Fast wie zu Hause
von Stefan Deiters astronews.com
22. Januar 2008
Wäre die Erde auch nur ein wenig kleiner und hätte eine
etwas geringere Masse, würde es auf ihr vermutlich keine Plattentektonik und
damit eventuell auch kein Leben geben. Zu diesem Ergebnis kamen jetzt
amerikanische Astronomen. Ihre Schlussfolgerung für die Suche nach anderen
bewohnbaren Planeten im All: Auf Super-Erden könnte man sich durchaus zu Hause
fühlen.
Auf einer Super-Erde könnte man sich nach
Ansicht von Wissenschaftlern durchaus zu Hause
fühlen. Bild:
David A. Aguilar (Harvard-Smithsonian CfA) |
"Plattentektonik ist für Leben wie wir es kennen entscheidend", meint Diana
Valencia von der amerikanischen Harvard University. "Unsere
Berechnungen zeigen, dass bei der Lebensfreundlichkeit von terrestrischen
Planeten der Satz gilt: Größer ist besser." Plattentektonik ist die langsame
Bewegung großer Landmassen auf der Oberfläche eines Planeten. Auf der Erde
sorgten zusammenstoßende Kontinentalplatten für das Auftürmen von riesigen
Gebirgen wie beispielsweise dem Himalaya. Die Platten bewegen sich auf flüssigem
Magma im Erdinneren.
Für die Bewohnbarkeit von Planeten ist Plattentektonik nach Ansicht der
Wissenschaftler deswegen so wichtig, weil sie verschiedene komplexe chemische
Reaktionen ermöglicht und einen globalen Recycling-Kreislauf in Gang hält. So
wird beispielsweise das Kohlendioxid, das in der Atmosphäre für angenehme
Temperaturen sorgt, zuweilen in Gestein eingeschlossen. Es wird aber wieder
frei, wenn dieses Gestein schmilzt. Das Kohlendioxid gelangt dann bei
Vulkanausbrüchen oder durch Spalten in der Tiefsee wieder in die Atmosphäre.
"Recycling ist sehr wichtig, auch in planetaren Dimensionen", so Valencia.
Die Wissenschaftlerin hat zusammen mit Kollegen untersucht, welchen Einfluss
die Größe eines terrestrischen Planeten auf dessen Plattentektonik hat. Unter
terrestrischen Planeten verstehen Astronomen Welten wie Mars, Erde oder Venus,
die im Gegensatz zu den Gasriesen wie Jupiter und Saturn hauptsächlich aus
Gesteinen bestehen. Insbesondere interessierte sich Valencia für sogenannte
Super-Erden, also terrestrische Planeten mit der zwei- bis zehnfachen Masse
unserer Erde. Noch massereichere Planeten würden vermutlich eher zu Gasriesen
werden.
Super-Erden, so das Resultat des Teams, sind geologisch aktiver als unser
Heimatplanet und verfügen wegen ihrer dünneren Kontinentalplatten über eine
stärkere Plattentektonik. Unsere Erde, so die Erkenntnis der Forscher, liegt mit
ihrer Größe gerade an der Grenze, ab der Plattentektonik möglich ist. Unser
Nachbarplanet Venus, nur wenig kleiner, verfügt über keine Plattentektonik. "Es
ist vielleicht kein Zufall, dass die Erde der größte terrestrische Planet in
unserem Sonnensystem ist und auch der einzige, auf dem sich Leben entwickelt
hat", so Valenica.
Astronomen haben inzwischen schon fünf Super-Erden um andere Sonnen entdeckt,
doch war darunter bislang noch kein Exemplar, das in einem wirklich angenehmen
Temperaturbereich um seine Sonne kreiste. Wenn die Super-Erden allerdings so
häufig sind, wie sich nun andeutet, sollte es nur eine Frage der Zeit sein, bis
man auch eine Super-Erde findet, die sich im richtigen Abstand von ihrem
Zentralgestirn befindet.
Eine solche Super-Erde könnte nach Ansicht der Forscher zu einem Urlaubsort
der Zukunft werden: Eindrucksvolle Ketten von Vulkanen würden solch einen Planeten
überziehen und in Regionen, die an den amerikanischen Yellowstone-Nationalpark
erinnern, würden sich heiße Quellen und zahlreiche Geysire finden lassen.
Trotzdem sei eine erdähnliche Atmosphäre möglich, nur die Anziehungskraft des
Planeten könnte bis zu drei Mal größer sein als auf der Erde.
"Wenn Menschen eine solche Super-Erde besuchen, hätten sie wahrscheinlich
etwas öfter Rückenschmerzen", scherzt Team-Mitglied Dimitar Sasselov, Direktor
des Origins of Life- Programms der Harvard University. Doch
auch wenn die Super-Erde deutlich größer als unsere Heimat wäre, könnten sich
durchaus eine vertraute Geographie entwickeln: Durch die schnellere
Kontinentaldrift würden nicht höhere Berge entstehen als auf der Erde und auch
das Wetter könnte durchaus erdähnlich sein. "Die Landschaft wäre vertraut", so Sasselov. "Auf einer Super-Erde würde man sich wie zu Hause fühlen."
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