Hunderte versteckte Quasare entdeckt
von Stefan Deiters astronews.com
26. Oktober 2007
Astronomen haben Hunderte von supermassereichen Schwarzen
Löchern entdeckt, die sich bislang geschickt im Inneren von staubigen Galaxien
verborgen hatten. Mit Hilfe der Weltraumteleskope Spitzer und
Chandra konnten die Wissenschaftler die Schwerkraftfallen allerdings
enttarnen. Sie gehören zu einer Gruppe von Schwarzen Löchern nach denen lange
gesucht worden war.

So stellt sich ein Künstler einen der jetzt
entdeckten Quasare vor.
Bild:
NASA / JPL-Caltech / T. Pyle (SSC)

Einige der entdeckten Quasare (blaue Kreise).
Die anderen Punkte auf dem Bild sind meist
deutlich näher gelegene Galaxien.
Bild:
NASA / JPL-Caltech / E. Daddi (CEA Saclay)
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"Aktive supermassereiche Schwarze Löcher waren einfach überall im jungen
Universum", fast Mark Dickinson vom National Optical Astronomy Observatory
die Bedeutung der Entdeckung zusammen. "Bei unserer Suche nach diesen Objekten
haben wir bislang immer nur die Spitze des Eisbergs gesehen, jetzt sehen wir
endlich den Eisberg selbst." Mit der Entdeckung liegt nun auch der erste direkte
Beweis dafür vor, dass im Zentrum der meisten oder sogar aller massereichen Galaxien
im jungen Universum supermassereiche Schwarze Löcher heranwachsen.
Viele Jahrzehnte lang hatten Astronomen das Gefühl, dass eine große Gruppe von
aktiven Schwarzen Löchern bislang unentdeckt geblieben war. Dabei handelte es
sich um sogenannte Quasare, also Schwarze Löcher im Zentrum von Galaxien, die
von einem dichten Ring aus Gas und Staub umgeben sind und mit einer hohen Rate
Material verschlingen. Dabei entsteht intensive Röntgenstrahlung, die man als
Röntgenleuchten erkennen kann - auch wenn der Quasar selbst nicht sichtbar ist, weil er durch Gas und Staub verborgen ist.
"Wir wussten von anderen Untersuchungen, die vor rund 30 Jahren gemacht wurden,
dass es deutlich mehr Quasare im Universum geben muss als wir bislang kennen,
aber wir hatten bis jetzt keine Ahnung, wo wir sie finden sollten", so Emanuele
Daddi vom französischen Commissariat a l'Energie Atomique, der die
Untersuchungen leitete und zusammen mit Dickinson und weiteren Kollegen zwei Artikel
über die Resultate in einer
kommenden Ausgabe der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal
veröffentlichen wird.
Daddi und sein Team begannen ihre Arbeit mit der Untersuchung von 1.000
staubigen und massereichen Galaxien, von denen man bislang ausging, dass sich in
ihren Zentren kein Quasar verbirgt. Alle diese Galaxien haben in etwa die Masse
unserer Milchstraße und liegen in einer Entfernung von neun bis elf Milliarden
Lichtjahren. Wir sehen sie damit also zu einer Zeit, in der unser Universum nur
zwischen 2,5 und 4,5 Milliarden Jahre alt ist.
Als sich die Wissenschaftler aber die Galaxien mit Spitzer genauer anschauten,
fiel ihnen bei rund 200 Galaxien ein ungewöhnlich hoher Anteil an
Infrarotstrahlung auf. Weitere Untersuchungen mit dem Röntgenteleskop Chandra
ergaben dann, dass sich in diesen Galaxien tatsächlich ein Quasar verbirgt.
Dieser heizt die ihn umgebenden Staubwolken auf, wodurch die beobachtete
Infrarot-Strahlung frei wird."Wir haben die meisten dieser versteckten Quasare
im frühen Universum gefunden", so Daddi. Zuvor waren nur die
energiereichsten dieser versteckten Schwarzen Löcher in dieser Epoche entdeckt worden.
Der Fund sollte den Astronomen helfen, mehr über die Entwicklung von
massereichen Galaxien zu lernen: So vermuten sie beispielsweise inzwischen, dass
in diesen massereichen Galaxien gleichzeitig Sterne entstehen und die zentralen
Schwarze Löcher wachsen bis irgendwann die Schwarzen Löcher so groß sind, dass
sie weitere Sternentstehung behindern.
Die Beobachtungen könnten auch darauf hindeuten, dass Kollisionen zwischen
Galaxien vielleicht doch nicht die Rolle spielen, die man ihnen bislang
zugedacht hatte: "Theoretiker haben angenommen, dass man Kollisionen benötigt, um die Quasaraktivität anzuregen, aber wir sehen hier aktive Quasare in ungestörten
Galaxien", so Teammitglied David Alexander von der britischen Durham University.
Die Beobachtungen wurden im Rahmen des Great Observatories Origins Deep
Survey gemacht, der empfindlichsten Durchmusterung des frühen Universums in
verschiedenen Wellenlängen.
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