Babygalaxie ist älter als gedacht
von Stefan Deiters astronews.com
16. Oktober 2007
Die Galaxie I Zwicky 18 galt lange Zeit als jüngste Galaxie
in unserer galaktischen Nachbarschaft. Doch die Zwerggalaxie dürfte nicht das
sein, als was sie bislang erschien. Neue Beobachtungen mit dem
Weltraumteleskop Hubble zeigen nämlich, dass I Zwicky 18 deutlich älter
ist - vielleicht sogar ähnlich alt, wie die meisten anderen Galaxien. Außerdem
scheint die Galaxie weiter von uns entfernt zu sein als angenommen.
Die Zwerggalaxie
I Zwicky 18. Links oben ist einen kleine
Begleitgalaxie zu erkennen. Vielleicht ist ihr
Einfluss für die aktuell beobachtete
Sternentstehungsaktivität verantwortlich.
Foto: NASA, ESA und A. Aloisi (ESA/STScI) [Großansicht] |
Seit Beobachtungen am Palomar Observatory vor rund 40
Jahren galt die Galaxie I Zwicky 18 als etwas Besonders: Bei der Zwerggalaxie
handelte es sich offenbar um die jüngste Galaxie im näheren Universum. In I Zwicky 18 waren Sterne erst Milliarden Jahre später als in anderen Galaxien
unserer Umgebung entstanden. Damit schien sich hier die einmalige Chance zu
bieten, eine junge Galaxie zu studieren, die uns zudem noch relativ nahe ist und
nicht viele Milliarden von Lichtjahren entfernt. Auch frühere
Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble ließen am jungen Alter
der Galaxie keinerlei Zweifel aufkommen (astronews.com berichtete).
Doch nun liegen neue Hubble-Daten vor: Darin entdeckten die
Astronomen leuchtschwache, ältere rötliche Sterne, die darauf hindeuten, dass
die Sternentstehung in I Zwicky 18 vor mindestens einer Milliarde Jahre
einsetzte, eventuell sogar schon vor bis zu zehn Milliarden Jahren. Damit hätte
die Galaxie ein ähnliches Alter wie die meisten anderen Galaxien.
"Obwohl die Galaxie nicht so jung ist wie wir gedacht haben, scheint sie in
ihrer Entwicklung schon einzigartig im nahen Universum zu sein", meint
Alessandra Aloisi vom Space Telescope Science Institute und der ESA, die die
aktuelle Untersuchung leitete. Beobachtungen von der Erde haben nämlich gezeigt, dass I Zwicky 18 größtenteils aus Wasserstoff und Helium besteht. Schwere Elemente, die
man in anderen Galaxien findet, scheinen zu fehlen. Diese Elemente werden für
gewöhnlich innerhalb von Sternen produziert, so dass man annehmen kann, dass die
Sterne in I Zwicky 18 mit einer vergleichsweise niedrigen Rate entstanden sind.
Die Zwerggalaxie wurde mit den unterschiedlichsten Instrumenten untersucht,
doch keine Beobachtung konnte bislang klären, warum in I Zwicky 18 in der
Vergangenheit so wenig Sterne entstanden sind und heute plötzlich so viele
entstehen. Die neuen
Hubble-Daten deuten zudem darauf hin, dass die Galaxie 59 Millionen Lichtjahre
von uns entfernt ist, was 10 Millionen Lichtjahre weiter ist als bisherige
Entfernungsmessungen ergeben hatten. Der Unterschied könnte erklären, warum die
leuchtschwachen alten Sterne bislang nicht entdeckt wurden: Mit ihrer Helligkeit
und in dieser Entfernung liegen sie sogar am Limit von Hubbles Empfindlichkeit und
Auflösungsvermögen.
Die neue Entfernungsbestimmung gelang Aloisi und ihrem Team mit Hilfe von
Cepheiden in I Zwicky 18. Diese veränderlichen Sterne haben eine besondere
Eigenschaft, die sie zu idealen Entfernungsindikatoren machen: Die Cepheiden
ändern regelmäßig ihre Helligkeit und ihre maximale Helligkeit steht in direktem
Zusammenhang mit der Periode der Helligkeitsänderungen. Kennt man aber die
wirkliche Helligkeit eines Sterns und seine scheinbare Helligkeit, mit der er
uns auf der Erde erscheint, kann man seine Entfernung sehr genau bestimmen.
Die Ergebnisse wurden darüber hinaus mit einer anderen Methode verglichen,
die sich der Helligkeit von Sternen in der Roten Riesenphase bedient. Um die
Cepheiden-Methode verwenden zu können, nutzte die Astronomin und ihr Team neue
theoretische Modelle, die berücksichtigen, dass I Zwicky 18 nur sehr wenig
schwere Elemente enthält. Zum ersten Mal überhaupt waren in der Galaxie variable Sterne
entdeckt worden, die über so wenig schwere Elemente verfügen.
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