiert werden können.
Die Astronomen der amerikanischen Northwestern University haben in
aufwendigen Computersimulationen die Entstehung von Planetensystemen von einer
einfachen Scheibe aus Staub und Gas bis hin zu einem fertigen Sonnensystem
verfolgt und damit erstmals ein komplettes Bild der Entstehung von
Planetensystemen am Computer gewinnen können. Simulationen wie diese sind extrem
rechenintensiv, so dass bislang immer nur Teilaspekte der Bildung eines
Planetensystems studiert werden konnten.
Die Astronomen haben mehr als 100 verschiedene Simulationen durchgeführt und
dabei festgestellt, dass es in einem "durchschnittlichen" Sonnensystem sehr
turbulent zugeht. Damit ein Sonnensystem wie unseres entstehen kann, müssen die
Bedingungen hingegen sehr genau gewählt werden. Die Ergebnisse der Simulationen
decken sich mit den Beobachtungen von extrasolaren Planeten.
"Die Bahnen der Exoplaneten sind sehr langgestreckt und alles andere als
schön und kreisförmig", so Frederic A. Rasio, Professor für Physik und
Astronomie am Weinberg College of Art and Science der Northwestern
University. "Viele Riesenplaneten, die dem Jupiter ähneln, befinden sich so
dicht an ihrem Zentralstern, dass sie nur Tage für eine Umrundung benötigen.
Deswegen brauchten wir eine Art Neubeginn, um die große Vielfalt von
Planetensystemen zu erklären, die wir beobachten."
Das Team um Rasio musste vor Start der Simulationen zunächst einmal
entscheiden, welche Aspekte eigentlich für die Entstehung und Entwicklung eines
Planetensystems von Bedeutung sind und welche weggelassen werden können ohne das
Ergebnis zu sehr zu verfälschen. Auf diese Weise gelang es den Forschern ein
Computermodell zu entwickeln, das zwar immer noch sehr komplex ist, auf modernen
Großrechnern aber schnell genug läuft, um viele verschiedene Modelle
durchrechnen zu können.
Die Ergebnisse der Simulationen deuten darauf hin, dass der Anfang eines
"normalen" Sonnensystems ausgesprochen dramatisch ist. Die Scheibe aus Gas und
Staub, aus der die Planeten entstehen, sorgt in der Regel auch dafür, dass diese
in unmittelbare Nähe des Zentralsterns gedrückt und manchmal sogar verschluckt
werden. Hier gibt es einen regelrechten und oft chaotischen Wettbewerb um das
zur Verfügung stehende Material. Dabei kann es passieren, dass sich Planeten
regelmäßig nahekommen, in langgezogene Orbits gezwungen oder gar ganz aus dem
System geschleudert werden.
"So eine turbulente Entstehungsgeschichte würde kaum zu einem so ruhigen
Sonnensystem führen wie wir es kennen", so Rasio. "Und unsere Simulationen
zeigen genau das: Damit ein System wie unseres entsteht, müssen die Bedingungen
genau passen." Ist die Staubscheibe etwa zu dick, entstehen riesige "heiße
Jupiter" auf sehr unkreisförmigen Bahnen. Ist die Scheibe zu dünn, entsteht nur
ein Eisriese wie Neptun.
"Wir verstehen nun die Vorgänge bei der Entstehung eines Planetensystems
deutlich besser", so Rasio, "und können damit erklären, warum wir so merkwürdige
Exoplaneten beobachten. Wir haben auch gelernt, dass unser Sonnensystem etwas
Besonderes ist und sogar ein wenig darüber erfahren, was es so besonders macht."
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Ferne Welten - die
astronews.com-Berichterstattung über die Suche nach Exoplaneten
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