Neues vom Ameisen-Nebel
von Stefan Deiters astronews.com
28. September 2007
Der Ameisen-Nebel ist einer der wohl spektakulärsten
bekannten Planetarischen Nebel. Jetzt haben Astronomen mithilfe des
Very Large Telescope Interferometer eine flache Staubscheibe im Zentrum des auch als Menzel 3
bekannten Objektes
entdeckt. Solche Scheiben stehen im Verdacht, etwas mit der asymmetrischen Form von planetarischen Nebeln
zu tun haben. Die Scheibe des
Ameisen-Nebels allerdings ist dafür viel zu dünn.
Der Ameisen-Nebel (Menzel 3) mit der vom VLTI
entdeckten Staubscheibe.
Bild: ESO
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Der Ameisen-Nebel ist vermutlich einer der eindrucksvollsten
unter den bekannten Planetarischen Nebeln. Seinen Namen verdankt er seiner eigentümlichen
Form, die an eine Ameise erinnert. Und hier liegt auch schon das Hauptproblem
der
Astronomen: Bei Planetarischen Nebeln handelt es sich um die Endphase von
Sternen. Sie entstehen, wenn ein fast ausgebrannter Stern seine äußere
Hülle ins All abstößt und diese durch seine intensive Strahlung zum Leuchten anregt.
Doch wie um alles in der Welt, fragen sich die Forscher seit langem, können
kugelförmige Sterne solche komplexen Strukturen erzeugen, wie man sie bei
Planetarischen Nebeln immer wieder beobachtet?
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, so meinen viele Astronomen, muss
man mehr über die Scheibe erfahren, die den Zentralstern des Nebels umgibt. Diese Scheiben sollten Auskunft darüber geben können, welche Phänomene
zu einem so asymmetrischen Aussehen der Nebel geführt haben. "Das Problem ist
allerdings, diese Scheiben zu entdecken", erläutert Olivier Chesneau vom
Observatoire de la Côte d'Azur, der die jetzt vorgestellten Beobachtungen
leitete. "Die meisten astronomischen Instrumente haben kein ausreichendes
Auflösungsvermögen, um diese Scheiben zu finden, geschweige denn, sie zu
studieren. Das Very Large Telescope Interferometer allerdings, mit seiner hohen
räumlichen Auflösung, ist ein ausgezeichneter Scheiben-Jäger."
Die Scheibe des Ameisen-Nebels ist so klein, dass sie mit einem einzelnen
8,2-Meter VLT-Teleskop nicht entdeckt werden kann. Um das Scheibchen dennoch
aufzuspüren, nutzen die Astronomen den Interferometer-Modus des VLT, bei dem
zwei Einzelteleskope mit Hilfe des MID-infrared Interferometric instrument
(MIDI) zusammengeschaltet wurden. Die Beobachtungen zeigten eine sehr flache
Scheibe, die wir fast genau von der Seite sehen. Sie beginnt etwa beim
neunfachen Abstand der Erde von der Sonne (also neun astronomischen Einheiten)
und erstreckt sich bis zu mehr als 500 Astronomischen Einheiten.
Die Masse des Staubs in der entdeckten Scheibe entspricht allerdings nur
einem Hunderttausendsten Teil der Masse der Sonne und ist damit auch rund 100
Mal geringer als die Masse der beiden bipolaren Strukturen des Nebels. "Daher
müssen wir annehmen, dass die Scheibe viel zu massearm ist, um irgendeinen
Einfluss auf das Material zu haben, das von dem Stern ins All geblasen wurde.
Die Scheibe kann das Aussehen des Ameisen-Nebels also nicht erklären," so Chesneau. "Es sieht mehr danach aus, als wäre diese Scheibe eine Art
Überbleibsel des Materials, was der Stern abgestoßen hat."
Zudem fanden die Astronomen Hinweise darauf, dass die Scheibe relativ jung
ist, vielleicht sogar nicht älter als der Planetarische Nebel selbst. Die
Astronomen vermuten nun, dass das Aussehen des Ameisen-Nebels etwas mit einem
Begleiter des zentralen Sterns zu tun hat, der durch die Staubscheibe vor
unseren Blicken verborgen ist. Um das Rätsel zu lösen, muss man also mehr über
das Zentrum des Nebels erfahren. Die Arbeit der Forscher ist in einem
Beitrag der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen.
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