Der größte
Einschlagkrater im Sonnensystem
von Stefan Deiters astronews.com
26. Juni 2008
Dank einer genauen Analyse von Daten der NASA-Sonden
Mars Reconnaissance Orbiter und Mars Global Surveyor könnten
Wissenschaftler auf dem Roten Planeten jetzt den vermutlich größten
Einschlagkrater im Sonnensystem entdeckt haben. Der Fund würde erklären helfen,
warum sich Nord- und Südhalbkugel des Mars so dramatisch unterscheiden.
Mit
Daten des Mars Reconnaissance Orbiter entdeckten
Forscher einen riesigen Einschlagkrater.
Foto: NASA
/JPL |
Dank der Daten der beiden NASA-Marssonden Mars Reconnaissance
Orbiter und Mars Global Surveyor liegen den Wissenschaftler
detaillierte Informationen über das Höhenprofil sowie das Schwerefeld der Nord-
und Südhalbkugel des Mars vor. Eine neue, auf diesem Datenmaterial beruhende
Studie, könnte nun helfen, eines der größten Rätsel im Sonnensystem zu lösen:
Warum gibt es so dramatische Unterschiede zwischen der Nord- und Südhalbkugel
des Mars. Während die Nordhalbkugel hauptsächlich aus flachen, sand- und
staubbedeckten Ebenen besteht, finden sich auf der durchschnittlich sechs
Kilometer höher liegenden Südhalbkugel zahlreiche Einschlagkrater.
Diese sogenannte "Dichotomie", also Zweiteilung, des Mars hat Wissenschaftler
seit ihrer Entdeckung durch die ersten Marssonden in den 1970er Jahren
fasziniert. Über ihre Ursache wird seitdem spekuliert. Manche vermuten einen
riesigen Einschlag in der Frühzeit des Mars, andere glauben eher an eine
Verbindung mit anderen internen Prozessen. Die 1984 aufgekommene Idee, dass ein
Einschlag die Ursache für die Zweiteilung sein könnte, konnte sich bislang nicht
durchsetzen, da man keine Geländestrukturen gefunden hatte, die wie ein
Einschlagkrater aussehen.
Doch das könnte sich dank der neuen Daten nun geändert haben: "Wir haben zwar
die Einschlagthese nicht bewiesen, aber ich denke, dass das Pendel nun deutlich
in diese Richtung ausschlägt", meint Jeffrey Andrews-Hanna, vom
Massachusetts Institute of Technology im amerikanischen Cambridge. Der
Wissenschaftler hat zusammen mit Kollegen seine Ergebnisse in der aktuellen
Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature veröffentlicht.
Die Arbeit der Forscher dreht sich um eine gewaltige Tiefebene auf der
Nordhalbkugel des Mars, die etwa 40 Prozent der Marsoberfläche ausmacht und
zuweilen Vastitas Borealis genannt wird. Hier landete auch die Marssonde
Phoenix. Die Theorie von Andrews-Hanna und seinen Kollegen: Vastitas
Borealis ist der Überrest eines gewaltigen Einschlags in der Frühgeschichte des
Mars. Mit einer Breite von über 8.000 Kilometern und einer Länge von mehr als
10.000 Kilometern wäre der Krater deutlich größer als der bislang größte
Einschlagkrater auf dem roten Planeten, das Hellas-Becken. In einer begleitenden
Studie wird berechnet, dass das Objekt, das vor Urzeiten auf dem Mars einschlug,
größer gewesen sein muss als der Zwergplanet Pluto, der einen Durchmesser von
fast 2.400 Kilometern hat.
"Das ist schon ein eindrucksvolles Ergebnis, das nicht nur Auswirkungen auf
die Erforschung der frühen Marsgeschichte hat, sondern auch für die frühe
Entwicklung der Erde interessant ist", urteilt Michael Meyer der am
NASA-Hauptquartier für die Marsforschung verantwortlich ist.
Der jetzt aufgespürte vermutliche Einschlagkrater ist nicht kreisförmig,
sondern elliptisch, eine Form, die aber auch von anderen Einschlagkratern im
Sonnensystem bekannt ist. Die elliptische Form von Vastitats Borealis
nachzuweisen, erwies sich allerdings als äußerst schwierig: An der einen Seite
des Beckens hatten sich nämlich nach dem Einschlag, der vor mindestens 3,9
Milliarden Jahren stattfand, riesige Vulkane gebildet, die den Verlauf des
Kraterrandes verschleiert haben - die sogenannte Tharsis-Region. Erst die
Schwerefeld-Daten und die detaillierte Höhenkarte machten den ursprünglichen
Verlauf des Kraters vor den Vulkanausbrüchen sichtbar.
Die Wissenschaftler glauben noch einen zweiten Hinweis auf einen Einschlag
gefunden zu haben: Zusätzlich zum elliptischen Becken haben sie in den Daten auch Hinweise auf einen zweiten
äußeren Ring entdeckt, ein typisches Merkmal bei großen Einschlägen. Mit der
Entdeckung wird die Liste der gewaltigen Einschläge in der Frühzeit des
Sonnensystems um einen Eintrag größer: "Das junge Sonnensystem war für einen
Planeten schon ein sehr gefährlicher Ort", so Andrews-Hanna. "Aber ohne diese
Einschläge hätten wir heute nicht die Planeten, die wir kennen."
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