Erdkern-Forschung im All beginnt
Redaktion /
Pressemitteilung des BTU Cottbus astronews.com
29. Juli 2008
Jetzt ist es endlich soweit: Nach fünfmonatiger Wartezeit
wurde im europäischen Weltraumlabor Columbus der ISS gestern das
GEOFLOW-Experiment der Technischen Universität in Cottbus in Betrieb
genommen. Erste Daten der Versuche, mit denen neue Erkenntnisse über den
flüssigen Erdkern gesammelt werden sollen, werden schon heute Mittag erwartet.
Die ISS im Juni 2008.
Foto: NASA |
GEOFLOW, das physikalische Experiment vom Lehrstuhl Aerodynamik und
Strömungslehre der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU)
ist gestern nach fünfmonatiger Wartezeit in Betrieb gegangen. Der Astronaut
Gregory Chamitoff setzte den etwa 40 cm mal 30 cm großen Experimentiercontainer
am Vormittag erfolgreich in das Fluid Science Labor der Raumstation
ein.
Damit werden ab sofort die im Weltraum erhobenen Daten über Kontrollzentren
in Houston, Oberpfaffenhofen, Neapel und Madrid an die BTU weitergeleitet, wo
sie das Cottbuser Team aus acht Wissenschaftlern - darunter Physiker,
Mathematiker, Geophysiker und Strömungsforscher - rund um die Uhr auswertet.
Erste Umgebungstemperaturdaten wurden bereits erfolgreich an die BTU
übermittelt.
Um die Datenanalyse quasi online durchführen zu können, hat der Lehrstuhl
verschiedene Teams gebildet. Die ersten wissenschaftlichen Daten werden heute ab
13 Uhr an der BTU Cottbus erwartet. Damit hat das Fluidzentrum der BTU für fünf
Monate den direkten Draht ins All. Das Experiment gehört zur geophysikalischen
Grundlagenforschung und soll neue Erkenntnisse über die Strömungen im flüssigen
Erdkern liefern.
GEOFLOW steht für Simulation geophysikalischer Bewegungen im flüssigen
Erdkern. Es ist das erste deutsche Fluid-Experiment in Columbus, das
unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit, neue Erkenntnisse liefern wird. Die
Schwerelosigkeit ist notwendig, um ein zentrales Kraftfeld zu generieren,
welches zur Simulation geophysikalischer Strömungen in einem Kugelschalenmodell
benutzt wird - ähnlich der radial wirkenden Gravitation von Planeten.
Die mehrfachen Verzögerungen kamen durch eine Reihe von unvorhergesehenen
Ereignissen zustande: Es begann mit dem verzögerten Start aufgrund einer
defekten Tankanzeige auf der Raumfähre. Doch auch als das europäische
Weltraumlabor Columbus am 7. Februar 2007 ins All gebracht worden war,
gab es neue Verzögerungen für GEOFLOW: Zunächst mussten nämlich die biologischen
Experimente abgearbeitet werden. Da es sich bei GEOFLOW um ein Experiment mit
langer Haltbarkeit handelt, musste es hinter den dringlicheren Versuchen
anstehen.
Nun ist es jedoch endlich so weit. Und die aufgeschobene Zeit wird dem
Projekt gut geschrieben. Die komplette Experimentzeit im All - nämlich fünf
Monate Parametervariationen (Veränderungen der Experimentparameter, wie die
künstliche Anziehungskraft, Temperaturunterschiede innen und außen oder
Rotationsgeschwindigkeiten) - bleibt erhalten; der Datentransfer zur Erde endet
im November 2008.
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