Explodierende Weiße Zwerge als Indiz?
von Stefan Deiters astronews.com
1. Februar 2008
Existieren Schwarze Löcher mit einer Masse von vielleicht
Tausend Sonnenmassen? Hinweise darauf gibt es, doch der Beweis für ihre Existenz
steht noch aus. Jetzt schlagen Astronomen vor, nach einer besonderen Art von
Supernova-Explosion zu suchen, zu der es kommen sollte, wenn ein Weißer
Zwergstern einem solchen Schwarzen Loch zu nahe kommt.

Ausschnitte aus der Simulation der Astronomen: Der Weiße Zwerg
wird durch das Schwarze Loch stark verformt (oben links),
wodurch er explodiert. Die eine Hälfte des Material entkommet in
einer Explosionswolke ins All, der Rest sammelt sich in einer
dicken Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch (unten).
Bild: University of
California in Santa Cruz / S. Rosswog et al.
|
"Unsere Rechnungen auf einem Supercomputer zeigen, dass es
eine ganz besondere Supernova-Explosion geben würde, die ein eindeutiger Beweis
für die Existenz eines Schwarzen Lochs der Mittelklasse wäre", erläutert Enrico
Ramirez-Ruiz von der University of California in Santa Cruz.
Ramirez-Ruiz hat zusammen mit seinem Kollegen Stephan Rosswog von der Jacobs
Universität in Bremen und William Hix vom Oak Ridge National Laboratory
umfangreiche Computersimulationen durchgeführt, die detailliert zeigen, was
passiert, wenn ein Weißer Zwerg einem Schwarzen Loch der Mittelklasse zu nahe
kommt. Ihre Arbeit wurde inzwischen für die Fachzeitschrift Astrophysical
Journal Letters zur Veröffentlichung akzeptiert.
"Jeder Stern der nicht zu massereich ist, endet irgendwann einmal als Weißer
Zwerg. Weiße Zwerge sind also recht häufig. Wir haben uns daher dafür interessiert, ob es
möglich ist, dass ein Weißer Zwerg von den Gezeitenkräften eines Schwarzen Lochs
quasi zu neuem Leben erweckt werden kann", erläutert Rosswog, der Hauptautor des
Fachartikels.
Weiße Zwerge können als Supernova vom Typ Ia explodieren, wenn sie Teil eines
Doppelsternsystems sind: Dabei nehmen sie von einem Begleitstern so viel
Material auf, dass sie schließlich kollabieren und explodieren. Dieser Typ von
Supernova-Explosion ist eine beliebte sogenannte Standardkerze, weil man
annimmt, den Helligkeitsverlauf dieser Explosion genau zu kennen. Entdeckt man
also in einer fernen Galaxie eine Supernova vom Typ Ia sollte man deren
Entfernung recht zuverlässig bestimmen können.
Rosswog und seine Kollegen beschreiben in ihrer Arbeit nun einen neuen Weg,
wie ein Weißer Zwergstern zur Explosion gebracht werden kann. Kommt der
ausgebrannte Sternenrest dem Schwarzen Loch zu nahe, wird er durch die enorme
Schwerkraft des Schwarzen Loches entlang seines Orbits um das Schwarze Loch
gestreckt und zu einem Pfannkuchen-ähnlichen Gebilde komprimiert. Durch den
enormen Druck wird die Temperatur in dem Weißen Zwerg so hoch, dass eine
explosive Verbrennung beginnt.
Die Hälfte des Weißen Zwergs, so ergaben die Modelle der Wissenschaftler,
wird dabei ins All geschleudert, die andere Hälfte wird vom Schwarzen Loch
verschlungen. Bevor jedoch das Material im der Schwerkraftfalle verschwindet,
sammelt es sich in einer Scheibe um das Schwarze Loch und sendet Röntgenstrahlen
aus. Diese müsste man beispielsweise mit dem Röntgenteleskop Chandra beobachten
können.
"Dieser neue Mechanismus, um einen Weißen Zwerg zu zünden, führt zu einer
ganz besonderen Art von Supernova, die sich deutlich von denen vom Typ Ia
unterscheidet", erklärt Ramirez-Ruiz. "Nach der Supernova müsste man zudem eine
Röntgenquelle entdecken können."
Diese Art von Supernova, so die Forscher, sollte rund Hundert Mal
seltener sein als Supenovae vom Typ Ia, sich aber mit großangelegten
Himmelsdurchmusterungen, mit denen gezielt nach Supernova-Explosionen gesucht
wird, durchaus entdecken lassen. Die Astronomen hoffen auf das Large
Synoptic Survey Telescope (LSST), das im kommenden Jahrzehnt jedes
Jahr viele Tausend Supernovae aufspüren dürfte."Diese exotischen Supernovae werden wir in den Daten des LSST finden", ist
Ramirez-Ruiz überzeugt. "Wir wollen noch genaue Lichtkurven berechnen, so dass
wir später gezielt in den Daten danach suchen können."
Der von Rosswog und
seinen Kollegen beschriebene Mechanismus verlangt allerdings ein Schwarzes Loch
mittlerer Größe. Für die Existenz dieser Mittelklasse-Schwarzen Löcher gibt es,
anders als für die stellaren oder die supermassereichen Schwarzen Löchern, noch
keine eindeutigen Belege. Sie sollten im Massenbereich von der 500- bis
1.000-fachen Masse unserer Sonne liegen und werden beispielsweise in
Kugelsternhaufen vermutet. Die Entdeckung der jetzt postulierten
Supernova-Explosionen wären somit auch ein weiteres Indiz für die Existenz
dieser Schwarzen Löcher.
|