Wie ein Stern das All
verstaubt
von Stefan Deiters astronews.com
28. Juli 2008
Mithilfe des Very Large Telescope Interferometer
konnten Astronomen jetzt über 100 Tage lang verfolgen, wie sich eine Staubhülle
um einen Stern ausbreitet, auf dem es zuvor einen Ausbruch gegeben hatte. Die
neuen Messungen verraten nicht nur mehr über diese Novae genannten Ausbrüche,
sondern ermöglichten den Wissenschaftlern auch eine unabhängige
Entfernungsbestimmung.

Drei der Teleskopgebäude des Very Large
Telescope. Im Vordergrund auch die kleinen
Hilfsteleskope.
Foto: ESO / H. H. Heyer |
Ursprünglich hielt man Novae - daher auch ihr Name - für neue
Sterne am Himmel. Inzwischen weiß man, dass es sich bei Novae um
Doppelsternsysteme handelt, in denen ein kompakter Weißer Zwerg von einem
anderen meist sehr durchschnittlichen Stern umrundet wird. Der Weiße Zwerg zieht
dabei ständig Material von seinem Begleiter ab, bis sich auf seiner Oberfläche
so viel Material angesammelt hat, dass es zu einer Explosion kommt, wodurch der
Stern für kurze Zeit sehr hell wird.
Eine solche Nova entdeckte am 4. Februar 2007 auch ein japanischer
Amateurastronom im Sternbild Skorpion. Die Nova Scorpii 2007a (oder V1280
Scorpii) wurde Tag für Tag heller, erreichte am 17. Februar ihre maximale
Leuchtkraft und gehörte damit zu den hellsten Novae der vergangenen 35 Jahre. Zu
diesem Zeitpunkt war sie ohne weiteres mit bloßem Auge zu beobachten.
Elf Tage nach Erreichen ihrer maximalen Helligkeit konnten Astronomen die
Entstehung von Staub um das Objekt verfolgen. Staub registrierten sie auch noch
für mehr als 200 weitere Tage bis in den Herbst des vergangenen Jahres hinein.
Mit dem Very Large Telescope Interferometer (VLTI) verfolgten die
Wissenschaftler die Ausdehnung des Staubs für mehr als fünf Monate.
Zunächst nutzten sie das Instrument AMBER, das im nahen Infraroten arbeitet
und wechselten dann zu MIDI, das empfindlich für Strahlung im mittleren
Infrarotbereich und deswegen besser für die Beobachtung von heißem Staub
geeignet ist. Als die Nova immer schwächer wurde, nutzten die Astronomen
schließlich statt der zwei 1,8 Meter Hilfsteleskope die 8,2-Meter Hauptteleskope
des VLT. Durch das Zusammenschalten von zwei Teleskopen können die Forscher eine
Auflösung erreichen, die ansonsten nur mit Instrumenten mit einer Durchmesser
von 35 bzw. 71 Metern erreichbar gewesen wäre - entsprechend des Abstandes der
verwendeten zwei Teleskope.
"Es ist das erste Mal, dass so eine Hülle aus Staub um einen Stern räumlich
aufgelöst wurde und wir seine Entwicklung von Beginn der Nova bis zu dem
Zeitpunkt beobachten konnten, zu dem sie so dünn wurde, dass sie nicht mehr zu
erkennen war", erläutert Dipankar Banerjee, einer der beteiligten
Wissenschaftler und Mit-Autor einer jetzt erschienenen Veröffentlichung in der
Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics. Die Staubhülle dehnte sich,
nach Berechnungen der Forscher, mit einer Geschwindigkeit von bis zu zwei
Millionen Kilometer pro Stunde aus.
Aus Geschwindigkeit und Ausdehnung am Himmel konnte das Team auch die
Entfernung der Nova unabhängig bestimmen: Sie lag 5.500 Lichtjahre von der Erde
entfernt. "Das ist eine neue und vielversprechende Methode, um die Entfernungen
zu nahen Novae zu messen", so Markus Wittkowski von der ESO.
Dank der exzellenten Beobachtungsmöglichkeiten am VLT gelang es den
Astronomen sogar, die Gesamtmasse des ins All geschleuderten Materials
abzuschätzen: "Insgesamt hat V1280 Sco vermutlich Material entsprechend 33
Erdmassen ins All geschleudert", so Hauptautor Oliver Chesneau vom
Observatoire de La Côte d'Azur. "Das ist schon beeindruckend, wenn man
bedenkt, dass der Stern vermutlich keinen größeren Durchmesser als unsere Erde
hat."
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