Ein Planet tatsächlich lebensfreundlich?
von Stefan Deiters astronews.com
13. Dezember 2007
Das Planetensystem um den roten Zwerg Gliese 581 geriet im
Frühjahr in die Schlagzeilen: War hier tatsächlich eine zweite Erde entdeckt
worden? Als sich der Presserummel gelegt hatte, wurde schnell klar, dass
zumindest Gliese 581c alles andere als eine lebensfreundliche Welt ist.
Besser könnte es da bei Gliese 581d aussehen, wie jetzt zwei unabhängige Studien
bestätigen.
So stellte man sich bei der ESO im April das Planetensystems um Gliese 581 mit den Planeten c (im
Vordergrund), b (neptunähnlich blau) und Gliese 581 d vor. Bild: ESO
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Im April schaffte es ein extrasolarer Planet mal wieder in die
Schlagzeilen: Um den 20 Lichtjahre entfernten roten Zwerg Gliese 581 kreiste ein
Planet, der mit etwa der fünffachen Masse der Erde schnell zur möglichen Oase für Leben im All
erklärt wurde. Als sich die von den PR-Strategen der
Institute sicherlich nicht unbewusst geschürte Aufregung etwas gelegt hatte,
sahen sich einige Forscher noch einmal die Faktenlage etwas genauer an und
mussten feststellen, dass der als "zweite Erde" gehandelte Planet, eher eine
Gluthölle als eine potentielle neue Heimat im All war.
Doch im Schatten der Entdeckung der "Super-Erde" Gliese 581c geriet die fast
zur gleichen Zeit erfolgte Entdeckung eines weiteren, etwa acht Erdmassen großen
Planeten um Gliese 581, etwas in Vergessenheit. Dabei könnte dieser Planet mit
Namen Gliese 581d viel eher lebensfreundliche Bedingungen bereitstellen als
sein Nachbar. Das zeigten jetzt auch zwei unabhängige Studien über die habitable Zone um Gliese 581, die die Fachzeitschrift Astronomy &
Astrophysics veröffentlicht.
Die beiden Arbeiten nehmen sich mit unterschiedlichen Ansätzen der Frage an,
ob die beiden "Super-Erden" in der sogenannten habitablen Zone von Gliese 581
liegen. Als "Super-Erde" bezeichnen die Astronomen zunächst einmal
publikumswirksam Planeten, bei denen es sich nicht um Gasplaneten handelt, die
aber deutlich massereicher als unsere Erde sind. Ob es sich dabei wirklich um
erdähnliche Welten handelt, ist aber alles andere als sicher. Eine habitable Zone
kennzeichnet den Bereich in einem Planetensystem, in dem die Planeten gerade so
weit von ihrer Sonne entfernt sind, dass flüssiges Wasser existieren kann.
Franck Selsis vom Laboratoire d'Astrophysique de Bordeaux und seine
Kollegen haben mit Hilfe von Computermodellen die Eigenschaften von
Planetenatmosphären im Gliese 581-System in unterschiedlicher Entfernung vom
Zentralstern berechnet. So wollten sie feststellen, in welchem Bereich es weder
zu heiß war, damit Wasser nicht verdampft und auch nicht zu kalt, damit durch
das Kohlendioxid noch einen hinreichend großer Treibhauseffekt ermöglicht wird,
der das Wasser über dem Gefrierpunkt hält.
Werner von Bloh, vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, sah sich mit
seinem Team einen noch engeren Bereich innerhalb der habitablen Zone an, in dem
Photosynthese wie auf der Erde möglich ist. Dazu modellierten die
Wissenschaftler verschiedene Kohlendioxid-Quellen und mögliche Wege, das Gas wieder
aus der Atmosphäre zu entfernen und suchten nach einem stabilen Gleichgewicht.
Die Ergebnisse der beiden Forschergruppen stimmen überein und bestätigen, den
schon im Juni geäußerten Verdacht, dass sich Gliese 581c zu dicht an seiner
Sonne befindet, um in der habitablen Zone zu liegen. Der Planet Gliese 581d
hingegen könnte sich in einer habitablen Zone befinden.
Eine zweite Erde ist aber auch Gleise 581d nicht: Die Bedingungen auf diesem
Planeten, so die Wissenschaftler, sind vermutlich so ungünstig, dass sich
komplexeres Leben hier wohl kaum bilden dürfte. Gliese 581d dreht sich - genau
wie unser Mond um unsere Erde - während eines Orbits exakt einmal um die eigene
Achse. Astronomen sprechen hierbei von einer gebundenen Rotation. Das bedeutet,
dass auf einer Seite des Planeten immer Tag, auf der anderen Seite immer Nacht
ist, was zu extremen Temperaturunterschieden zwischen den beiden Hälften führt.
Gliese 581d liegt zudem relativ weit am Rand der habitablen Zone von Gliese
581. Da sein Orbit vermutlich recht stark von einer Kreisbahn abweicht, könnte
der Planet auf seinem 83,6 Tage dauernden Umlauf um den Zentralstern die
habitable Zone sogar zeitweise verlassen.
Rote Zwerge, also Sterne mit weniger Masse als unsere Sonne, sind deswegen so
interessant, weil etwa 75 Prozent aller Sterne der Milchstraße zu diesem Typ
gehören. Sie sind äußerst langlebig und stabil. Lange Zeit hielt man sie
allerdings für relativ ungeeignet, um lebensfreundliche Planeten zu beherbergen
- etwa wegen der gebundenen Rotation der Planeten oder starker magnetischer
Aktivität dieser Sterne. Eine Ansicht, die sich allerdings in letzter Zeit
etwas gewandelt hat. Vor diesem Hintergrund ist der Fund eines möglicherweise
zumindest nicht ganz lebensfeindlichen Planeten um einen roten Zwerg ein wichtiger Schritt.
In einer dritten Studie wurde auch die Stabilität des Planetensystems um
Gliese 581 untersucht. Das System sollte demnach ähnlich stabil sein, wie unser
Sonnensystem, was auch für relativ stabile Klimabedingungen auf den Planeten
sprechen würde. Zukünftige Missionen werden die beiden Planeten im Gliese
581-System sicherlich gründlicher unter die Lupe nehmen, um mehr über die
Atmosphären der fernen Welten zu erfahren.
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