Winzige Galaxie ganz weit weg
von Stefan Deiters astronews.com
8. Oktober 2007
Mithilfe des Keck-Teleskops auf Hawaii und dem
Weltraumteleskop Hubble gelang es amerikanischen Astronomen die Masse
einer Galaxie zu bestimmen, die rund sechs Milliarden Lichtjahre von uns
entfernt ist. Die Wissenschaftler ermittelten so, dass es sich bei dem Objekt um
die masseärmste Galaxie handelt, die man bislang in dieser Entfernung entdeckt
hat. Handelt es sich um einen Baustein heutiger Spiralgalaxien?
Zusammengesetzte Aufnahme des
Gravitationslinsensystems: Hubble-Daten
erscheinen blau und grün, Keck-Daten rot. Der
blaue Ring stellt die entfernte Galaxie dar,
deren Licht durch die Vordergrundgalaxie in der
Bildmitte abgelenkt wurde.
Bild: Marshall & Treu (UCSB) |
Die Daten des Weltraumteleskops Hubble und des Keck-Teleskops auf
Hawaii führten zu einer überraschenden Schlussfolgerung: Das in sechs Milliarden
Lichtjahren Entfernung beobachtete Objekt ist nur halb so groß wie eine typische
kleine Galaxie in dieser Entfernung und etwa nur ein Zehntel so schwer.
Verglichen mit unserer Milchstraße hat das entfernte Objekt sogar nur rund ein
Hundertstel der Masse. Der Artikel, der die Beobachtungen
beschreibt wird am 20. Dezember 2007 im Astrophysical Journal erscheinen, ist
aber als sogenannter Preprint schon online erhältlich.
"Obwohl die Galaxie mehr als sechs Milliarden Lichtjahre von uns entfernt ist,
konnten wir von ihr ein Bild rekonstruieren, das ähnlich scharf ist wie die
bodengestützten Bilder von Galaxien im Virgo-Galaxienhaufen, der uns etwa
Hundert Mal näher ist", erläutert Phil Marshall, der als Postdoc an der
University of California in Santa Barbara arbeitet und Hauptautor des Artikels
ist.
Die erstaunlich gute Bildqualität ist einem Zufall zu verdanken: Die fragliche
Galaxie liegt von uns aus gesehen direkt hinter einer massereichen
Galaxie, wodurch ein sogenannter Einstein-Ring entsteht. Die Masse der
Vordergrundgalaxie lenkt das Licht der entfernten Galaxie ab und verstärkt es
gleichzeitig - in diesem Fall um einen Faktor von etwa Zehn. Einstein-Ringe sind
eine besondere Form von sogenannten Gravitationslinsen und entstehen, wenn
Vordergrundgalaxie und entfernte Galaxie von uns aus gesehen genau auf einer
Linie liegen. Ansonsten kommt es zu Mehrfachbildern oder eigentümlichen
verzerrten Bögen.
Die Massenbestimmung der fernen Galaxie wurde möglich durch einen Kombination
von Bildern des Weltraumteleskops Hubble und des Keck-Teleskops auf Hawaii.
"Wenn diese Galaxie für eine größere Population von Galaxien steht, könnten wir
es hier mit den Bausteinen für die heutigen Spiralgalaxien zu tun haben oder mit
den Vorgängern der heutigen Zwerggalaxien", so Tommaso Treu, Assistenzprofessor an der
University of California in Santa Barbara und
Zweitautor des Artikels. "Die Galaxie ähnelt schon sehr stark den
kleinsten Galaxien im Virgo-Galaxienhaufen, aber sie liegt fast die Hälfte des
sichtbaren Universums von uns entfernt."
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