Boten von einem anderen Stern
von Stefan Deiters astronews.com
2. August 2007
Vor 20 Jahren entdeckte man in einem Meteoriten erstmals
Einschlüsse, die so alt waren, dass sie offenbar schon vor unserer Sonne
entstanden sein mussten. Aus der Analyse dieser präsolaren Körner hat die
Wissenschaft seitdem einiges über die Bedingungen in der Umgebung von
Riesensternen gelernt, dem Ursprung dieser Boten von einem anderen Stern.

Spitzer-Aufnahme des Sternentstehungsgebietes RCW 49.
Am Ende ihres Lebens stoßen Sterne ihre Hüllen
ins All ab. Hier können erstmals chemische
Reaktionen stattfinden und auch die Körner
entstehen, die man in Meteoriten auf der Erde
nachgewiesen hat.
Bild:
NASA / JPL-Caltech / E. Churchwell (University of Wisconsin) |
"In der unmittelbaren Umgebung eines Sterns kommt es zum ersten
Mal zu chemischen Reaktionen", erläutert Katharina Lodders, Professorin für Erd-
und planetare Wissenschaften an der Washington University in St. Louis. "Das ist
der Ort, wo die im Inneren der Sterne erzeugten Elemente zum ersten Mal
reagieren können. Es ist ein richtiger Supermarkt, in dem es Gas, Staubkörner,
Moleküle und Atome gibt. In diesen Hüllen um die Sterne entstanden
einmal Partikel, die älter sein können als unsere Sonne. Das erste dieser
Teilchen hat man vor 20 Jahren entdeckt."
Der Fund eines präsolaren Diamanten in einem Meteoriten sorgte 1987 in der
Fachwelt für einige Aufmerksamkeit. Es war das erste Mal, dass "Sternenstaub",
also Material, das nicht aus unserem Sonnensystem zu stammen scheint, in einem
Meteoriten gefunden wurde. Seit damals hat man zahlreiche weitere Körner
gefunden, die offenbar in der Hülle um eine ferne Sonne entstanden sind. Es handelt sich
dabei um Diamanten, Siliziumkarbide, Korunde, Spinelle oder Silikate. Die
jüngste Entdeckung dieser Art machten die Wissenschaftler im vergangenen Jahr,
als sie in den Proben der Sonde Stardust ein Körnchen Silikat entdeckten, das
offenbar von einem anderen Stern stammt und in einen Kometen unseres
Sonnensystems eingebaut wurde.
Im Inneren der Sterne, wo die verschiedenen Elemente entstehen, ist es viel
zu heiß, als dass irgendwelche chemischen Reaktionen ablaufen könnten. Am Ende
des Sternenlebens aber, werden die erzeugten Elemente ins All geblasen. Hüllen aus
Sternmaterie umgeben dann den sterbenden Stern. Diese Hüllen kühlen langsam ab,
die chemischen Reaktionen können beginnen. Jetzt bilden sich Gasmoleküle oder
feste Verbindungen. Hier entstehen die meisten interstellaren Körner. Auch
unsere Sonne wird einmal in der sogenannten Roten Riesenphase ihre äußeren
Hüllen ins All abstoßen.
Die Körner, die so in den interstellaren Raum gelangt sind, finden
irgendwann ihren Weg in neue Gaswolken und werden dann in neue Sterne und
Planetensysteme eingebaut. Supernovae, also die Explosion eines deutlich
massereicheren Sterns als unsere Sonne, sind nach Aussage von Lodders nur für
rund ein Prozent der bekannten präsolaren Körner verantwortlich. Man hat
inzwischen mehrere Tausende dieser Boten aus dem interstellaren Raum entdeckt
und analysiert.
"In den 1960er Jahren wussten Astronomen gar nicht, dass es präsolare Körner
in Meteoriten gibt", erinnert Lodder. "Man hat sie entdeckt, als Forscher
Meteoritenproben analysierten und sich für die darin vorhandenen Edelgase
interessierten. Sie fragten sich, was der Träger dieser Edelgase ist." Durch
gründliche Untersuchungen fanden sie schließlich die Antwort: Präsolare
Diamanten, Graphit und Siliziumkarbide. So entstand vor 20 Jahren ein ganz neues
Forschungsgebiet.
"Diese winzigen Körner aus Sternenstaub haben alle Widrigkeiten im
interstellaren Medium überlebt und auch die Entstehung des Sonnensystems und
die Einlagerung in einen Asteroiden, von dem der Meteorit stammt, unbeschadet
überstanden", so Lodder. "Dies ist auch der Grund warum die Wissenschaftler
diesen Sternenstaub präsolar nennen: Er muss schon vorhanden gewesen sein, bevor
unser Sonnensystem entstand." Für die Wissenschaftler lieferte die Analyse
dieses Sternenstaubs wichtige Einblicke über die Entstehung von Elementen und
Isotopen sowie über die Bedingungen in der Umgebung von Riesensternen und
Supernovae.
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