Riesentransporter für Mega-Teleskop
von Stefan Deiters astronews.com
1. August 2007
Über Lastkraftwagen berichtet eine astronomische
Nachrichtenseite eher selten. Jetzt gibt es dafür aber einen guten Grund: Die
Europäische Südsternwarte ESO stellte nun den ersten von zwei riesigen
Transportern vor, mit dem einmal die Teleskopeinheiten des ALMA-Teleskops
positioniert werden sollen. Das Gefährt wiegt 130 Tonnen und verfügt über 28
Räder.

So sollen mit Hilfe der Transporter einmal die
ALMA-Antennen bewegt werden (künstlerische
Darstellung).
Bild: ESO

Der Antennentransporter von vorne.
Foto: ESO
[Großansicht] |
Der ALMA-Antennentransporter ist ein Gefährt der Superlative und
passt schon deswegen gut zum Teleskopprojekt ALMA, das derzeit gerade auf einer
Hochebene in Chile entsteht. Der Transporter, mit dem die 115 Tonnen schweren
Radioschüsseln punktgenau positioniert werden sollen, wiegt 130 Tonnen, ist zehn
Meter breit, 20 Meter lang und sechs Meter hoch und fährt auf insgesamt 28
Rädern.
Der Transporter ist für das ALMA-Projekt von entscheidender Bedeutung: ALMA
wird einmal aus 66 Antennen bestehen, die alle elektronisch miteinander
verbunden sind (astronews.com berichtete). Dadurch werden Beobachtungen möglich,
die dem eines Teleskop mit schier unglaublichen Ausmaßen entsprechen würden.
ALMA wird so in der Lage sein, dass Universum im Millimeter- und
Submillimeter-Bereich mit einer bis heute nicht erreichten Genauigkeit und
Auflösung zu beobachten.
Der Clou ist aber, dass die Antennen beweglich sein werden und - je nach
Bedarf der Beobachtungen - in unterschiedlichen Konfigurationen aufgestellt
werden können. Die Antennenkonfiguration kann dabei äußerst kompakt sein und in
einen Kreis von nur 150 Metern passen oder aber so ausgedehnt, dass die
äußersten Antennen 15 Kilometer voneinander entfernt sind. Die verschiedenen
Konfigurationen entsprechen in etwa dem Zoomen beim Fotografieren.
"Die ALMA-Antennen werden im Basislager zusammengebaut und getestet, das in
einer Höhe von 2.900 Metern liegt. In einem ersten Schritt werden die
Transporter die Antennen zum bis zu 5.000 Meter hohen Observatorium
bringen", erläutert Hans Rykaczewski, der europäische ALMA-Projektmanager. "Dort
werden die Transporter die Antennen dann umstellen - von kompakten
Konfigurationen bis hin zu ausgedehnten Konfigurationen, die sich über 15
Kilometer erstrecken können."
"Die Fähigkeit, die Antennen in verschiedenen Konfigurationen aufzustellen,
ist für die wissenschaftlichen Ziele von ALMA ganz entscheidend", bestätigt auch
Adrian Russel, der nordamerikanische Projektmanager. "Im Operationsplan sind
regelmäßige Konfigurationsänderungen vorgesehen, um die nötige Flexibilität
sicher zu stellen. Daher sind die Transporter so wichtig und ihre Fertigstellung
ein wichtiger Meilenstein für das Projekt."
An die Antennentransporter werden besondere Anforderungen gestellt: So müssen
sie
beispielsweise in der Lage sein, die 115 Tonnen schweren Antennen von 2.900
Metern Höhe auf rund 5.000 Meter Höhe zu transportieren und gleichzeitig die
Antennen millimetergenau auf ihre Position zu setzen. Und auch die eigentlich
recht einfache Fahrt zum Basislager zurück stellt besondere Herausforderungen an die
Technik: So wurde extra ein spezielles Bremssystem für die 130 Tonnen schweren
Fahrzeuge installiert. Zudem verfügen sie über mehrere Sicherheitssysteme für
Personal und Ausrüstung, da ja immer in recht dünner Luft gearbeitet werden
muss. So sind die Fahrersitze beispielsweise so gestaltet, dass der Fahrer eine
Sauerstoffmaske samt Tank bei der Arbeit tragen kann.
Doch nicht nur die Menschen haben unter den Bedingungen in 5.000 Metern Höhe
zu leiden: Die Transporter mit ihren zwei 500kW Dieselmotoren werden durch den
geringen Sauerstoffgehalt auf 5.000 Metern Höhe - im Vergleich zur Leistung auf
Meereshöhe - etwa die Hälfte ihrer Leistung verlieren.
Schnell werden die
Antennentransporter nicht unterwegs sein: Beladen werden sie eine
Spitzengeschwindigkeit von 12 Kilometern pro Stunde erreichen, bei einer
Leerfahrt von 20 Kilometern pro Stunde. Gesteuert werden sie wie ein großer
Lastkraftwagen oder alternativ über eine kleine Fernbedienung wie ein
Spielzeugauto.
Der erste Transporter soll bis Ende des Jahre in Chile eintreffen, der zweite
dann rund drei Monate später. ALMA ist ein internationales Projekt, das von
europäischer Seite von der ESO geführt wird. Beteiligt sind außerdem Japan,
Taiwan, die USA und Kanada.
|