Dem Geheimnis von Iapetus auf der Spur
von Stefan Deiters astronews.com
9. Oktober 2007
Die Daten, die die Saturnsonde Cassini vom
mysteriösen Saturnmond Iapetus zur Erde funkte, könnten zumindest einige der
Rätsel um den Trabanten lösen helfen. So scheint das Material auf der dunklen
Mondseite tatsächlich nicht von Iapetus selbst zu stammen. Die extremen
Helligkeitsunterschiede der Mondoberfläche allerdings dürften hausgemacht sein.
Cassinis
eindrucksvoller Blick auf die helle Seite von
Iapetus und die Übergangsregion zur dunklen
Seite des Mondes. Bei dieser
Falschfarbenaufnahme erscheint das dunkle
Material deutlich kontrastreicher als es dem
menschlichen Auge erscheinen würde. Foto:
NASA / JPL / Space Science Institute [Großansicht] |
Im vergangenen Monat flog die Saturnsonde Cassini - wie
berichtet - am Saturnmond Iapetus vorüber und hat sich dem Trabanten dabei bis
auf rund 1.600 Kilometer genähert und neue, eindrucksvolle Aufnahmen und Daten
zur Erde gefunkt. Darunter befanden sich auch Infrarot-Beobachtungen des Mondes,
dessen eigentümliches Aussehen den Forschern Rätsel aufgibt: Eine Hälfte
von Iapetus ist nämlich
weiß wie Schnee, die andere dunkel wie Teer. Die Infrarot-Daten zeigten nun,
dass das dunkle Material auf der Oberfläche des Mondes offenbar "warm" genug ist
(etwa 127 Kelvin oder minus 146 Grad Celsius), um eine ganz langsame Abgabe von
Wasserdampf aus dem dortigen Eis zu ermöglichen. Dieser Prozess, so die
Vermutung der Forscher, könnte eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der
sehr ausgeprägten Helligkeitsgrenzen spielen.
"Die Seite von Iapetus, die auf dem Orbit um Saturn nach vorne gerichtet ist,
wird durch irgendeinen mysteriösen Prozess verdunkelt", beschreibt John Spencer
vom Southwest Research Institute im amerikanischen Boulder das Rätsel.
Anhand der Cassini-Daten versuchen die Forscher nun, dieses Rätsel
Stück für Stück zu lösen. Dabei bleibt der Ursprung des dunklen Material
weiterhin rätselhaft: Stammt es von Iapetus selbst oder aus einer anderen Quelle
im Saturnsystem?
Schon länger wurde spekuliert, dass das dunkle Material nicht von Iapetus
stammt, sondern von anderen Monden des Saturnsystems, die in größerer Entfernung
den Ringplaneten umrunden. Die neuen Cassini-Daten scheinen nun zu
bestätigen, dass die Verdunklung der einen Mondseite tatsächlich auf diese Weise
begonnen hat, der beachtliche Kontrast aber dtrch thermische Effekte auf dem
Mond selbst verstärkt wurde.
"Es ist schon faszinierend, dass uns eine mehr als 30 Jahre alte Theorie
helfen könnte, die Helligkeitsunterschiede auf Iapetus zu erklären", so Tilmann
Denk von der Freien Universität in Berlin, der zum Cassini Imaging Team
gehört. "Staubiges Material von äußeren Monden trifft frontal auf Iapetus und
sorgt dafür, dass die nach vorne gewandte Seite des Mondes anders aussieht als
der Rest."
Doch ist erst einmal eine Seite dunkler als die andere, können schnell
Effekte wirksam werden, die die Wissenschaftler als "thermische Segregation"
bezeichnen: Eine dunklere Oberfläche absorbiert mehr Sonnenlicht als eine helle
Oberfläche und wird somit wärmer. Das Wassereis auf der Oberfläche kann
verdunsten. Der Wasserdampf kondensiert wieder in der nächstgelegenen kälteren
Region, etwa an den Polen oder auf der Seite des Mondes, die nicht in Richtung
des Umlaufs orientiert ist.
Auf diese Weise verlieren die dunkleren Regionen ihr Oberflächeneis und
werden immer dunkler, die anderen Bereiche bekommen Eis hinzu und werden immer
heller - ein Prozess, der sich immer weiter beschleunigt. Das Ergebnis ist, so
die Forscher, dass es auf Iapetus praktisch keinerlei Graustufen gibt, sondern
nur schwarz und weiß.
Doch noch ist nicht alles geklärt: Die Ultraviolett-Daten sprechen auch für
das Vorhandensein von nicht-eishaltigem Material in den hellen Regionen. Weitere
Untersuchungen sollen zeigen, ob dieses identisch mit dem Material in den
dunklen Bereichen ist. "Die Ultraviolett-Daten können uns eine Menge darüber
verraten, wo Wassereis und wo nicht-wasserhaltiges Material zu finden ist", so
Amanda Hendrix vom Jet Propulsion Laboratory der NASA, die zum Ultraviolett
Imaging Spectrograph-Team von Cassini gehört. "Auf den ersten
Blick scheint die Verteilung nicht so zu sein, wie wir erwartet hatten, was sehr
interessant ist."
Aus der Existenz von kleinen Kratern im dunklen Bereich, die helles Material
hervortreten lassen, folgern die Forscher, dass das dunkle Material relativ dünn
ist, was mit anderen Cassini-Messungen übereinstimmt. Lokal könnte es
jedoch auch dickere Bereiche geben. Das dunkle Material scheint die helleren
Bereiche zu überlagern, was mit der Verdunstungstheorie gut übereinstimmt.
Auch über den mysteriösen Bergrücken gibt es neue Erkenntnisse: So scheint er
an einigen Stellen unterbrochen zu sein. Man muss also nicht nur erklären, wie
die Bergkette entstanden ist, sondern auch, warum sie nicht um den gesamten Mond
verläuft. Da der Bergrücken mit Kratern übersät ist, dürfte er zudem
relativ alt sein. Er sieht außerdem zu massiv aus, um ihn als abgestürzten Ring
zu deuten, der einmal den Mond umgeben hat.
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