Turbulenzen auf der
Erde und auf Titan
von Stefan Deiters astronews.com
29. August 2007
Anfang Januar 2005 landete die Sonde Huygens auf
dem Saturnmond Titan. Auf dem Weg durch die Titanatmosphäre wurde die Sonde
kräftig durchgeschüttelt. Bei der schwierigen Analyse der Daten half einem
Wissenschaftler jetzt eine interplanetare Kooperation: Daten eines Wetterballons
auf der Erde ermöglichten es nämlich, Turbulenzen in der Titanatmosphäre zu
identifizieren.
Durchflog Huygens eine turbulente Wolkenschicht?
Bild:
NASA |
Turbulenzen sind auf der Erde ein bekanntes Phänomen und spielen bei der
Entwicklung des Wetters eine wichtige Rolle. Wer an Bord eines Flugzeugs schon
einmal in eine Turbulenz geraten ist, weiß, dass es durchaus empfehlenswert sein
kann, solche Regionen zu umfliegen. Detaillierte Daten über Turbulenzen sind
daher für Meteorologen aber auch für die Flugsicherheit von entscheidender
Bedeutung.
Giles Harrison, Atmosphärenphysiker an der Universität im englischen
Reading, hat einen preisgünstigen Weg gefunden, Daten über Turbulenz in der
Atmosphäre mit Hilfe von Wetterballons zu sammeln. Eine wichtige Rolle spielt
dabei ein Magnetfeldsensor, der Änderungen im Erdmagnetfeld aufzeichnen kann. Da
das Erdmagnetfeld sehr stabil ist, der Ballon aber durch die Turbulenzen heftig
durchgeschüttelt wird, lassen sich aus den Magnetfelddaten Informationen über
die Vorgänge in dieser Region ableiten.
Auch Ralph Lorenz von der amerikanischen Johns Hopkins University,
interessiert sich für die Vorgänge in der Atmosphäre. Doch die Daten mit denen
es der Planetenwissenschaftler zu tun hat, stammen nicht von einem Wetterballon,
sondern von der Sonde Huygens, die Anfang 2005 auf dem Saturmmond Titan landete.
Während des Sinkflugs durch die Atmosphäre zeichneten zahlreiche Instrumente
Daten auf, darunter auch Sensoren, die Informationen darüber lieferten, in
welcher Lage sich die Sonde gerade befand.
Auf dem Weg durch die Titanatmosphäre wurde Huygens heftig
durchgeschüttelt, obwohl die Luft an sich relativ still war. Lorenz kannte die
Arbeit von Harrison und versuchte nun in den Huygens-Daten Hinweise auf
Turbulenz zu finden, die durch Wolken entsteht. "Die Daten der Lagesensoren von
Huygens waren eine langes, komplexes Durcheinander", erinnert sich Lorenz,
"aber die Signaturen von Wolkenturbulenzen in der Arbeit von Harrision hat mir
gezeigt, nach was ich eigentlich suchen muss."
Die Suche hatte Erfolg: Lorenz konnte 20 Minuten innerhalb des 2,5-stündigen
Fluges von Huygens identifizieren, in denen die Sonde offenbar eine Zone mit
Turbulenzen durchflogen hat. Dank dieses Fundes in den Daten der Lagesensoren
von Huygens konnte eine turbulente Wolkenschicht in der Titanatmosphäre
identifiziert werden - für das Verständnis der Atmosphäre von Titan ein
wichtiger Schritt.
"Wir wussten, dass Huygens bei seinem Flug heftig durchgeschüttelt werden
wird", meinte Mark Leese von der Open University, der für die Instrumente an
Bord von Huygens verantwortlich war. "Jetzt können wir aber 20 Minuten von
Turbulenzen, die möglicherweise von einer Wolkenschicht verursacht wurden, von
anderen Effekten wie Seitenwinden unterscheiden."
Und auch Harrison, dessen Arbeit mit Wetterballons den Fund auf Titan erst
ermöglicht hat, profitiert von der Zusammenarbeit: Lorenz konnte dem englischen
Kollegen eine Modifikation bei der Anordnung der Sensoren an Bord seiner Ballons
vorschlagen, durch die sich die Sensoren mit einfachen Mitteln verbessern
lassen.
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