Das Geheimnis der kleinen Saturnmonde
von Stefan Deiters astronews.com
10. Dezember 2007
Das umfangreiche Datenmaterial, das die Saturnsonde Cassini
seit einigen Jahren aus dem Saturnsystem zur Erde sendet, hat Astronomen jetzt
geholfen, hinter das Geheimnis des Ursprungs der kleinen Saturnmonde zu kommen,
die den Saturn in der Nähe seiner äußeren Ringe umrunden. Sie sind vermutlich die
Überbleibsel eines größeren Brockens, der auch für die Existenz der Ringe selbst
verantwortlich sein dürfte.
Die Saturnmonde
Janus (oben) und Prometheus.
Foto:
NASA / JPL / Space Science Institute
Zwei Ansichten des Saturnmonds Atlas.
Foto:
NASA / JPL / Space Science Institute
Zwei Ansichten des Saturnmonds Pan.
Foto:
NASA / JPL / Space Science Institute |
Schon längere Zeit sind Astronomen der Ansicht, dass die Ringe des
Saturn das Ergebnis einer planetaren Katastrophe sind: Ein oder mehrere eisige
Brocken, vielleicht einst Monde des Saturn, wurden von einem Asteroiden
oder Kometen getroffen und brachen auseinander. Der Staub und Schutt dieses
Ereignisses sammelte sich in einer Scheibe um den Planeten und bildete die
Ringe. Größere Überreste kreisen noch heute als kleinere Monde um den Saturn.
Um diese These zu überprüfen, waren vor allem möglichst exakte Daten über die
in Frage kommenden Saturnmonde nötig. Und diese liegen nun dank Cassini
auch vor: Von 14 kleineren Saturnmonden sind inzwischen Größe und Aussehen bekannt, von der
Hälfte von diesen sogar Masse und Dichte. Die Forscherteams berichten über die
Ergebnisse, die auch neue Hinweise auf die Entstehungsgeschichte einiger Monde
enthalten, in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Science.
Verräterisch war für die Wissenschaftler die geringe Dichte der inneren
Saturnmonde, die etwa nur die Hälfte von dem Wert beträgt, den ein Körper gehabt
hätte, der aus reinem Wassereis besteht. Zusätzlich deutete ihr Aussehen darauf
hin, dass sie durch das Aufsammeln von Ringmaterial entstanden waren. Doch wie,
so fragten sich die Forscher, sollte dies an diesem Ort funktionieren? Die Monde
liegen immerhin entweder in oder in großer Nähe zu den Ringen.
"Wir glauben, dass der einzige Weg, auf dem die Monde ihre jetzige Größe
erreicht haben könnten - angesichts ihrer Lage im Ringsystem des Saturn - der ist,
dass es einen festen Kern gab, der die kleinen, sehr porösen Ringpartikel
angezogen und auch an sich gebunden hat", erläutert Carolyn Porco vom Cassini
Imaging Team am Space Science Institute in Boulder.
Sowohl relativ einfache Rechnungen als auch umfangreichere
Computersimulationen haben nach Angaben der Wissenschaftler ergeben, dass sich
Ringpartikel ohne weiteres an einen größeren Körper binden, der in etwa die
Dichte von Wassereis hat. Durch diese Vorgänge würde ein Mond selbst in
relativer Nähe zu Saturn wachsen können. Das Ergebnis sei ein Mond im Ringgebiet
des Saturn, der etwa die zwei- bis dreifache Größe seines Eiskerns
aufweist. Für einen Mond mit einem Durchmesser von 30 Kilometern würde man also einen Eiskern von etwa zehn Kilometern Durchmesser benötigen.
"Die Eiskerne", so erläutert Teammitglied Professor Derek Richardson von der
University of Maryland, "könnten tatsächlich von dem Ring-bildendenden Ereignis
stammen. Sie blieben aber die gesamte Zeit gut geschützt vor weiterem Auseinanderbrechen durch einen
Mantel aus Ringteilchen um sie herum." Wann die Ringe entstanden
sind, wissen die Astronomen allerdings nicht.
Doch wie erhielten Saturnmonde wie Pan und Atlas ihr seltsames Aussehen: Die
Monde haben einen ausgeprägten Wulst am Äquator. Die Wissenschaftler vermuten, dass
dafür eine zweite Wachstumsphase der Monde verantwortlich ist, die begann, als
die Ringe schon ihre jetzige Dicke von etwa 20 Metern erreicht hatten.
"Unsere Simulationen zeigen, dass diese Wulste sehr schnell zu einer Zeit
entstanden sind, in der die Ringe des Saturn schon sehr dünn waren und sich
kleine Akkretionsscheiben um den Äquator von Pan und Atlas gebildet hatten",
erklärt Sebastien Charnoz von der Universität Paris-Diderot und dem CEA Sacley. "Die
Wulste könnten also die Überbleibsel dieser Akkretionsscheiben sein."
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