Planetenentstehung in den Plejaden
von Stefan Deiters astronews.com
16. November 2007
Nach Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Spitzer
und dem Gemini-Teleskop auf Hawaii sind sich die Astronomen sicher:
Um einen Stern im Sternhaufen der Plejaden entstehen Planeten, die der Erde, dem
Mars oder der Venus ähneln könnten. Rund um den Stern, so die Forscher, muss es
zu einer gewaltigen Kollision von zwei Planeten oder Planetenembryos gekommen sein.

So stellt sich eine Künstlerin die Kollision
vor, die sich im System HD 23514 in den Plejaden
ereignet haben könnte.
Bild: Gemini Observatory/Lynette Cook

Die Plejaden.
Bild: Inseok Song/Digital Sky Survey [Großansicht] |
"Das ist der erste klare Beweis für Planetenentstehung in den Plejaden und
vielleicht sogar der erste direkte Hinweis aus Beobachtungen dafür, das
terrestrische Planeten wie es sie auch in unserem Sonnensystem gibt, relativ
häufig zu finden sind", erläutert Joseph Rhee, Wissenschaftler am der University of California in Los Angeles die Bedeutung des Funds. Er veröffentlichte darüber
zusammen mit Kollegen jetzt einen Beitrag in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal.
Als terrestrische Planteten bezeichnet man Planeten, die - im Gegensatz zu den
Gasplaneten - ähnlich aufgebaut sind wie Erde, Venus oder Mars. Sie müssen
allerdings nicht wirklich erdähnlich sein, also nicht über Wasser oder eine
Atmosphäre verfügen.
Die Plejaden sind wohl der bekannteste Sternhaufen überhaupt und liegen im
Sternbild Stier. Zur Zeit sind sie gut am Nachthimmel zu sehen und erinnern auf
den ersten Blick an den kleinen Wagen. Obwohl der Sternhaufen auch gerne
"Siebengestirn" genannt wird, besteht er in Wirklichkeit aus etwa 1.400 Sternen. Die Plejaden sind 400 Lichtjahre von
der Erde entfernt und damit einer der uns am nächsten gelegenen Sternhaufen.
Einer der Sterne in den Plejaden heißt HD 23514 und hat eine etwas
größere Masse und Leuchtkraft als unsere Sonne. Die Astronomen stellten fest,
dass dieser Stern von einer Unmenge an heißen Staubpartikeln umgeben ist,
"viele Hunderttausend Mal mehr Staub, als wir um unsere Sonne beobachten",
erläutert Benjamin Zuckerman, Astronomie-Professor an der University of
California in Los Angeles und auch an der Arbeit beteiligt. "Dieser Staub muss
das Überbleibsel einer gewaltigen Kollision sein, einer kosmischen Katastrophe."
Die Astronomen haben das Licht der unzähligen Staubteilchen gründlich analysiert
und sind der Überzeugung, dass die wahrscheinlichste Erklärung für das
Vorhandensein des Staubs eine Kollision zweier Planeten oder Planetenembryos
ist. "Während der Entstehung von terrestrischen Planeten kommt es immer wieder
zu Kollisionen. Manchmal ist das Ergebnis einer Kollision die Entstehung eines
großen Planeten, manchmal bleibt aber auch nur Staub zurück", erläutert
Teammitglied Inseok Song vom Spitzer Science Center des NASA. "Hier sehen wir
genau diesen Staub."
Für Song und Zuckerman ist es schon der zweite Stern, um den sie Hinweise auf
die Entstehung von terrestrischen Planeten entdecken. Mitte 2005 fanden sie
nämlich um den Stern BD +20 307 in 300 Lichtjahren Entfernung auch riesige
Staubmengen - eine Million Mal mehr Staub als in der Umgebung der Sonne
(astronews.com berichtete). Um noch weitere Sterne mit einer solchen Menge an
Staub aufzuspüren, durchsuchten die Forscher die öffentlich verfügbaren
Infrarot-Aufnahmen aus dem Archiv des Spitzer-Weltraumteleskop und wurden bald
beim Stern HD 23514 fündig. Um die Entdeckung zu bestätigen, nutzten sie dann
das Gemini Nord-Teleskop auf Hawaii für weitere Untersuchungen. "Die
Gemini und
Spitzer-Daten waren entscheidend dafür, dass wir die Menge und den genauen Ort
des Staubs ermitteln konnten", so Song.
Beide Sterne, um die die Wissenschaftler diese Staubmengen entdeckt haben,
sind im Vergleich zu unserer Sonne noch sehr jung: Sie sind lediglich 100 bzw.
400 Millionen Jahre alt. Unsere Sonne hat ein Alter von etwa 4,5 Milliarden
Jahren. Die Wissenschaftler vermuten, dass die
meisten jungen, sonnenähnlichen Sterne terrestrische Planeten durch wiederholte
Kollisionen bilden. Der Staub von diesen Ereignissen ist allerdings nur kurze
Zeit zu sehen - zur Zeit eben nur bei HD 23514 und BD +20 307.
"Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass terrestrische Planeten wie die in
unserem Sonnensystem möglicherweise recht häufig sind", so Zuckerman.
Die Kollision um den Stern in den Plejaden muss sich vor wenigen Hunderttausend
Jahren ereignet haben oder liegt vielleicht noch kürzere Zeit zurück. Es könnte
allerdings auch sein, dass es nicht eine große Kollision, sondern eine Folge von
kleineren Kollisionen war, die für die beobachtete Staubmengen gesorgt haben.
Auch in unserem Sonnensystem haben sich früher gewaltige Kollisionen ereignet.
So entstand vermutlich der Mond durch eine Kollision der Protoerde mit einem
Mars-großen anderen Planetenembryo. Auch dabei dürften Unmengen an Staub
entstanden sein. Ein Asteroideneinschlag, wie etwa der vor 65
Millionen Jahren, ist dagegen eine Petitesse. Auch "Kollisionen zwischen Kometen
oder Asteroiden erzeugen nicht annähernd die Staubmengen, die wir
beobachtet haben", so Song.
Entscheidend für die Rückschlüsse der Astronomen ist das Alter von HD 23514 und
BD +20 307. Ganz junge Sterne, so die Forscher, könnten nämlich über ähnliche
Staubmengen verfügen, was eine Folge der Sternentstehung wäre. Werden die jungen
Sonnen allerdings etwa 100 Millionen Jahre alt, haben sie den Staub aus der
Entstehungszeit durch heftige Winde weggeblasen, er hat sich auf dem Stern
niedergeschlagen oder ist zu größeren Objekten verklumpt. "Solche großen
Staubmengen wie in den Plejaden können nicht aus der Entstehungszeit des Sterns
stammen. Es ist praktisch Staub der zweiten Generation, der durch die Kollision
großer Objekte entstanden ist", so Song.
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