Astronomen finden riesiges Loch im All
von Stefan Deiters astronews.com
24. August 2007
Amerikanische Astronomen haben ein gewaltiges Loch im
Universum gefunden: In dem fast eine Milliarden Lichtjahre durchmessenden
Bereich gibt es weder Gas, noch Sterne oder Galaxien. Noch nicht einmal Dunkle
Materie scheint sich hier zu befinden. Solche Löcher im All wurden schon früher
entdeckt, allerdings waren diese bedeutend kleiner als der jetzige Fund.
Das entdeckte "Loch" im Universum. Oben in den
Daten des VLA, unten in den WMAP-Daten.
Bilder: Rudnick et al., NRAO / AUI / NSF, NASA
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"Es ist nicht nur, dass noch niemand zuvor einen so großen leeren
Bereich im Weltall gefunden hat", macht Lawrence Rudnick von der University of
Minnesota den Grund für seine Begeisterung deutlich, "wir haben auch nie im
Leben damit gerechnet, ein so großes Loch zu finden." Rudnick berichtet zusammen
mit seinen Kolleginnen Shea Brown und Liliya R. Williams in einem Fachartikel über
die Entdeckung, der in der Zeitschrift Astrophysical Journal erscheinen soll.
Dass es solche gewaltigen Leerräume, im englischen Voids genannt, gibt,
wissen Astronomen schon länger. In den Voids findet sich nahezu keine Materie.
Die meisten dieser Leerräume allerdings sind sehr viel kleiner als der jetzt
ausgespürte Void. Die Häufigkeit der Leerräume scheint zudem mit ihrer Größe
abzunehmen, so dass größere Leerräume sehr selten sind. "Was wir hier gefunden
haben, ist nicht normal, wenn man sich die vorhandenen Studien
oder auch Computersimulationen der großräumigen Entwicklung des Universums
ansieht", verdeutlicht Williams.
Der Fund gelang den Astronomen mit Hilfe von Daten des NRAO VLA Sky
Survey. Für diese Himmelsdurchmusterung wurde der gesamte Himmel mit dem
Very Large Array, einer Zusammenschaltung von 27 Radioantennen,
aufgenommen. In dem Beobachtungsmaterial entdeckten die Forscher einen
eigentümlichen Abfall der Anzahl der Galaxien in einer Region im Sternbild Fluss Eridanus.
Gänzlich überraschend kam die Besonderheit nicht: "Wir wussten schon, dass
irgendetwas anders war in dieser Region", so Rudnick.
Der Grund dafür war, dass diese Region schon einen gewissen Bekanntheitsgrad
unter Astronomen hatte: Die NASA-Sonde WMAP, die die kosmische
Hintergrundstrahlung mit großer Genauigkeit kartierte (astronews.com
berichtete), hatte 2004 festgestellt, dass in diesem Bereich des Himmels die
kosmische Hintergrundstrahlung eine etwas geringere Temperatur hat als woanders. Die
Region im Fluss Eridianus wurde deswegen auch WMAP Cold Spot genannt.
Die kosmische Hintergrundstrahlung hat aus allen Himmelsrichtungen eine
Temperatur von etwa 2,7 Grad über dem absoluten Nullpunkt. Es gibt
allerdings winzige Temperaturunterschiede. Diese deuten Astronomen als Hinweise auf
Strukturen, die nur wenig Hunderttausend Jahre nach dem Urknall existiert
haben. Aus solchen Strukturen müssen sich dann die ersten Galaxien gebildet haben.
Nach der Entdeckung des WMAP Cold Spots rätselten die Astronomen
daher, ob
sie es hier mit einem Phänomen zu tun haben, das sich schon in der kosmischen
Hintergrundstrahlung finden lässt und das somit auf irgendeine Struktur im ganz
jungen Universum hindeutet, oder aber, ob es irgendetwas auf dem Weg zur Erde
gibt, das die Hintergrundstrahlung abgekühlt haben kann.
Der jetzige Fund liefert die Antwort: "Unser überraschendes Ergebnis muss
noch einmal unabhängig überprüft werden, aber es sieht ganz so aus, als würde
sich die etwas kältere Temperatur der Hintergrundstrahlung an dieser Stelle
durch ein riesiges Loch in sechs bis zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung von
der Erde erklären lassen," so Rudnick.
Als Grund dafür, dass sich die Hintergrundstrahlung in einem solchen Loch
leicht abkühlt, führen die Wissenschaftler die rätselhafte Dunkle Energie an,
die dafür sorgt, dass sich unser Universum beschleunigt ausdehnt. Fliegen die
Photonen, also Lichtteilchen, der Hintergrundstrahlung, durch eine Region mit
Materie erhalten sie so ein klein wenig zusätzliche Energie, wodurch die
Hintergrundstrahlung aus diesem Bereich etwas wärmer erscheint. Umgekehrt
verlieren sie ein wenig Energie, wenn sie durch einen materiefreien Raum
fliegen, was die Hintergrundstrahlung kälter erscheinen lässt.
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