Neue Hinweise auf Aktivität des Schwarzen Lochs
von Stefan Deiters astronews.com
16. April 2008
Mit Hilfe von vier Röntgensatelliten hat eine Gruppe
japanischer Astronomen neue Hinweise darauf gefunden, dass vom zentralen
Schwarzen Loch unserer Milchstraße vor gerade einmal 300 Jahren ein gewaltiger
Ausbruch ausging. Der Entdeckung gelang durch die Beobachtung von sogenannten
Lichtechos des Ausbruchs.
Chandra-Aufnahme des Zentrums der Milchstraße.
Die Position des Schwarzen Lochs Sagittarius A*
ist markiert.
Bild: NASA / CXC / MIT /
Frederick K. Baganoff et al. |
Schon lange stellen sich Astronomen eine Frage: Warum ist das zentrale
Schwarze Loch der Milchstraße so ruhig? Es verfügt immerhin über eine Masse von
etwa vier Millionen Sonnenmassen. Doch Beobachtungen der Umgebung des Schwarzen
Lochs, das die Wissenschaftler unter der Bezeichnung Sagittarius A* führen,
haben ergeben, dass die Energie, die aus seiner Umgebung abgestrahlt wird,
Milliarden-fach geringer ist, als die Strahlung, die von zentralen Schwarzen
Löchern anderer Galaxien ausgeht.
"Wir haben uns gewundert, warum das Schwarze Loch der Milchstraße so etwas
wie ein schlafender Riese zu sein scheint", erläutert Tatsuya Inui von der
Universität im japanischen Kyoto, der die Forschergruppe leitete. "Aber nun
merken wir, dass das Schwarze Loch früher deutlich aktiver war. Vielleicht ruht
es sich aber nach einem großen Ausbruch nur ein wenig aus."
Die Untersuchung der Astronomen, die in den Publications of the Astronomical
Society of Japan erscheinen wird, verwendet Daten der japanischen
Röntgensatelliten Suzaku und ASCA sowie des NASA-Satelliten
Chandra und des
europäischen Satelliten XMM-Newton.
Auf den Beobachtungen aus den Jahren 1994 bis 2005 konnten die Forscher
verfolgen, wie eine Wolke in der Nähe des zentralen Schwarzen Lochs im
Röntgenlicht heller und dann schnell wieder leuchtschwächer wurde. Als Ursache
vermuten die Wissenschaftler Röntgenpulse, die aus unmittelbarer Umgebung des
Schwarzen Lochs stammen. Die Röntgenstrahlung aus dieser Region entsteht durch heißes Gas, das sich beim Hineinspiralen in das
Schwarze Loch extrem aufheizt.
Die Röntgenpulse benötigen rund 300 Jahre um vom Schwarzen Loch zur beobachteten
Wolke zu gelangen, die den Namen Sagittarius B2 trägt. Die Wolke selbst hat nur
einen Durchmesser von etwa zehn Lichtjahren und zeigte innerhalb von fünf Jahren
dramatische Helligkeitsschwankungen. Durch Beobachtung von bestimmten
Spektrallinien konnten die Astronomen sicher stellen, dass die Ursache der
Helligkeitsschwankungen tatsächlich Röntgenpulse vom Schwarzen Loch waren und es
sich hier also um ein sogenanntes Lichtecho handelte.
"Durch die Beobachtung wie diese Wolke sich aufhellte und wieder dunkler
wurde, konnten wir die Aktivität des Schwarzen Lochs vor 300 Jahren
rekonstruieren", erklärt Teammitglied Katsuji Koyama. "Das Schwarze Loch war
etwa eine Millionen Mal heller vor 300 Jahren. Es muss einen gewaltigen Ausbruch
gegeben haben."
Das Zentrum der Milchstraße ist rund 26.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Wieso es vor 300 Jahren zu einem Ausbruch kam, wissen die Astronomen noch nicht.
Eine Möglichkeit wäre, dass durch eine Supernova eine große Menge an Gas in das
Schwarze Loch gelenkt wurde. Schon 2005 hatten europäische Astronomen nach
Beobachtungen von Sagittarius B2 mit dem Gammastrahlen-Observatorium Integral
die Vermutung geäußert, dass es vor etwa mehr als 300 Jahren ein Ausbruch des
zentralen Schwarzen Lochs gegeben haben muss (astronews.com berichtete).
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