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PLANETENENTSTEHUNG
Turbulente Strömungen helfen bei Planetengeburt 
Redaktion / MPG-Pressemitteilung
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30. August 2007

Planeten werden aus kosmischen Gas- und Staubwolken geboren. Darin bilden sich im Lauf der Zeit kleine Materiebrocken, die dann zu Bausteinen von der Größe eines winzigen Asteroiden verklumpen. Ein internationales Team - darunter Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg - hat nun simuliert, wie diese Asteroiden zu Planeten heranwachsen. Eine wichtige Rolle dabei spielen turbulente Strömungen.

Planetenentstehung

Geburt in der Urwolke: Der Ausschnitt der zirkumstellaren Scheibe zeigt, dass sich an der hellen Stelle so viel Materie ansammelt, dass ein lokaler Kollaps einsetzt. Diese Verdichtung bleibt in der turbulenten Strömung stabil und fängt mit der Zeit immer mehr Materie aus der Scheibe ein. Schließlich bildet sich ein Miniplanet, der später mit vielen anderen zusammenstößt und einen großen Planeten bildet. Bild: Max-Planck-Institut für Astronomie

Selbst unser riesiges Sonnensystem hat mal klein angefangen. In seiner Geburtsstunde entstand im Zentrum einer Wolke aus Gas und Staub ein Stern - die Sonne. Sie nahm die meiste Materie der Wolke in sich auf. Die restlichen Staubteilchen rotierten in einer platten Schicht, der so genannten zirkumstellaren Scheibe, um sie herum. Diese Staubpartikel, so die Theorie, stießen aneinander und verklumpten immer mehr, bis sie einige Meter groß waren.

Jetzt waren die Brocken aber zu groß, um aneinander zu haften und zerstörten sich beim Aufprall selbst. Zerstückelt, abgelenkt und durch das Gas abgebremst, trudelten sie dann spiralförmig umher. Innerhalb weniger Jahrhunderte stürzten sie schließlich in die Sonne. Statt der Geburt eines Sonnensystems beschreibt dieses Szenario eine Fehlgeburt -  sehr zum Leidwesen der Astronomen.

Max-Planck-Forscher und Astronomen aus den USA und Kanada haben nun in einer Simulation berechnet, wie ein junges Sonnensystem trotzdem erfolgreich auf die Welt kommt. Die Wissenschaftler berichten darüber in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature. "Wir helfen damit der Theorie der Planetenentstehung aus der wissenschaftlichen Sackgasse", erläutert Thomas Henning, Direktor des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg, der die Gruppe leitete. "Denn erst, wenn sehr große Brocken - Planetesimale -, die viele Kilometer durchmessen, zusammenwachsen, funktioniert die alte Theorie wieder."

Was in der Zeitspanne zwischen der Existenz von Brocken und ganzen Planetenkernen passiert, war bisher unbekannt. Die acht Planeten unseres Systems und die vielen Planeten anderer Sterne zeigen aber, dass bisher unbekannte Effekte auch die metergroßen Brocken zusammenfügen müssen. Nur so entrinnen sie dem Tod im Sonnenfeuer und dienen als Baumaterial für größere Körper.

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Um dieses Rätsel zu lösen, haben die Heidelberger Wissenschaftler und ihre Kollegen erstmals die physikalischen Prozesse am Computer simuliert. Dabei haben sie alle auftretenden Kräfte eingerechnet und berücksichtigt, wie Staub und Gasteilchen wechselwirken. So konnten sie in der Simulation dreidimensional verfolgen, wie das Sonnensystem langsam anwächst. Nach diesem Prinzip fanden die Forscher heraus, dass Magnetfelder durch die Gasscheibe strömen, bevor diese anfängt zu kollabieren und sich Brocken bilden.

Der Kollaps verstärkt diese Felder dann zusätzlich, wodurch in der Scheibe Turbulenzen entstehen, die den Gasdruck erhöhen. Während sich dann einzelne Brocken aus fester Materie in einer Ebene sammeln - der zirkumstellaren Scheibe -, drückt das Gas an einigen Stellen auf diesen Materiestrom und verlangsamt ihn. Der Gasdruck verklumpt dadurch die Brockenschicht und staucht sie gleichzeitig zusammen. Der Effekt ähnelt einer Spurverengung auf der Autobahn, durch die sich die Fahrzeuge stauen.

Jetzt beginnt die Gravitation alle anderen Effekte zu dominieren: Hat sich einmal ein kompakter Brocken in der turbulenten Strömung gebildet, bleibt er stabil. Wenn seine Größe etwa die eines Asteroiden oder Miniplaneten erreicht, kann ihn das Gas nicht länger abbremsen. Die Gefahr, dass der Brocken in den Stern abstürzt, ist also gebannt. "Dieser Wachstumsprozess arbeitet erstaunlich effektiv", sagt Hubert Klahr vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie. "Er ist bereits nach etwa hundert Jahren abgeschlossen."

Nun steht dem Wachstum bis auf normale Planetengröße nichts mehr im Weg: Die Planetesimale kollabieren weiter und formen immer festere Körper. Mehrere Millionen von ihnen kreisen dann in der Scheibe. Einige davon vergrößern sich zu Babyplaneten und üben dann eine so große Gravitationskraft aus, dass Gas, Staub und kleinere Brocken um sie herum immer schneller auf sie einstürzen. Dadurch wachsen sie zu echten Planeten heran. Sie verschlucken restliche Brocken Stück um Stück, und die Scheibe wird fast komplett leergefegt.

Das Sonnensystem sieht dann so aus, wie wir es heute beobachten können: Ein Stern und mehrere Planeten. Einzelne Alleingänger überleben diesen Kannibalismus in der zirkumstellaren Scheibe und kreisen als Kometen und Asteroiden durch das Sonnensystem. So lautet zumindest die Theorie in der neuen Simulation. Ob sich die Natur tatsächlich an dieses Drehbuch hält, müssen zukünftige Beobachtungen von fernen Sonnensystemen während ihrer Geburt zeigen.

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siehe auch
Hubble: Die Staubscheiben von Beta Pictoris - 28. Juni 2006
Extrasolare Planeten: Junge Planeten in staubigen Umlaufbahnen - 22. April 2002
Links im WWW
Max-Planck-Institut für Astronomie
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