ISS-Bau und Unterricht im All
von Stefan Deiters astronews.com
7. August 2007
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag soll die
US-Raumfähre Endeavour zu ihrer Mission zur Internationalen Raumstation
ISS starten. Der Besuch bei der ISS ist ein wenig mehr als nur ein weiterer
Besuch zum Aufbau der Raumstation. An Bord der runderneuerten Raumfähre befindet
sich auch eine zur Astronautin ausgebildete Lehrerin.

Missionslogo der Mission STS-118.
Bild: NASA |
Vor 22 Jahren wurde Barbara Morgan im Rahmen des Teacher in Space-Projektes
("Lehrer im Weltraum") der amerikanischen Weltraumbehörde NASA ausgewählt. Doch
sie war nur die Nummer 2 und sollte als Ersatzfrau dienen, falls die "Nummer 1"
Christa McAuliffe aus irgendwelchen Gründen nicht mitfliegen kann. McAuliffe
konnte und Morgan musste mit ansehen, wie sich die Raumfähre Challenger
1986 von der Startrampe löste und wenig später über Florida explodierte. Keiner
der Besatzungsmitglieder überlebte die Katastrophe. Das Teacher in Space-Programm
wurde erst einmal gestoppt.
Doch Morgan hielt Kontakt zur NASA und besuchte in den Monaten nach der
Katastrophe die Schulen, die eigentlich McAuliffe hätte besuchen sollen. Sie
sprach mit Lehrern und Schülern und gab ihren Traum einmal selbst ins All zu
fliegen nicht auf. Es sollte sich auszahlen: 1998 erhielt sie von der NASA das
Angebot, sich zur richtigen Astronautin ausbilden zu lassen. Eine Chance, die
Morgan natürlich sofort ergriff. Ab 2002 wurde sie zur Missionsspezialistin
ausgebildet. Im Rahmen des Nachfolgeprogramms von Teacher in Space, dem
Educator
Astronaut-Programm, soll sie nun am Donnerstag an Bord der Endeavour ins All fliegen.
Das Educator Astronaut-Programm hat die gleichen Ziele wie das alte
Teacher in Space-Projekt: Schüler und Studenten soll ein Gefühl für die
Faszination der Raumfahrt gegeben werden, Lehrern auf der Erde Anregungen und
Inspiration für ihren Unterricht. Morgan wird daher während der Mission STS-118
verschiedene Aktionen durchführen, die Bildungszwecken dienen.
Hauptaufgabe von Morgan und der übrigen insgesamt siebenköpfigen Crew ist aber
der Weiterbau der Internationalen Raumstation ISS. "Diese Mission hat ein wenig
von allem", so Shuttle-Flugdirektor Mark Abbott. "Da gibt es ein bisschen
Weiterbau, ein wenig Reparatur, einiges an Nachschublieferung und einige sehr
prominent gestaltete Schulungs- und Öffentlichkeitsarbeits-Aktionen."
Für den Weiterbau der ISS haben die Astronauten einen weiteres Bauteil an Bord, ein Segment mit dem Namen "S5". Es ist relativ klein und dient als eine
Art Abstandshalter zwischen den Sonnensegeln, die an der Hauptstruktur befestigt
sind. Trotzdem wird die Montage alles andere als eine Kleinigkeit sein und die
gesamte Crew beschäftigen.
Die Versorgung der Station nimmt auch einen relativ großen Stellenwert ein, ist
die Mission der Endaevour doch die letzte Shuttle-Mission für zwölf bis
15 Monate, die ausdrücklich auch für Proviantlieferungen genutzt werden soll. In
den nächsten Monaten wird diese Aufgabe ausschließlich von Sojus-Raumschiffen
und dem neuen europäischen Versorgungsraumschiff übernommen werden. Die Shuttle
werden dann nur noch zum Weiterbau eingesetzt. So hat die Endeavour einiges an
Essen, Kleidung und wissenschaftlichen Experimenten an Bord. Alles muss in die ISS
gebracht und verstaut werden. Für den Rückweg steht auf der ISS fast genauso viel an
Material bereit, das wieder auf die Erde soll.
Zudem muss die Mannschaft ein Gyroskop der Station austauschen, den die ISS zur
Lagekontrolle benötigt. Er war im Oktober des vergangenen Jahres abgeschaltet
worden. Die Mannschaft der Endeavour hatte also nicht einmal ein Jahr Zeit, um
sich auf diese Aufgabe vorzubereiten und die nötigen Handgriffe zu lernen. "Alles
andere auf dem Programm sind auch Herausforderungen, aber davon haben wir lange vorher gewusst,
der Austausch des Gyroskops ist neu. Diese Aufgabe kam zusätzlich dazu als wir
schon mitten im Training waren", so ISS-Flugdirektor Joel Montalbano. Allerdings
ist es nicht das erste Mal, dass ein Gyroskop ausgetauscht werden soll: Während
der Mission STS-114 im Jahr 2005 war dies schon einmal erfolgreich praktiziert
worden.
Das Programm für den Aufenthalt der Endeavour bei der ISS ist also gut
gefüllt. Der ISS-Besuch kann sogar - bei Bedarf - verlängert werden und zwar um
einen deutlich längeren Zeitraum als
bei früheren Missionen. Grund ist ein neues System, was mit der Endeavour
erstmals erprobt wird: Die Raumfähre kann Strom von der Raumstation beziehen.
Dadurch könnten die Missionsmanager die elftägige Mission um drei weitere Tage
und einen weiteren Arbeitseinsatz im All verlängern. Wenn alle Sonnensegel der
Station installiert sind, werden sogar sechs Extratage möglich sein.
Für die Endeavour ist es der erste Flug seit der Columbia-Tragödie.
Die Raumfähre ist in den letzten viereinhalb Jahren gründlich überholt worden
und hat dabei alle die zusätzlichen Sicherheitsmerkmale bekommen, über die
Atlantis und Discovery schon verfügen. Der Start ist zur Zeit für
Donnerstag, 9. August, um 0.36 Uhr MESZ vorgesehen.
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