Neptuns warmer Südpol
von Stefan Deiters astronews.com
19. September 2007
Mit Hilfe des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile haben Astrononen
jetzt nachweisen können, dass es am Südpol des Neptun deutlich wärmer ist, als
anderswo auf dem Planeten. Überraschend ist das nicht: Auf der südlichen
Hemisphäre des Neptun ist gerade Spätsommer und die Südpolarregion somit seit 40
Jahren dem Sonnenlicht ausgesetzt.
Wärmebild des Neptun, das mit dem Instrument
VISIR am VLT-Teleskop Melipal gewonnen wurde.
Bild: VLT / ESO / NASA / JPL / Paris Observatory |
Die Wissenschaftler haben jetzt Temperaturkarten der Atmosphäre des Neptun veröffentlicht, die zeigen, dass es in der
Südpolarregion so warm ist, dass Methan aus der tieferen Atmosphäre in höhere Regionen
entkommen kann. "Die Temperatur ist so hoch, dass Methan-Gas, das in der oberen
Atmosphäre des Neptun eigentlich gefroren sein sollte, hier ausströmen
kann", erläutert Glenn Orton vom Jet Propulsion Laboratory der
NASA, Hauptautor eines Fachartikels über die Ergebnisse,
der in der Wissenschaftszeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
"Das erklärt ein lange bestehendes Rätsel, woher das viele Methan kommt,
das sich in der Stratosphäre des Neptun befindet."
Die Temperatur am Südpol des Neptun ist rund 10 Grad Celsius höher als an
allen anderen Stellen des Planeten. Die Durchschnittstemperatur auf Neptun
beträgt minus 200 Grad Celsius. Neptun ist der äußerste Planet unseres
Sonnensystems und 30 Mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde. Er
erhält dadurch nur rund 1/900-stel der Menge an Sonnenlicht, das die Erde
erreicht. Trotzdem reicht diese winzige Menge aus, um in der Atmosphäre für
Veränderungen zu sorgen.
Die von den Astronomen entdeckten Temperaturunterschiede in der
Neptunatmosphäre lassen sich hervorragend mit den jahreszeitlichen Änderungen
auf dem Planeten erklären. Ein Neptunjahr dauert 165 Erdjahre und in der
Südpolarregion herrschte in den vergangenen 40 Jahren Sommer. Die Forscher
vermuten, dass in rund 80 Jahren, wenn in der Nordpolarregion die warme
Jahreszeit eingekehrt ist, es auch dort zum Ausströmen von Methan in die oberen
Atmosphärenschichten kommt.
"Neptuns Südpol ist zur Zeit gerade zur Sonne gerichtet, genauso wie der
Südpol der Erde zur Sonne gerichtet ist, wenn auf der Südhalbkugel Sommer ist",
erklärt Orton. "Auf Neptun allerdings dauert ein arktischer Sommer 40 Jahre und
nicht nur einige Monate wie bei uns. Die Zufuhr an Sonnenenergie kann so zu
erheblichen Temperaturunterschieden führen zwischen Regionen, die ständig der
Sonne ausgesetzt sind und solchen, in denen es noch Tag und Nacht gibt. Neptun
hat die heftigsten Winde im Sonnensystem. Manchmal bläst der Wind mit
Geschwindigkeiten von über 2.000 Kilometern pro Stunde, also sicherlich kein
Ort, wo man Urlaub machen möchte."
Methan ist nicht der Hauptbestandteil der Neptunatmosphäre: Wie alle
Gasriesen besteht der Planet hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium. Trotzdem
spielt das Methan in der oberen Atmosphäre eine wichtige Rolle: Es absorbiert
nämlich den rötlichen Anteil des Sonnenlichtes und reflektiert den blauen zurück
ins All. Daher erscheint uns Neptun bläulich.
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