Zweithellster Stern
der Milchstraße entdeckt?
von Stefan Deiters astronews.com
16. Juli 2008
Astronomen haben einen Stern aufgespürt, der Eta Carinae,
dem leuchtkräftigsten Stern der Milchstraße, Konkurrenz machen könnte:
Im staubigen Zentrum unserer Galaxie entdeckten die Wissenschaftler mithilfe
des Weltraumteleskops Spitzer einen Stern, der etwa 3,2 Millionen Mal
stärker strahlt
als die Sonne. Und vielleicht leuchtet er sogar noch heller.
Der Pfingstrosennebel-Stern ist vielleicht der
zweithellste Stern der Milchstraße. Bild:
NASA / JPL-Caltech / Universität Potsdam [Groß-
und Übersichtsdarstellung] |
Bislang gehört der Titel des hellsten Sterns der Milchstraße
unbestritten der Mega-Sonne Eta Carinae, die es auf eine Leuchtkraft bringt, die
die der Sonne um das 4,7 Millionen-fache übersteigt. Der jetzt in einem Nebel im
galaktischen Zentrum entdeckte Stern bringt es zwar vermutlich nur auf die 3,2
Millionen-fache Sonnenleuchtkraft, allerdings, so die Astronomen, sei es sehr
schwer, die Helligkeit dieser Sonnen sicher abzuschätzen, so dass die
Neuentdeckung durchaus eine ähnlich hohe Leuchtkraft wie Eta Carinae haben könnte.
Die Astronomen gaben dem neuen Superstern den Namen "Peony Nebula Star", da
er sich in einem Nebel befindet, den die Forscher "Peony Nebula", also
Pfingstrosennebel, getauft haben. "Das ist schon ein faszinierendes Objekt",
meint Lidia Oskinova von der Universität in Potsdam. "Wir haben es vermutlich
mit dem zweithellsten Stern der Galaxie zu tun und er liegt tief im Zentrum der
Milchstraße. Möglicherweise gibt es noch weitere ähnlich helle oder gar hellere
Sterne, die wir allerdings nicht beobachten können." Oskinova hat die
Forschungsarbeiten über den Pfingstrosennebel-Stern geleitet und ist auch
Co-Autorin eines Fachartikels über den Fund, der demnächst in der Zeitschrift
Astronomy & Astrophysics erscheinen soll.
Der Pfingstrosennebel-Stern war den Astronomen schon längere Zeit bekannt. Da
er sich aber im staubigen Zentrum unserer Galaxie befindet, hatte man bislang
keine Vorstellung von seiner extremen Helligkeit. Diese kam erst dank Spitzers
Infrarotblick und ergänzender Untersuchungen mit dem New Technology Telescope
der ESO ans Licht. "Die Infrarot-Astronomie eröffnet einen ganz neuen Blick auf
die Gegebenheiten im Zentrum unserer Galaxie", so Oskinova.
Die hellsten Sterne der Milchstraße sind auch gleichzeitig die
massereichsten. Die Forscher schätzen, dass der Pfingstrosennebel-Stern bei
seiner Geburt eine Masse hatte, die die unserer Sonne um das 150- 200-fache
übersteigt. Solche massereichen Sterne stellen die Astronomen immer noch vor
Rätsel, da bei Massen dieser Größenordnung, die etablierten Modelle der
Sternentstehung eigentlich vorhersagen, dass die Mega-Sterne auseinanderbrechen und Doppel-
oder gar Mehrfachsysteme entstehen müssten.
Der Pfingstrosennebel-Stern muss auch gewaltige Ausmaße haben: Er ist ein
sogenannter Wolf-Rayet-Stern mit dem Hundertfachen Durchmesser unserer Sonne.
Dabei hat der Stern äußerste Schwierigkeiten, seine ungeheure Masse zusammenzuhalten und stößt große Mengen an Material in seine Umgebung ab. Diese
starken stellaren Winde werden durch die intensive Strahlung des Sterns auf
Geschwindigkeiten von bis zu 1,6 Millionen Kilometer pro Stunde beschleunigt.
Das Schicksal des Pfingstrosennebel-Sterns, so die Astronomen, ist sicher: Er
wird sein kurzes Leben in einer gewaltigen Supernova-Explosion beenden. Lange,
so glauben Oskinova und ihre Kollegen, kann es nicht mehr dauern. Der Stern sei
eigentlich reif für eine Explosion. Und die erwarten die Forscher irgendwann in
astronomisch nächster Zeit - schon morgen oder auch erst in einer Million Jahren. "Wenn
der Stern explodiert", erläutert Oskinova, "wird er alles in seiner Umgebung -
auch Planeten - pulverisieren. Doch in größerer Entfernung könnte die Explosion
auch für die Entstehung neuer Sterne sorgen."
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