Die übersehene
Nova
von Stefan Deiters astronews.com
21. Juli 2008
Mithilfe des europäischen Röntgenteleskops XMM-Newton
haben Astronomen eine Sternexplosion entdeckt, die man eigentlich von der Erde
aus mit bloßem Auge hätte beobachten können müssen. Doch aufgefallen ist diese
Explosion im Juni 2007 niemandem. Dabei handelte es sich um eine der hellsten
Nova-Explosionen der vergangenen zehn Jahre.

Die Nova V598 Puppis. Die Konturen der
Röntgendaten von XMM-Newton wurden hier über
Bilder des SuperCOSMOS Sky Surveys (SSS) des
Royal Observatory in Edinburgh gelegt.
Bild: ESA / XMM-Newton / EPIC
(Konturen, aus A. Read et al.); SSS
(Hintergrund) |
Am 9. Oktober 2007 war das europäische Röntgenteleskop
XMM-Newton gerade dabei, von einem Beobachtungsziel zum nächsten zu
schwenken. Dabei geriet eine überraschend helle Röntgenquelle in das Blickfeld
des Weltraumteleskops, die in keinem entsprechenden Katalog verzeichnet war. Das
einzig bekannte Objekt in dieser Region des Himmels war ein leuchtschwacher
Stern mit der Katalognummer USNO-A2.0 0450-03360039. Andy Read von der
University of Leicester und Richard Saxton vom European Space Astronomy
Centre (ESAC) der ESA in Spanien informierten sofort Kollegen in aller Welt
über die Entdeckung.
Mit dem 6,5-Meter Magellan-Teleskop in Chile stellten Astronomen schließlich
fest, dass USNO-A2.0 0450-03360039 seine Leuchtkraft um das 600-fache vergrößert
hatte. Durch eine detaillierte Analyse schlossen sie, dass XMM-Newton
wohl Zeuge einer Nova-Explosion geworden war. Novae entstehen, wenn ein Weißer
Zwerg, also ein ausgebrannter Sternenrest, von einem Begleiter umrundet wird,
von dem der Zwerg ständig Materie aufnimmt. Das Gas sammelt sich auf der
Oberfläche des Weißen Zwergs bis es irgendwann zu einer Explosion kommt - einer
sogenannten Nova.
Doch die Sache hat eine Haken: Durch die Explosion entsteht nicht sofort
beobachtbare Röntgenstrahlung, da die Explosionswolke diese Strahlung zunächst
verdeckt. Erst wenn sich der Staub etwas gelegt hat, leuchtet die Nova im
Röntgenlicht. Das bedeutet aber, dass XMM-Newton den Stern eine gewisse
Zeit nach der Explosion beobachtet hat und die eigentliche Explosion sich viele
Tage früher ereignete - nur hatte diese niemand gesehen.
Normalerweise beschäftigen sich eine ganze Reihe von Amateurastronomen und
professionellen Astronomen damit, den Himmel regelmäßig nach
Helligkeitsveränderungen abzusuchen und dadurch Novae aufzuspüren. Diese aber
blieb unentdeckt. Allerdings nicht ganz: Saxton kontaktierte das Team eines
robotergesteuerten Himmelsbeobachtungsprojektes und bat sie, ihre Daten auf eine
Nova hin zu überprüfen. Sie wurden fündig: Die Nova hatte sich am 5. Juni 2007
ereignet. "Jeder, der in dieser Nacht den Himmel im Bereich des südlichen
Sternbilds Achterdeck des Schiffs beobachtet hat, muss die Nova gesehen haben",
so Saxton.
Die Nova hat inzwischen offiziell den Namen V598 Puppis erhalten und gehört
sogar mit zu den hellsten Novae der vergangenen zehn Jahre. Nach ihrer
Entdeckung liefen auf der ganzen Welt Beobachtungsprogramme an: "Plötzlich
wurden überall Daten über diesen Stern gesammelt. Was solche veränderlichen
Ereignisse angeht, ist die Arbeit von Amateurastronomen mindestens genauso
wichtig wie die von professionellen Astronomen", so Read.
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