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Zurück zum ersten Teil: Gelungener Vorüberflug
Auf den Bildern, die mit dem Mercury Dual Imaging System (MDIS) aufgenommen wurden, fallen die unzähligen Einschlagkrater auf, die zunächst an die Rückseite des Mondes erinnern. Wegen der viel größeren Anziehungskraft des Merkur sind die Muster, die das von den Einschlägen ausgeworfene Material in der Umgebung der Krater hinterlässt, aber anders als auf dem Mond. Dies erschwert die Bestimmung des Alters der Oberfläche, die durch die statistische Auswertung der Häufigkeit von Kratern unterschiedlicher Größe ermittelt werden. Als gesichert kann gelten, dass die meisten Strukturen auf dem Merkur älter als drei Milliarden Jahre sind. Wie alle anderen Planeten auch, bildete sich der Merkur vor etwa 4,5 Milliarden Jahren. Mit Messenger konnte nun erstmals ein vollständiger Blick auf das Caloris-Einschlagbecken geworfen werden, von dem erst eine Hälfte bekannt war. Es zeigte sich, dass sein Durchmesser mit 1.550 Kilometern deutlich - etwa ein Fünftel - größer ist, als bislang angenommen. Das Caloris-Becken entstand vor mehreren Milliarden Jahren durch den Aufprall eines Asteroiden. Auffallend ist, dass das Innere von Caloris – ganz anders als die von Kratern zernarbte Umgebung des Beckens – eine relativ glatte Oberfläche hat, und diese Ebenen zudem heller sind, als die Strukturen der Umgebung. Das ist ein großer Unterschied zum Mond, auf dem die großen Einschlagbecken von dunklerem Gestein, nämlich silikatarmer Basalt-Lava, aufgefüllt wurden. Die Geologen im Messenger-Team haben zwei Vermutungen: Zum einen könnte es sein, dass Material aus großer Tiefe durch die große Energie beim Einschlag aufgeschmolzen wurde. Dieser See aus so genannter Impaktschmelze füllte den Boden des jungen Kraters an und erstarrte dann zu Gestein. Oder es handelt sich, wie auch vielfach auf dem Mond zu beobachten, um vulkanische Ablagerungen, deren Mineralogie sich von den Laven auf dem Erdbegleiter aber unterscheiden könnte. Im Gegensatz zum Mond hat der Merkur riesige Klippen und Geländekanten, die sich über Hunderte von Kilometern über die Oberfläche erstrecken. Sie sind die Überbleibsel von tektonischen Prozessen, von Druckspannungen in der Kruste des Merkur. Möglicherweise entstanden diese Bergrücken durch die Abkühlung und die dadurch erfolgte Schrumpfung des einst glühend heißen Planeten – vergleichbar ein wenig den Runzeln, die bei der Trocknung von Weintrauben zu Rosinen entstehen. Das DLR konzentriert sich bei der Auswertung der Messenger-Daten unter anderem auf die Kartierung der Oberfläche und die Bestimmung geodätischer Parameter des Planeten, also die Vermessung der genauen Gestalt des Planetenkörpers und seiner Rotationsachse. Mit den Bildern des Vorbeiflugs können die bisher vorhandenen Daten der Mariner 10-Mission überprüft werden. Der Merkur wurde bisher vereinfacht als kugelförmig betrachtet, mit einer Rotationsachse, die senkrecht zu seiner Bahnebene orientiert ist. Ein wichtiges Verfahren bei der Größenbestimmung ist die Vermessung des Planetenrands gegen den schwarzen Hintergrund des Weltalls, da hiermit die Krümmung der Planetenscheibe und damit der Planetenradius sehr genau bestimmt werden können. "Für den exakten Durchmesser besteht eine Unsicherheit von mehr als einem Kilometer. Nun können wir die genaue Größe des Planeten, sowie die Lage seiner Rotationsachse im Raum verifizieren", erklärt Oberst. Neben der Orientierung der Rotationsachse sind Schwankungen in der Rotationsrate, so genannte "Librationen", für Planetenphysiker von besonderem Interesse, da diese Aufschluss über den inneren Aufbau des Planeten – ob fest oder in wie weit flüssig – liefern können. Vor der Auswertung der neuen Beobachtungen sollen zunächst Vermessungen von Sternaufnahmen erfolgen, um die Kamera an Bord der Sonde geometrisch zu eichen, das heißt die Brennweite und verzerrenden Eigenschaften der Kameraoptik zu bestimmen, um damit genaue Messungen sicherzustellen. Erstmalig kam während des Vorbeiflugs das Laser-Höhemessgerät von Messenger in seiner eigentlichen Aufgabe zum Einsatz. Beim Vorbeiflug wurden erfolgreich Abstandsmessungen zum Boden durchgeführt, die ein rund 2.000 Kilometer langes Höhenprofil entlang der Flugbahn der Sonde bilden. Während das Gerät erst nach dem Einschwenken in die Umlaufbahn mit systematischen Beobachtungen der Oberflächentopographie beginnen wird, so können aus diesen ersten Messungen die reflektierenden Eigenschaften der Merkuroberfläche bestimmt werden. Die Kenntnis der Oberflächeneigenschaften ist entscheidend für die Abschätzung der Leistungsmerkmale des Altimeter-Experiments während der Orbitphase. "Dieser erste Merkurvorbeiflug von Messenger bescherte uns nicht nur eine Goldmine an wertvollen Daten, sondern war auch aus Sicht der Missionskontrolle ein voller Erfolg", resümiert Professor Sean Solomon von der Carnegie Institution in Washington, der wissenschaftliche Leiter der Mission. "Denn der anvisierte Punkt des Überflugs wurde ganz genau getroffen, so dass sich die Sonde nun auf einer perfekten Bahn um die Sonne befindet und dann der geplante zweite Vorbeiflug im Oktober dieses Jahres erfolgen kann." Nach einem dritten Nahvorbeiflug im September 2009 wird Messenger dann 2011 fast die gleiche Bahn wie der Merkur um die Sonne beschreiben und schließlich nach insgesamt fast acht Milliarden Flugkilometern in eine Umlaufbahn um den Merkur einschwenken. Die Sonde wurde vom Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University im US-Bundesstaat Maryland gebaut, wo auch die Missionskontrolle und der Großteil der Datenauswertung erfolgen. Wegen seiner Nähe zur Sonne und ihrer großen Anziehungskraft ist der Merkur für Raumschiffe extrem schwer zu erreichen. So musste auch Messenger seit dem Start am 3. August 2004 zunächst auf einer komplexen, spiralförmigen Flugbahn über dreieinhalb Milliarden Kilometer im inneren Sonnensystem zurücklegen, ehe die erste Begegnung mit dem kleinsten der acht Planeten möglich war. Eine zusätzliche Herausforderung stellt der Schutz der empfindlichen Instrumente und Komponenten des Satellitensystems vor der großen Wärmestrahlung in fünfzig bis sechzig Millionen Kilometern Entfernung zur Sonne dar.
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